Die Rache der Zwerge
zu einem sehr feinen, gewürzten Getränk, wie er nach einem Schluck feststellte. Auch wenn alles in ihm nach Bier, Branntwein oder anderem Alkohol lechzte, hörte er nicht auf das Verlangen und blieb bei seinem Tee.
Boindil betrachtete ihn mürrisch. »Du machst das absichtlich, Gelehrter«, unterstellte er ihm. »Du lässt mich zappeln.«
»Wegen des Briefs?« Tungdil grinste. »Nein, ich war nur in Gedanken.« Er schmierte sich ein Brot und suchte wie Ingrimmsch vergebens nach einem Stück saftigem Fleisch. Offenbar verzichteten die Elben morgens darauf, und so langte er nach den gekochten Eiern. »Was ich lesen konnte, war durchaus eine Empfehlung, die uns als Helden pries und größtmögliche Aufmerksamkeit verlangte. Die übrigen Worte waren verhindern, dass sie Liütasil, außerdem nur abseits von unseren neuen Bauten führen und nicht länger als vier Umläufe verweilen, danach sollten sie unter Ausreden abgeschoben werden. Schützt ihr schlechtes Benehmen vor.« Er versuchte eines der Eier und wurde von dem Geschmack überrascht. Ohne dass er es gewürzt hatte, schmeckte es nach einer Prise Salz und weiteren Aromen.
Boindil war es gleichermaßen aufgefallen. »Womit die wohl ihre Hühner füttern?«
»Wer sagt, dass es Eier von Hühnern sind?«
Der Zwerg kaute langsamer. »Ich habe die Gefahren von solchen Missionen falsch eingeschätzt: fremde Küche«, seufzte er und schluckte geräuschvoll. Er dachte an das erste Mahl bei den Freien in Goldhort, das aus seltsamen Zutaten bestanden hatte, wie Käferfleisch und Madenbier. »Ich verstehe die Anweisung so, dass die Elben uns ausgewählte Orte zeigen sollen, ohne dass wir mit Liütasil reden, und wir bald wieder aus Älandur verschwinden müssen.«
Tungdil nickte. »Die Erwähnung dieser neuen Bauten macht mich stutzig«, sagte er. »Was gibt es an ihnen, dass man sie vor uns und wahrscheinlich vor dem Rest des Geborgenen Landes verheimlichen muss?« Ingrimmsch zeigte ihm sein altes Kämpferlächeln, auch wenn es ohne das Feuer in den Augen nicht mehr so irre wirkte wie früher. Abgesehen von seinem Sinn für Humor und der Frisur, glich er immer mehr seinem verstorbenen Zwillingsbruder. »Ich verstehe. Wenn sie uns sagen, wir gehen nach links, gehen wir nach rechts.« »Damit sie einen Vorwand bekommen, uns noch schneller des Landes zu verweisen?« Tungdil nahm sich noch mehr von den Eiern, schnitt sie klein, gab sie aufs Brot und verteilte Bärlauchsenf darüber. »Aber sie haben den Brief doch nicht bekommen und wissen nichts von den Anweisungen.« »Tiwalün kam leise wie eine Felsenkatze herein. Ich weiß nicht, wie lange er hinter mir stand. Ich vermute, er hat mindestens einen Teil davon lesen können«, meinte er. »Wir haben noch drei Umläufe Zeit. An den Tagen werden wir uns fügen, doch in der Nacht gehen wir auf die Suche. Halte dich bereit, ohne Schlaf auszukommen.«
»Herumschleichen wie ein Alb«, brummte Boindil unglücklich. »Die Heimtücke war noch nie meine Stärke. Ich hoffe, ich verrate uns nicht durch eine Ungeschicktheit.«
»Wir schlagen sie mit ihren eigenen Waffen«, meinte Tungdil. »Was bleibt uns anderes übrig?« Sie verzehrten ihr Frühstück in aller Ruhe und ließen sich nicht von dem wieder auftauchenden Tiwalün hetzen. Auf den Ponys ging es gegen Mittag weiter in Richtung des Landesinneren. Sie ritten durch die tiefgrünen, friedlichen Wälder, in denen üble Gedanken nicht lange verweilten. Dazu war es einfach zu schön, auch ohne das Gebirge, das zumindest von Ingrimmsch lautstark vermisst wurden.
Der Elb wurde nicht müde, ihnen die Schönheit der verschiedenen Bäume in gewandter Sprache zu schildern; es war, als versuche er, sie mit seinen Beschreibungen einzulullen.
Hätte es den Brief nicht gegeben, wäre es ihm gewiss gelungen.
So aber nickten Tungdil und Ingrimmsch zwar, schauten sich jedoch unentwegt um und hielten Ausschau nach den kleinsten Auffälligkeiten. Dabei entging ihnen nicht, dass sie niemals über Berge ritten, sondern immer in den waldreichen Tälern blieben, wo die Sichtweite nicht mehr als einen Pfeilflug betrug.
Sie kannten natürlich den Grund. Als Tungdil Vilanoil nach Gebirgen oder wenigstens ein paar waldlosen Hügeln fragte, zeigte der Elb sich bestürzt, dass die Gäste schon genug von den herrlichen, einmaligen, unerreichten Hainen Älandurs hätten. Für den nachfolgenden Tag versprach er ihnen eine Route mit Aussicht. Mit Einbruch der Dunkelheit ritten sie auf ein von innen hell
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