Die Rache Der Wanderhure
Reisende zum Beispiel? Sie könnte sich auch verkleidet haben.«
Der Bauer wollte schon den Kopf schütteln, hielt dann aber inne. »Nur drei Nonnen zu Pferd. Sie ritten vor ein paar Tagen den Weg dort entlang. Wahrscheinlich wollten sie zu ihrem Kloster.«
»Welchem Kloster?«, fragte Ruppertus scharf.
Jetzt mischte Hettenheim sich ein. »Das müssen die verrückten Kartäuserinnen der Melancourt sein. Wir haben ein paarmal verletzte Soldaten zu ihnen gebracht, damit sie die Männer gesund pflegen. Ihr Kloster befindet sich gleich dort hinter dem Berg. Es leben seltsame Weiber darin, die kein Wort über die Lippen bringen. Wenn sie dir etwas mitteilen wollen, schreiben sie es auf eine Schiefertafel. So verrückt sind sie!«
Hettenheim begann zu lachen, verstummte aber, als er Ruppertus’ zornigen Blick auf sich gerichtet sah.
»Ihr wisst, dass die Melancourt hier einen Stützpunkt hat, und verschweigt es mir? Ich sollte Euch …«
Der Inquisitor brach ab, doch der Blick, den er dem gemarterten Bauern zuwarf, zeigte deutlich, dass er Hettenheim gern an dessen Stelle gesehen hätte. Bereits in Nürnberg hatte ihm die enge Vertrautheit zwischen Sigismund und Isabelle de Melancourt missfallen, und er hätte jeden Eid geschworen, dass der lächerliche Aufschub, den der König Marie gewährt hatte, auf Vorschlag der Äbtissin erfolgt war. Möglicherweise war die Frau sogar mit Marie im Bunde.
»Los, auf die Pferde! Wir reiten weiter«, befahl er und lenkte sein Pferd auf die Straße zurück. Dem zerschlagenen Bauern und seiner verzweifelten Familie gönnte er keinen weiteren Blick. Der Mann war selbst schuld, wenn er Eberhards Schläge nicht überstand. Schließlich hätte er gleich sagen können, dass er drei Nonnen gesehen hatte.
Nun, da Ruppertus überzeugt war, eine Spur gefunden zu haben, war er halbwegs zufrieden. Er ritt an der Spitze seiner Männer um den Berg herum und sah schließlich im Schein der Morgensonne ein düsteres, unheimlich wirkendes Gemäuer vor sich auftauchen. Um zu verhindern, dass man ihm das Tor des Klosters vor der Nase zumachte, befahl er den Männern aufzuschließen und galoppierte als Erster in die alte Festung.
Ein paar Nonnen versuchten noch, die Torflügel zuzudrücken, doch da hatten Hettenheim, Loosen und Haidhausen ebenfalls den Hof erreicht und bedrohten die frommen Frauen mit ihren Schwertern.
Ruppertus atmete auf, als er sah, dass die Lage unter Kontrolle war. Sie hatten die Frauen der Melancourt überraschen können und würden den Bau nun vom Keller bis zum Dach nach Marie durchsuchen. Sobald sie gefunden war, würde er die Nonnen Hettenheims Männern als Beute überlassen.
6.
D ie Ruhe im Kloster tat Marie ebenso gut wie die Gespräche mit Isabelle de Melancourt. Zwar verstand sie die Träume von einer besseren Welt, die die Äbtissin hegte, doch sie hatte in ihrem Leben zu viel Selbstsucht und Gier erlebt, um daran glauben zu können, dass es irgendwann einmal zu einem solchen Paradies auf Erden kommen würde. Als sie am nächsten Morgen gemeinsam frühstückten und sich über Gott und die Welt unterhielten, begann sie jedoch zu hoffen, dass die Welt durch Menschen wie Isabelle de Melancourt ein wenig besser würde.
»Lange werde ich mich nicht mehr hier aufhalten können«, sagte Marie mit einem Blick durch das winzige Fenster, das nur den Ausblick auf ein paar Baumwipfel bot.
Sie hatte bereits von einem Turm aus gesehen, dass sich dunkle Waldberge weit um das Kloster erstreckten. In diesen verlief die Grenze zwischen Franken und Böhmen. Ihr erschien die Landschaft so unberührt, als hätte sie niemand mehr betreten, seit Gott die Welt geschaffen hatte. Doch das königliche Heerlager lag nicht weit vom Kloster entfernt, und die Burg Sokolny ließ sich in wenigen Tagesmärschen erreichen.
Maries Gedanken wanderten unwillkürlich zu Michel, der Hettenheims Aussage zufolge an einem Fluss namens Eger das letzte Mal gesehen worden war. Dabei fiel ihr ein, dass Hettenheim dem Gefolge des schwarzen Mönchs angehörte, und sie schauderte.
»Ist etwas mit Euch? Ist das Fieber zurückgekehrt?«, fragte Isabelle besorgt.
»Nein, ich dachte nur an die Leute, die mir und meinem Mann Übles wollen!« Marie nahm ihren Becher zur Hand und trank einen Schluck des säuerlichen, mit Wasser vermischten Weines, der ihr weitaus besser mundete als der schwere Trunk, den sie bei jenem verderbten Priester gekostet hatte.
»Ihr dürft den Inquisitor nicht unterschätzen. Der Mann
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