Die Rache des Chamäleons: Thriller
»Adiooos Granada, Granaudaaa mia …«
Sie lieben sich. Er nimmt sie brutal, als wäre dies die letzte Gelegenheit. Als wollte er die Gelegenheit gewaltsam festhalten.
»Au!«
Er hört nicht auf.
»Au, aua.«
Er hält inne.
»Entschuldige.«
Sie schaut zu ihm hoch und nimmt sein Gesicht in die Hände.
»Irgendetwas stimmt nicht. Was ist mit dir? Oder ist etwas mit … mir? Mit uns?«
»Nein, nein.«
Er legt sich auf den Rücken neben sie, sinkt neben sie. Sie wartet darauf, dass er noch etwas sagt. Er schweigt. Nach einer Weile dreht er sich zu ihr um.
»Warum hast du mich geheiratet, Rita?«
»Wie meinst du das?«
»Heiraten … Kinder bekommen. Warum wolltest du das mit mir?«
»Weil ich dich liebe, natürlich.«
»Aber warum liebst du mich? Was an mir liebst du?«
»Ich liebe dich, Peter Mattéus. Ich liebe den Mann, der Peter Mattéus heißt. Manchmal bist du ein Trottel, aber den liebe ich wohl auch.«
Er gibt einen Laut von sich, der wie ein kurzes Lachen klingt.
»Was war das?«, fragt sie.
»Peter Mattéus, ha!«
»Sag nicht, dass du endgültig verrückt geworden bist.«
»Vielleicht bin ich nicht der, für den du mich hältst.«
»Das Gleiche könnte auch für mich gelten«, sagt sie.
»Wie meinst du das?«
»Es braucht Zeit, Menschen kennenzulernen, Peter. Wie soll ich das ausdrücken … Wir haben uns vor sieben Jahren kennengelernt und ein Jahr später ein Kind bekommen … und dann haben wir den Kindern viel Zeit gewidmet, die meiste.«
»Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass ich kaum etwas von der Zeit erzählt habe, bevor wir uns kannten?«, fragt er. »Ich war ein fast reifer Mann, als wir uns trafen.«
»Nein, habe ich nicht, weil ich es nicht sonderlich interessant finde. Das habe ich dir doch schon einmal erklärt. Ich bin so. Ich will diesen ganzen Mist von Exfreundinnen oder Blutsbrüdern, einem abgebrochenen Studium oder anderen verpassten Chancen nicht hören. Als wir uns kennenlernten, hat die Gegenwart begonnen.«
Sie lacht und legt eine Hand auf seine Brust. Ihre Hand ist warm und fest. Er wünschte, sie würde ewig dort liegen bleiben, für den Rest aller Zeit. Er will nicht an Blutsbrüder denken, und er will sich nicht bewegen, er will sich nie mehr bewegen.
»Die Zeit hat mit uns begonnen!«
Sie soll nichts mehr sagen, sie brauchen nie mehr etwas zu sagen. Nie mehr etwas zu sehen oder zu hören. Jetzt ist alles gut.
»Wir haben uns im Jahre null kennengelernt, Peter.«
»Ich wünschte, es wäre so.«
»Man kann es doch wenigstens denken. Das ist vielleicht naiv, aber es fühlt sich gut an.«
»Das ist sogar sehr naiv.«
»Gut. Es gibt schon genügend Zyniker auf der Welt.«
»Stell dir vor, ich hätte etwas getan, was du niemals wissen wolltest, Rita? In meinem früheren Leben. Etwas, das du nicht ertragen könntest, wenn du es wüsstest.«
»Darum geht es mir doch gerade«, sagt sie. »Ich möchte nichts wissen.«
»Ich mache keine Witze«, sagt er.
»Ich auch nicht.«
»Stell dir vor, ich hätte einen Menschen ermordet?«
»Hör auf, Peter. Genau das habe ich gemeint, als ich von der Vergangenheit sprach.«
»Stell dir vor, ich trage eine solche Tat mit mir herum«, sagt er. »Angenommen, ich habe bewusst jemanden erschossen.«
»Schluss jetzt.« Sie richtet sich auf. »Ich will nicht mehr darüber reden.«
Er bleibt liegen, schweigt. An der Decke sind Schatten. Vielleicht sind sie immer dort gewesen. Vielleicht sind es Schatten des Meeres. Das Meer hat es immer gegeben, es war immer da. Er hat sich immer vom Meer angezogen gefühlt. Jetzt weiß er, dass am Meer alles ein Ende nehmen wird.
»Ich weiß doch, dass du so etwas nicht getan hast«, sagt sie etwas leiser.
Er richtet sich ebenfalls auf.
»Woher weißt du das? Wieso bist du dir so sicher?«
»Ich kenne dich gut genug, um das wissen.«
Er nickt.
Sie sucht seinen Blick.
»Gibt es etwas, wovon ich nichts weiß?«, fragt sie.
»Was sollte das sein?«
»Dass du … jemanden umgebracht hast. Bevor wir uns getroffen haben. Hast du das getan?«
»Nein.«
»Warum zum Teufel redest du dann so einen Mist?«
Fluchen ist sonst nicht ihre Art. Offenbar hat er sie stärker verunsichert, als ihm bewusst war. Er hat seine Ängste auf sie übertragen. So etwas nennt man Projektion.
»Das ist krank, Peter. Dieses Spiel will ich nicht spielen.«
»Oder wenn ich kriminell gewesen wäre«, fährt er fort. »Wenn ich mir etwas Schlimmes zuschulden hätte kommen lassen. Was würdest
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