Die Rache des Griechen
Flur. Alexandros kam ihr entgegen.
„Ich habe dich schon gesucht.“
Sie nickte nervös. „Ich denke, wir sollten reden.“
„Ja.“ Seine Miene war finster.
Das war’s. Jetzt wird er mir von der Scheidung erzählen. Und ich sollte ihm sagen, dass ich schwanger bin, aber wenn ich das tue …
„Kallie?“ Er musterte sie nun sehr eindringlich. Dann nahm er ihre Hand und führte Kallie zu einem Sofa, auf dem er sie niedersetzte. Er nahm nun neben ihr Platz, hielt aber Abstand.
„Kallie, der Arzt hat mir gesagt, dass du wahrscheinlich eine Panikattacke erlitten hast.“
Sie empfand so große Erleichterung, dass er nicht sofort von der Scheidung sprach, dass sie beinahe laut aufgelacht hätte. Sie nickte und konzentrierte sich auf sein Gesicht. Sein ausdrucksstarkes ernstes Gesicht. Liebevoll nahm sie jedes Detail in sich auf, als wolle sie es für die Ewigkeit in ihrer Erinnerung bewahren.
„Gestern Nacht – du hast an das gedacht, was vor sieben Jahren passiert ist, oder?“
Wieder nickte sie. Sein Griff um ihre Hand wurde fester. Etwas flackerte kurz in seinen Augen auf, dann war es verschwunden.
„Kallie, ich habe nachgedacht. Sehr viel sogar. Ich vermute, deine Reaktion in dem Restaurant ist auch auf den Vorfall von damals zurückzuführen. Irgendwie hat der Alkohol den Anfall ausgelöst, vor allem, weil du seither nichts Alkoholisches mehr getrunken hast.“
Woher konnte er wissen, was sie gerade erst für sich selbst herausgefunden hatte? Sie öffnete den Mund. „Der Arzt … Aber wie?“
„Weil ich dich kenne, Kallie.“ Er lächelte zaghaft. „Auch damals kannte ich dich. Deshalb war ich ja so schockiert, als du mich geküsst hast.“
Ihre Wangen glühten vor Verlegenheit. „Ich war erst siebzehn“, murmelte sie mit erstickter Stimme. „Ich war verliebt, Alexandros. Das war alles. Ich hatte keine Hintergedanken. Ich war nur dabei, erwachsen zu werden, und wollte, dass auch du mich so siehst, als Erwachsene.“
„Kallie, das letzte Mal, dass wir wirklich miteinander gesprochen hatten, war vor dem Tod meines Vaters. Da warst du fünfzehn. Kannst du dir vorstellen, wie das alles auf mich gewirkt haben muss? Wir hatten uns so lange nicht gesehen. Ich dachte, du hättest dich völlig verändert.“ Er holte tief Luft. „Aber ich weiß, dass du nicht für den Schlamassel, der dann folgte, verantwortlich bist. Ich habe mich an deine Reaktion erinnert, als ich dir die Zeitung gezeigt habe – erst da hast du davon erfahren, oder?“
Sie nickte zaghaft, weil sie nicht fassen konnte, was sie da hörte.
„Und du warst so aufgebracht, als Thea dir erklärt hat, was dann alles passiert ist. Du hast gesagt, du hättest den Artikel nicht gelesen. Ich wollte dir einfach nicht glauben. Es war leichter so.“ Leichter, als sich unangenehmen Gefühlen zu stellen … Aber so weit waren sie noch nicht. Es gab noch mehr Dinge, die ausgesprochen werden mussten.
„Ich denke, es ist an der Zeit, dass du mir erzählst, was wirklich passiert ist.“
Kallie tat einen tiefen Atemzug und suchte nach seinem Blick. Thea hatte recht. Alexandros würde Eleni nie etwas antun. Also erzählte sie ihm die ganze Geschichte.
„Ich habe ihr vertraut“, schloss sie. „Eleni und ich haben uns alles gesagt. Zumindest habe ich das geglaubt.“
Dann gestand sie noch, dass sie in Hinblick auf Elenis psychische Probleme versprochen hatte, zu schweigen. Bei ihren letzten Worten huschte ein Schatten über Alexandros’ Miene.
Abrupt stand er auf, ging ein paar Schritte und fuhr sich hektisch mit der Hand durch die Haare.
„Was ist los?“, fragte sie zögernd. Sie befürchtete, er könne sich umdrehen und lachen. Würde er ihr vorwerfen, sie verbreitete schon wieder Lügen?
Plötzlich war er wieder an ihrer Seite. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein von Niedergeschlagenheit gezeichneter Ausdruck ab, dass es ihr in der Seele wehtat.
„Kallie … Vor sieben Jahren ist noch etwas passiert, etwas, wovon ich dir nie erzählt habe, weil … so viele Dinge haben sich damals gleichzeitig ereignet. Ich habe immer angenommen, du wüsstest davon.“
„Was?“ Auf einmal hatte sie Angst.
„Eleni … Es war ein paar Tage vor der Party. Wir waren in demselben Nachtklub in Athen.“ Alexandros verzog das Gesicht. „Sie verhielt sich merkwürdig, sprach immer wieder von meiner Verlobung mit Pia und wie sie dahintergekommen war. Wieder und wieder meinte sie, ich könne ja sie heiraten, ihr Vater könne mir denselben guten
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