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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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zwingen würde. Doch trotz dieser Bedenken ist die Nordische Beton und Lehm AG wirt­ schaftlich stabil und kann hinsichtlich ihrer Kreditwür­ digkeit als unbedingt positiv eingeschätzt werden.«
    In der zweiten Septemberwoche wurde die Trasse fer­ tig. Dem Vertrag entsprechend baute die Eisenbahndi­ rektion ein Nebengleis und eine Weiche, dann wurde ein kleines Signalwärterhäuschen aufgestellt, und der erste Probezug konnte auf die neue Strecke geschickt werden.
    Der Zug bestand aus mehreren schweren Drehge­ stellwagen, und am Schluss hing ein gewöhnlicher Reisezugwagen der Bahndirektion. Der Zug glitt langsam auf das Nebengleis, wo an der Weiche Jaatinens ganze Mannschaft zustieg. Die schwere Diesellok kam auf Touren, der Zug glänzte in der warmen Morgensonne, als er anruckte, die Wagen knackten in ihren Fugen, und die dröhnende Lok zog den Zug vom Hauptgleis über die Weiche auf die neue Strecke, hinein in die unberührte Natur, wo sich noch vor einigen Wochen keine Menschenseele aufgehalten hatte. Der Boden bebte, während der Zug langsam über die glänzenden Schienen donnerte; die Männer steckten die Köpfe aus dem Fenster, sie riefen:
    »Diese Schienen habe ich gelegt!«
    »Erinnerst du dich noch an diese Kurve, hier bin ich mit dem Bulldozer umgekippt!«
    »Und dort haben wir nachts am Feuer gesessen!« Als sich der Zug dem Flugplatz näherte, kamen ihm
    kleine Jungen entgegengelaufen. Die Erbauer der Trasse drängten sich an den Türen des Reisezugwagens, einige von ihnen kletterten über die Leiter aufs Dach; bald saßen dort schon fünfzehn Männer, jemand stimmte ein Lied an. Feierlich fuhr der Zug auf den Flugplatz, bremste hart, schob sich zur Rampenweiche, wo sich die Einheimischen drängten.
    Hier hielt der Zug an. Die Männer sprangen vom Dach herunter, sie zogen den Lokführer heraus, umarmten ihn, in ihren Taschen fanden sich Schnapsflaschen. Der Generaldirektor der Eisenbahn war im Auto eingetroffen, er hielt Ausschau nach Jaatinen, doch der Ingenieur war nirgends zu sehen. Man begann nach ihm zu su­ chen und entdeckte ihn schließlich drinnen im Waggon. Er schlief fest, sein Kopf war auf die Brust gesunken, man versuchte ihn wachzurütteln, doch zunächst ohne Erfolg.
    Als es endlich gelungen war, ihn zu wecken, rieb er sich die Augen und stolperte hinaus in den hellen Son­ nenschein, dort begrüßte er zerstreut den Generaldirek­ tor. Der sagte zu ihm:
    »Sie haben es also doch geschafft. Ich muss sagen, das ist eine gewaltige Leistung. Wir von der Staatsbahn können nicht aufhören, uns zu wundern. Herzlichen Glückwunsch!«
    Der Generaldirektor hielt eine Rede, er stellte die Strecke offiziell in den Dienst der Finnischen Staats­ bahn, beglückwünschte die Erbauer und warf einen optimistischen Blick in die Zukunft der Gemeinde Kuusmäki.
    Die anwesenden Besucher klatschten eifrig, und dann sollte die Rede des Vertreters der Kommune folgen. Aber Jäminki war nirgends zu sehen. Wer würde im Namen der Gemeinde Kuusmäki sprechen?
    Die Gemeindesekretärin Irene Koponen erhob sich. Sie las ihre Rede vom Blatt, errötete dabei und genierte sich ganz offensichtlich. Sie dankte der Eisenbahndirek­ tion, den Trassenarbeitern, und, nach einer kleinen Pause und mit merklicher Anstrengung, sprach sie auch den Dank der Gemeinde an den Initiator des Projektes und Leiter des Trassenbaus aus, ohne jedoch einen Namen zu nennen. Donnernder Applaus begleitete die Sekretärin zu ihrem Platz.
    Jaatinen hatte Irene Koponens Rede verzückt ge­ lauscht, seine vorherige Müdigkeit war wie weggeblasen. Er klatschte noch immer, als das übrige Publikum längst mit den Beifallsbekundungen aufgehört hatte. Die Koponen wurde immer röter, und Jaatinen klatschte und fand überhaupt kein Ende.
    »Hör auf«, flüsterte sie, als sie in der Zuschauermenge zu Jaatinen vordrang, und erst da kam er auf die Idee, das Klatschen zu lassen. Verlegen betrachtete er seine geröteten Hände und steckte sie tief in die Taschen.
    Der Zug wurde ohne weiteres Zeremoniell in die La­ gerhalle der Betonfabrik gefahren, und die Eisenbahner luden die schweren Betonelemente auf die Wagen. Die Kräne rasselten. Die schweren, neuen Produkte der Nordischen Beton und Lehm fuhren in die Welt hinaus.
    Die Feier war zu Ende, die Leute kehrten zu Fuß, mit dem Auto oder dem Fahrrad ins Kirchdorf zurück. Die Vertreter der Eisenbahndirektion unterschrieben einen Haufen Papiere, sie bekräftigten alles nochmals mit Handschlag und

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