Die Rache des glücklichen Mannes
Jaatinen lärmte zwischen seinen Männern herum, auf der Uferböschung wurde Karten gespielt und unter der Brücke vergnügten sich ein paar Männer mit entgegenkommenden Frauen, die, vom Lärm der Feier angezogen, ihren Weg zur Baustelle gefunden hatten. Gesang und Geschrei schallten weithin über den Wald und die Heide. Der Bezirkschef nahm Jaatinen beiseite und erklärte ihm:
»Hör zu, Akseli. Es ist so, dass ich dich aus den Dien sten des Straßenbauamtes entlasse. Sei nicht böse, die Vertreter der Gemeinde haben mit einer Anzeige ge droht. Und außerdem waren solche Feiern noch nie erlaubt. Du bist also ab sofort ein freier Mann.«
Die Sache war auch nach Jaatinens Meinung völlig klar, aber Manssila machte sich stark:
»Wir streiken, wenn Sie die Entlassung nicht zurück nehmen. Dieser Bauleiter Jaatinen ist der beste Mann, für den ich je gearbeitet habe. Und außerdem haben wir zeitlichen Vorlauf.«
»Leider ist es nicht möglich, in der Sache zu verhan deln. Die Vorschriften des Straßenbauamtes sind völlig eindeutig in ihrer ganzen Strenge.«
Aber als am nächsten Morgen der neue Bauleiter an Jaatinens Stelle zur Brücke kam, waren die Leute nicht bereit, die Arbeit aufzunehmen. Der neue Mann musste eiligst das Bezirksbüro anrufen. Während des ganzen Tages wurde hektisch verhandelt, wobei Jaatinen durch Vertrauensmann Manssila und das Straßenbauamt durch den neuen Bauleiter vertreten wurde. Am Nach mittag willigte das Straßenbauamt ein, dass Jaatinen die Brücke fertig stellen durfte – es fehlte noch die Steinverkleidung der Widerlager, auch mussten die Arbeiten am Geländer und den Zufahrtsstraßen abge schlossen werden. Das Endergebnis der Verhandlungen war, dass Jaatinens Arbeitsverhältnis mit dem Straßen bauamt sofort nach endgültiger Fertigstellung der Brü cke beendet sein würde.
Das war ein schwerer Schlag für Jaatinen. Er saß in seiner Baubude am Tisch, den Kopf in die
Hände gestützt, und starrte durchs Fenster auf die neue Brücke. Im Fluss trieb Eisschlamm von der ersten Frostnacht des Herbstes. Ein harter, bleicher Fluss; Jaatinen erschien er jetzt wie der Fluss des Totenrei ches. Kein Wunder also, dass Jaatinen zwei Tage lang kaum sprach. Er betrachtete traurig die schöne neue Brücke, denn er wusste, dass es die letzte seines Lebens war.
Aber dann war die düstere Phase erst mal vorbei. Jaa tinen ließ die Leute noch einmal in zwei Schichten arbei ten, und nach einer reichlichen Woche war die Brücke endgültig fertig. Eigenmächtig bewilligte Jaatinen sämt lichen Männern zu Ehren der geleisteten Arbeit drei Tage bezahlten Urlaub. Als die drei Tage herum waren, trafen aus Helsinki mehrere Bosse ein, um die neue Brücke von Kuusmäki einzuweihen. Die Einheimischen strömten in dichten Scharen herbei, auch Baumeister Kainulainen wagte sich jetzt wieder an den Ort. Jäminki, der Gemeindevorsteher von Kuusmäki, hielt kraft seines Amtes eine Rede:
»Jetzt ist diese Brücke endlich fertig, wobei man sagen muss, dass wir Einwohner von Kuusmäki das Jahr hindurch die Entwicklung auf der Baustelle mit Furcht im Herzen verfolgt haben. Unsere Sorge war umso grö ßer, als wir bereits seit mehr als dreißig Jahren eine neue Brücke für unseren geliebten Blutfluss beantragt hatten, und nun, als endlich mit dem Bau begonnen wurde, traten gleich zu Beginn ein paar unangenehme Dinge auf, die, wie bereits erwähnt, uns Einheimische in jeder Weise beunruhigten. Auf der Baustelle ist es sogar zu einem unschönen Streik gekommen, der trotz seiner Kürze unweigerlich einen traurigen Schatten auf die an sich gute Brücke wirft. Diese, wie einige vielleicht mei nen, allzu kritischen Worte gelten keineswegs dem Stra ßenbauamt oder seinem Bezirksbüro, das dann ja letzt endlich jene Maßnahmen ergriff, die wir hier im Dorf bereits seit dem Frühjahr vorgeschlagen und schließlich verlangt haben. Ein herzlicher Dank also an die hier anwesenden Vertreter des Straßenbauamtes, und will kommen zur Einweihung der für uns so wertvollen Brücke. Und Ihnen, Herr Gouverneur, ebenfalls ein herzliches Willkommen, von der Frau Gouverneur ganz zu schweigen. Seien Sie alle willkommen, danke.«
Jäminki schnitt das quer über die Brücke gespannte blau-weiße Seidenband durch. Die Enden des Bandes flatterten im Wind, eines wickelte sich Jäminki um Hals und Brust. Die Männer vom Brückenbau riefen im Takt:
»Ein Omen, ein Omen!«
Mit dieser Szene endete die
Weitere Kostenlose Bücher