Die Rache des Griechen
eine Panikattacke erlitten. Das ist nichts Ernstes, kann aber für den Betreffenden und alle Anwesenden sehr Furcht einflößend sein. Allgemeine Symptome sind Kurzatmigkeit, Angstzustände, Zittern, Übelkeit, Brustschmerzen.“
Alexandros zuckte zusammen. Eine Panikattacke?
„Der Anfall hat sich draußen auf der Terrasse ereignet. Gibt es dafür einen besonderen Grund?“
In Alexandros stieg ein vager Verdacht auf. „Vielleicht. Ich bin nicht sicher.“
„Sie hat mir erzählt, dass sich dasselbe schon einmal ereignet hat, als sie Alkohol getrunken hat“, fuhr der Arzt fort. „Sie hat außerdem gesagt, dass sie seit ihrem siebzehnten Lebensjahr keinen Alkohol mehr zu sich genommen hat. Für mich scheinen die beiden Ereignisse verbunden zu sein. Irgendetwas muss passiert sein. Und seitdem gibt es einen Auslöser, der diese Panikattacken verursacht.“ Der Arzt zuckte die Schultern. „Nur sie kennt die Antwort.“
Alexandros Miene verfinsterte sich. Dinge, die er gerne ignoriert hätte, drängten in sein Bewusstsein. „Danke, dass Sie so kurzfristig herkommen konnten.“
„Kein Problem. Jederzeit.“
Er verabschiedete den Arzt und sah ihm nach, als er ging. Ungebeten flackerte in seinem Kopf das Bild einer siebzehn Jahre alten Kallie auf, wie sie zu ihm unter den Baum kam, ihm die Flasche Ouzo aus der Hand nahm und trank. Seit ihrem Wiedersehen hatte sie keinen Tropfen Alkohol angerührt. Bis auf jene Nacht in dem Restaurant. Müde fuhr er sich mit den Händen übers Gesicht.
Thea kehrte zurück, und er nahm ihr die Tasse mit dem dampfenden Tee aus den Händen. Mit weit aufgerissenen ängstlichen Augen sah Kallie ihn an, als er das Zimmer betrat. Er zwang sie, den Tee zu trinken. Allmählich nahmen ihre Wangen wieder Farbe an.
„Alexandros …“, sagte sie schließlich.
„Schh.“ Er legte einen Finger auf ihre Lippen. „Wir sprechen morgen über alles. Jetzt ruhst du dich aus.“
Erst als sie eingeschlafen war, ging er hinunter auf die Terrasse und setzte sich auf die Mauer unter den Baum. In dieser Nacht schlief er überhaupt nicht.
Sehr früh am Morgen stieg er in seinen Wagen und fuhr fort.
Kallie erwachte mit einem Stöhnen. Sie konnte nicht fassen, dass sie bereits zum zweiten Mal einen Anfall erlitten hatte. Konnte es wirklich eine Panikattacke gewesen sein, wie der Arzt geglaubt hatte? Die Diagnose schien Sinn zu machen. Schließlich hatte die Reaktion erst eingesetzt, als ihr bewusst geworden war, wo sie sich befand.
Endlich zu wissen, worin der Grund für die beiden Anfälle lag, war, als würde ein Gewicht von ihren Schultern genommen. Trotzdem befiel sie nun ein ungutes Gefühl. Was dachte Alexandros eigentlich von ihr? Hielt er sie für ein hysterisches Weib? Sie schwang die Beine aus dem Bett, erleichtert, dass ihr zumindest heute die mittlerweile vertraute morgendliche Übelkeit erspart blieb. Alexandros hatte schon zu oft mit angesehen, wie sie sich in eine Toilettenschüssel übergab. Kein sonderlich romantisches Ereignis. Andererseits hatte ihre gesamte Beziehung ja rein gar nichts mit Romantik zu tun.
Sie schlüpfte in bequeme Hosen und einen weiten Pullover und machte sich auf den Weg nach unten. In der Küche traf sie auf Thea. Sie sandte ein Dankgebet gen Himmel, dass sie wieder Freundinnen waren. Die Verachtung der älteren Frau hätte sie jetzt nicht ertragen können.
Thea scheuchte sie an den Küchentisch und bereitete ihr ein Frühstück zu.
„Wann wirst du es ihm sagen?“, fragte die Haushälterin und setzte sich zu ihr.
„Wie bitte?“
Thea blickte sie streng an. „Du weißt ganz genau, wovon ich spreche.“
Kallie verspürte ein ziemlich flaues Gefühl im Magen, antwortete aber trotzdem fröhlich: „Ach das? Das war doch nur eine Panikattacke, kannst du dir das vorstellen? Jetzt geht es mir aber wieder ganz gut. Der Arzt meinte sogar, dass man, sobald man weiß, was es ist, vielleicht nie wieder eine erleidet.“
Thea schnaubte. „Ärzte! Was wissen die schon? Die Diagnose hätte ich dir schon vor Wochen stellen können. Aber das meinte ich gar nicht, Kallie.“ Sie legte eine Hand auf Kallies Bauch.
Also hatte sie es doch gespürt …
Kallie errötete und zuckte unbehaglich die Schultern. „Ich weiß es nicht, Thea.“
In diesem Moment fiel die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss. Alexandros. Kallie versteifte sich. Thea erhob sich und sah sie an. „Du musst es ihm sagen. Und zwar alles. Sofort.“
Also stand Kallie auf und ging in den
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