Die Rache der Zwerge
uns heimtückisch ermorden würdest.« Er wandte sich zum Ausgang. »Ich fürchtete nur um die Geheimnisse. Zu Unrecht, wie ich ein für alle Mal erkannt habe.« Er deutete auf den Zwerg. »Wenn er erwacht, werden Sirka, Rodario, Lot-Ionan und ich fort sein. Du bleibst bei ihm. Achte darauf, dass er das Bett hütet, und sage ihm, dass ich ihn brauche, wenn ich ins Jenseitige Land ziehe.« Er sah ihr erschrockenes Gesicht und lächelte beruhigend. »Nur als Eskorte und Wegbegleiter. Ich möchte ihn dir nicht auf ewig wegnehmen. Eine letzte Reise, dann ist es genug. Er hat es mehr als alle anderen verdient, eine Gefährtin zu finden.« Rasch ging er hinaus. Goda legte die Stirn gegen Ingrimmschs Handrücken, schloss die Augen und betete inbrünstig zu Vraccas, wie sie es vorher nur einmal getan hatte: als sie um den Tod des Mörders von Sanda Feuermut gefleht hatte.
»Was verlangst du von mir, Vraccas, damit dein Held Boindil überlebt?«, raunte sie unglücklich. »Ich will seinen Untergang nicht mehr, hörst du, Schöpfer aller Zwerge? Gewähre ihm sein Leben und nimm mir meines.« »Das wird Vraccas sein lassen«, ächzte Ingrimmsch leise und drückte ihre Hand. »Behalte dein Leben.« Goda riss die Augen auf und stieß einen unterdrückten Freudenschrei aus. »Meister!«, flüsterte sie überglücklich, und im nächsten Augenblick fragte sie sich, wie lange er wohl schon bei Bewusstsein war. Sie errötete, versuchte, ihre Hände von seiner zu lösen, aber er gab ihre Finger nicht frei.
»Du wolltest mich tatsächlich töten?«, fragte er sie; die Schwäche zwang ihn, langsam und gedämpft zu sprechen. Goda schluchzte. »Nein, nicht weinen ... Ich verstehe, weswegen du mir nach dem Leben getrachtet hast. Und glaube mir, es gab Zeiten, in denen ich ernsthaft daran dachte, mir mein Ende selbst zu bereiten.« Er schluckte. »Vraccas weiß, wie viele Nächte ich mir Vorwürfe wegen Sandas Tod machte. Ich habe eine großartige Zwergin getötet. Wie schon einmal.« Ingrimmsch überwand sich, die alte, schmerzende Begebenheit zu erzählen. Er wollte keine Geheimnisse vor ihr haben. »Sie hieß Smeralda, war ein wenig jünger als du. Wir mochten uns sehr, aber unsere Liebe endete jäh. Ich erschlug sie in meinem Kampfwahn während eines Gefechts an der Hohen Pforte.« Nun rannen die Tränen aus seinen Augen. »Ich hielt sie in meinem Wüten für ein Ungeheuer ...« Er brach ab, sammelte sich und fand erst nach einer Pause seine Stimme wieder. »Seitdem glaubte ich nicht mehr daran, eine Zwergin zu finden. Eine Gefährtin zu finden. Bis du kamst.« Er seufzte. »Ich weiß, dass wir nicht beinander sein können, Goda. Meine Schuld wiegt zu schwer.«
Goda stand auf und setzte sich auf das Bett. »Ich sehe die Qualen in deinen Augen, Meister. Und sie stammen nicht von den Wunden, sondern dem Leiden deiner Seele. Ein aufrichtigeres Bedauern wird es im gesamten Geborgenen Land nicht geben.« Sie hatte seine Hand nicht losgelassen. »Ich wollte dich nicht lieben, auch wenn du dich in meine Gedanken stahlst. Mit jedem Fluch über all die Übungen, die du mir auferlegtest, mochte ich dich mehr und wollte es mir nicht eingestehen. Ich verbot es mir selbst, den Zwerg zu lieben, der Sanda tötete. Ich tarnte mich mit Schroffheit und Ablehnung. Bis zu diesem Umlauf, an dem ich dachte, ich hätte dich verloren.« Ihre Schultern bebten. »Als ich dich von den Pfeilen durchbohrt niedersinken sah, hätte alles in mir jubeln müssen.« Sie blickte ihm fest in die Augen. »Das Gegenteil war der Fall. Ich wünschte mir, ich stünde an deiner Stelle.« Ingrimmschs Kehle zog sich vor Rührung zusammen.
»Auch wenn die Seele meiner Urgroßmuhme in Vraccas' Ewiger Schmiede toben wird, ich kann nicht anders«, sagte sie leise, doch bestimmt. »Ich möchte von ganzem Herzen mehr als deine Schülerin sein, Boindil Zweiklinge aus dem Clan der Axtschwinger vom Stamm der Zweiten.« Ihr Blick war bei diesem Geständnis feierlich und aufrichtig. »Wenn ich dich durch meine bittere Art der vergangenen Umläufe nicht zu sehr verprellt habe, wäre ich glücklich, lange an deiner Seite sein zu dürfen. Es ist mir dabei gleich, ob wir in einen Kampf ziehen oder ein Zuhause teilen.«
»Ich auch«, krächzte er heiser. »Ich wäre auch sehr glücklich«, wiederholte er deutlicher, während ein Gefühl der Hochstimmung durch seinen Körper jagte, das ihn alle Schmerzen vergessen machte. Er sah Godas hübsches Gesicht vor sich und wie ihr dünner blonder Flaum im
Weitere Kostenlose Bücher