Die Rache Der Wanderhure
beinahe die Knochen zerfraß. Der Segen einer frommen Nonne, so hoffte er, würde ihm helfen, diesen Kriegszug wohlbehalten zu überstehen.
Obwohl Marie die Zeit unter den Nägeln brannte, blieb sie stehen und vollzog eine segnende Geste. Da fiel ihr etwas ein. »Gehörst du zu den Franken?«
Der junge Mann nickte. »Ja, das tu ich.«
»Hast du unter dem Hauptmann Michel von Hohenstein gekämpft?«
Maries Hoffnung zerstob, als der Soldat den Kopf schüttelte. »Nein, das habe ich nicht, denn ich bin erst später zum Aufgebot gestoßen. Aber ich habe sagen hören, dass der Herr von Hohenstein ein großer Krieger gewesen sein soll und vor allem nicht so hochnäsig wie gewisse andere Leute. Die einfachen Soldaten haben ihn gemocht und es Gunter von Loosen und Bodo von Haidhausen nie verziehen, dass sie ihn auf der Patrouille im Stich gelassen haben. Dem Mühldorfer Hannes verzeihen sie es auch nicht. Aber der wird schon bald vor seinem himmlischen Richter stehen, denn er wurde beim letzten Scharmützel schwer verwundet.«
Gunter von Loosen und Bodo von Haidhausen gehörten zu den Begleitern des schwarzen Mönchs. Diese Männer konnte Marie nicht fragen. Doch was war mit dem dritten?
»Wo finde ich Hannes Mühldorfer?«, fragte sie und musste an sich halten, um ihre Erregung nicht zu zeigen.
»Nach dem erkundigt Ihr Euch am besten dort hinten!« Der junge Soldat zeigte auf ein großes Zelt, das etwas abseits von den anderen stand. »Das ist unser Lazarett. Wer dort hineinkommt, darf froh sein, wenn er es auf eigenen Beinen wieder verlassen kann.«
Marie begriff, dass der Bursche hoffte, niemals die Kunst der Feldchirurgen des Königs in Anspruch nehmen zu müssen. Ihr hingegen bot das Lazarett die beste Gelegenheit, nach Michel zu forschen. Mit entschlossener Miene schob sie ihre Angst vor ihren Verfolgern beiseite und schritt auf das große Zelt zu.
Schon von weitem schlug ihr der Gestank nach brandigem Fleisch, Eiter und Exkrementen entgegen. Marie kniff die Lippen zusammen und gebot ihrem rebellierenden Magen Ruhe. Gelassener, als sie sich fühlte, betrat sie das Zelt und sah Männer dicht an dicht auf schmutziger Streu am Boden liegen. Nur den Herren von Stand und einigen Unteroffizieren war die Gunst eines einfachen Feldbetts gewährt worden. Eine Handvoll Bader und Feldscher kümmerten sich unter der Aufsicht eines Medicus um die Verwundeten.
Marie betete darum, dass Michel nicht auch schwerverwundet hierhergebracht worden war, denn sie sah Gevatter Tod in der Ecke sitzen. Er hielt seine Sense im Arm und lauerte darauf, wen er als Nächsten mit sich nehmen konnte. Schnell schob sie diese Vorstellung von sich weg. Um Klarheit zu gewinnen, musste sie mit Hannes Mühldorfer reden.
Da kam der Medicus auf sie zu. »Ehrwürdige Schwester, dem Himmel sei Dank für Euer Kommen! Gestern fand ein Scharmützel mit den Hussiten statt. Es sind viele verletzt worden, nicht wenige davon schwer. Wir wissen nicht, wie wir alle versorgen sollen. Wenn Ihr mir bitte helfen wollt? Eine kühle Frauenhand ist oft die beste Medizin!«
Erschrocken wich Marie zurück. »Ich habe so etwas noch nie getan!«
»Ich vor dem ersten Mal auch nicht.« Der junge Wundarzt wirkte einen Augenblick unwirsch, kniff dann aber die Augen zusammen und sammelte seine Gedanken. »Verzeiht! Mein Helfer wird gleich wiederkommen und mit anpacken. Aber Ihr könnt Euch anders nützlich machen und einem auf den Tod Verwundeten Trost zusprechen. Dafür wäre ich Euch dankbar.«
Die Verfolger im Nacken und ohne jede Unterstützung, fühlte Marie sich wie eine Maus in der Falle. Alles in ihr schrie danach, das Zelt zu verlassen, das erste Pferd zu nehmen und so schnell zu reiten, wie sie es vermochte. Sie wusste jedoch, dass sie Hettenheims erfahrenen Kriegern so niemals würde entkommen können. Außerdem half eine solche Flucht ihr nicht, Michel zu finden. Sie musste einfach mehr erfahren, daher nickte sie freundlich.
»Wo ist der Verletzte?«
Der Medicus deutete in den hinteren Teil des Zeltes, in dem es so dunkel war, dass die Strohschütten und die Feldbetten nur schemenhaft zu erkennen waren. »Er liegt im letzten Bett links. Wahrscheinlich wird er diese Stunde nicht überleben.«
»Dann tut es mir um ihn leid.« Marie wollte schon hinübergehen, als ihr einfiel, wie sie das Schicksal zu ihren Gunsten zwingen konnte. »Sagt Euch der Name Michel von Hohenstein etwas?«
»Das war doch der wilde Hauptmann aus Franken! O ja! Den kannte
Weitere Kostenlose Bücher