Die Rache der Zwerge
sind auf dem Weg dorthin. Wir müssen ihnen nach, ehe die Elben davon erfahren und sich an der Jagd beteiligen.« Er bewegte die Finger, und das getrocknete Elbenblut blätterte ab. Am liebsten wäre er auf der Stelle in einen Bottich mit heißem Wasser gestiegen, um sich den Schmutz abzuwaschen.
»Sie haben andere Sorgen.« Lot-Ionan winkte einen Wagen zu sich, vor den zwei Ponys gespannt worden waren. In den gesicherten Gängen kamen sie zum Einsatz, um ihnen lange Wanderungen zu ersparen. So benötigten sie bis zur Oberfläche höchstens einen halben Umlauf. »Uns erreichte die Nachricht, dass zwei Abordnungen der Elben, die Rejalin vor ihrem Tod nach Toboribor befahl, auf ihrem Weg angegriffen und vernichtet wurden.« »Die Ubariu?«
»Nein. Dein Volk«, sagte Rodario vorwurfslos. »Ein gewisser Ginsgar Ungewalt vom Stamm der Ersten hat sich dazu berufen gefühlt, den Tod des Großkönigs rächen zu müssen. Er zieht mit einem Heer gegen Älandur. Und angeblich laufen ihm die Freiwilligen aus den Zwergenreichen in Scharen zu. Die Atär ernten den Sturm, den sie gesät haben.«
Sie nahmen auf dem Karren Platz, und ihre Fahrt nach oben begann.
»Ich möchte nicht unken, Tungdil, aber wenn ihr nicht sehr aufpasst und diesem Ginsgar gelingen sollte, was er beabsichtigt, habt ihr einen neuen Großkönig, ohne dass die geschätzte Xamtys und ihre anderen herrschaftlichen Würdenträgerfreunde zu einer Wahl zusammenkommen müssen.« Rodario wartete auf eine Antwort. Lot-Ionan nickte. »Ich bin zu dem gleichen Gedanken gekommen. Und es ist nicht gut, wenn die Zwerge von einem Großkönig geführt werden, dessen Sinn nach Krieg steht. Wer weiß, vielleicht wendet er sich gegen die Freien, von denen du mir berichtet hast? Oder gegen die Dritten?«
Das war Tungdil alles zu viel. Sein Auge - oder was immer davon übrig geblieben war - schmerzte, sein bester Freund rang mit dem Tod, er hatte den Diamanten und die Axt verloren. Und dann auch noch der offene Krieg gegen Älandur ...
»Gebt Ruhe«, verlangte Sirka, die seine Miene richtig gedeutet hatte. »Haltet euch etwas zurück und lasst ihn schlafen.« Sie bot ihm ihren Schoß als Kissen an.
Müde bettete er sein Haupt hinein und wünschte sich, dass bei seinem Aufwachen alles so wäre wie früher. Ganz früher, als er nichts anderes als ein Schmied in den Diensten des Magus gewesen war.
Aber Vraccas tat Tungdil den Gefallen nicht, das Rad der Zeit zurückzudrehen und ihm ein anderes, sorgenfreieres Schicksal zuzugestehen.
Er erwachte im Freien, es war später Nachmittag, und die Sonne brannte heiß vom Himmel. Das Gestirn ahnte, dass sich der Herbst näherte, und spendete noch einmal Wärme, als gäbe es sie morgen nicht mehr. Tungdil fühlte sich etwas ausgeruhter und besuchte Ingrimmsch an seinem Krankenbett. Goda saß neben ihrem Meister, die Augen waren gerötet, die Nägel hatten Spuren in den Handballen hinterlassen. Tungdil sah sie an und verstand. Weiterer Beweise für die tiefe Sorge um Boindil und dafür, dass sie mehr für ihn empfand, bedurfte es nicht.
Der Anblick des verwundeten Freundes brachte die Erinnerung an den schrecklichen Tod seines Zwillingsbruders Boendal wieder. »Vraccas, zeige Großmut mit deinen Helden«, bat er leise und legte der Dritten die Hand auf den Rücken. »Goda, verzeih mir meine harschen Worte und mein Misstrauen dir gegenüber. Ich habe keinerlei Zweifel mehr an deiner Aufrichtigkeit.« Sie hob den Kopf, schaute Tungdil an und brach in Tränen aus. »Ich fürchte um sein Leben«, weinte sie. »Ist es nicht verrückt? Ich kam einst mit der Absicht, ihn zu töten. Zu Ehren von Sanda.« Sie schluchzte, ihre geheim gehaltenen Gefühle überwältigten sie und erlaubten ihr kein Versteckspiel mehr. »Jetzt ist er dem Tode nahe, den ich ihm früher so gewünscht habe. Und das ist das Schrecklichste, was ich mir vorstellen kann.« Schüchtern berührte sie Ingrimmschs Hand und senkte den Kopf.
Schnell wischte sich Tungdil eine verstohlene Träne von der Wange. »Vraccas wird ihn nicht zu sich holen.« Seine Hand wanderte auf ihre Schulter, drückte sie. »Ich habe vorhin den leibhaftigen Tod in der Höhle gesehen. Wir sprachen miteinander, und er sagte mir nichts davon, dass er Ingrimmsch besuchen wolle.« Sie lächelte matt. »Danke, dass du deine Zuversicht mit mir teilst. Du bist nicht überrascht von dem, was ich dir eben sagte?«
»Nein. Balyndis hat mir von eurer Unterhaltung erzählt. Ich habe niemals angenommen, dass du einen von
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