Die Rache Der Wanderhure
und rollten sich hin und her, um die Flammen zu ersticken. Das brennende Öl war jedoch bis unter die Rüstungen gelaufen, hatte ihre Kleidung getränkt und fraß sich nun in ihr Fleisch. Nun hallte ihr Brüllen und Kreischen grauenerregend von der Mauer der alten Festung zurück.
Ihre Kameraden wichen mit bleichen Mienen zurück und wandten sich zur Flucht. Keiner dachte daran, den beiden Unglücklichen zu helfen.
Ruppertus sah den brennenden Männern zu, bis deren Schreie erloschen. Dann drehte er sich um und folgte Hettenheims Kriegern. Als er die entsetzten Gesichter seiner Begleiter wahrnahm, begriff er, dass er die Leute nicht einmal mit den schlimmsten Drohungen zu einem Angriff auf das Kloster treiben konnte. Damit hatte Isabelle de Melancourt gewonnen.
Allerdings nur für den Augenblick, schränkte Ruppertus ein und stieß einen Schrei aus, der so klang, als würde er innerlich vom Feuer verzehrt.
7.
N achdem Isabelle de Melancourt die Tür hinter ihr geschlossen hatte, stand Marie in einem dunklen, feuchtklammen Gang und vernahm keinen Laut außer ihrem Atem. Dennoch hatte sie das Gefühl, als wimmelte es in diesem Loch vor widerwärtigem Getier. In diesem Augenblick war sie froh um die Schuhe, die ihr die Nonnen gegeben hatten. Sie hätte sich zu sehr geekelt, mit blanken Sohlen hier gehen zu müssen. Sie schob diesen Gedanken schnell von sich weg und schritt hastig aus. Dabei achtete sie sorgfältig darauf, dass die Kerze, die Isabelle ihr mitgegeben hatte, nicht vom Luftzug gelöscht wurde. Nach einer schier endlosen Zeit erreichte sie eine vom Gebüsch verdeckte Gittertür, die von innen verriegelt war. Sie öffnete sie vorsichtig und stellte dankbar fest, dass die gut eingefetteten Scharniere keinen Ton von sich gaben. Kurz lauschte sie nach draußen und schlüpfte dann ins Freie.
Während sie sich im Schutz der Büsche sorgfältig umschaute, überlegte sie, was sie tun sollte. Zu Fuß kam sie nicht rasch genug voran, um ihren Verfolgern auf Dauer entkommen zu können. Zudem war die Nonnentracht so auffällig, dass Ruppertus jederzeit ihre Spur aufnehmen konnte. Aber da sie nicht in ihrem dünnen Unterhemd herumlaufen konnte, ohne in Gefahr zu geraten, von jedem Mann, dem sie begegnete, ins Gebüsch gezerrt zu werden, musste sie dieses Gewand anbehalten.
Als sie talwärts schritt, vernahm sie ganz in der Nähe das Stampfen von Pferdehufen und Wiehern.
»Ich brauche einen Gaul!«, durchfuhr es Marie, und sie schlich näher, bis sie die Tiere entdeckte. Es waren Kriegerpferde, und der Mann, der sie bewachte, trug Hettenheims Wappen. Er hatte wohl Wasser gelassen, denn er verstaute eben sein Glied in der Hose und zog den Gürtel zu.
Marie hoffte, er würde nach oben gehen und sich seinen Kumpanen anschließen. Doch zu ihrem Bedauern blieb der Kerl bei den Pferden. Dann muss ich wohl zu Fuß an mein Ziel gelangen, dachte sie und wollte sich wieder zurückziehen. Da knackte ein dürrer Zweig unter ihrem Fuß.
Sofort zog der Krieger sein Schwert und blickte in ihre Richtung. »Halt, wer da?«
Verzweifelt überlegte Marie, was sie tun sollte. Wenn sie jetzt floh, würde der Soldat sie verfolgen oder – was noch schlimmer war – gleich den schwarzen Teufel von einem Inquisitor herbeirufen. Also hatte sie nur eine Chance, wenn sie den Mann überlistete.
»Ich bin es, Schwester Mar…ia. Ich bringe die heiligen Sakramente ins Dorf, um einem Sterbenden Beistand zu leisten.« Ihre Stimme zitterte dabei so stark, dass sie befürchtete, der Mann würde nicht darauf hereinfallen.
»Du bist aus dem Kloster gekommen? Hast du die Erlaubnis dafür?«, fragte Eberhard barsch.
»Ja, natürlich habe ich die. Der hochwürdige Herr Inquisitor hat mich gehen lassen«, log Marie und verbarg den Kerzenständer hinter ihrem Rücken.
Eberhard war ein rauher Krieger und hatte etliches auf dem Kerbholz. Zudem hatte er im Auftrag des Inquisitors Dinge getan, die ihm schwer auf der Seele lagen. Daher wollte er aus der unverhofften Begegnung seinen Vorteil ziehen.
»Wenn du zu einem Kranken gehst, könntest du doch auch mir die heilige Kommunion erteilen«, drängte er und vergaß dabei ganz, dass eigentlich nur ein Priester dazu befugt war.
Marie überlegte, ob sie als Gegenleistung ein Pferd von ihm fordern sollte, glaubte aber nicht, dass er dazu bereit sein würde. Mit vor Angst feuchten Fingern umklammerte sie den Kerzenständer und trat auf den Mann zu.
»Ich kann dir die heilige Kommunion spenden. Beuge
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