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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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übertriebenem Torkeln nach links, zur Ecke eines der Wirtschaftsgebäude des Klosters. Ich folgte ihm, wobei ich einen großen Bogen um den Tisch der Anführer machte. Hipler starrte in den Nachthimmel, und Metzler ließ den Kopf auf die Arme sinken, die er auf dem Tisch verschränkt hatte.
    Als ich Berlichingen erreichte, schlug er eben sein Wasser an der Hauswand ab. Ich hörte ein Rülpsen und mächtiges Rauschen; offenbar hatte er doch zwischendurch etwas getrunken.
    »Auf ein Wort, Herr«, sagte ich.
    Er bewegte nicht den massigen Leib - nur den Kopf und die echte Hand. Sie faßte den Griff eines langen Messers, das er am Gürtel trug; im Flackerlicht vom Feuer sah ich die Augen, der er auf mich richtete. Sie waren klar, kalt, listig. Und nüchtern.
    »Was gilt’s?«
    »Wie Ihr bin ich kein Bauer und nicht ganz freiwillig hier. Wie Ihr.«

    »Und?« Die Hand verließ den Messergriff, und Götz drehte sich nun ganz zu mir.
    »Es heißt, die Herren eiserner Hände seien eine Art Bruderschaft. Ich suche einen Eurer Eisenbrüder, Herr.«
    Berlichingen kniff ein Auge zu. »Händel?«
    Da ich von seinen Vorlieben gehört hatte, sagte ich: »Eine alte Fehde. Er ist Kastilier, Alonso - mehr weiß ich nicht.«
    »Du bist … Ihr seid Ritter?«
    »Sohn, Enkel und Urenkel von solchen, ja.« Wer sollte mich in dieser Nacht des Lagers von Schönthal denn der Lüge überführen?
    Wieder kniff er ein Auge zu, diesmal das andere. »Du lügst«, sagte er leise. »Es gibt keine Fehde zwischen Edlen, die einander nicht beim Namen kennen. Aber Alonso Zamora ist keiner, den man schützen muß. Keiner, den ich schützen will.« Er spuckte aus.
    »Ich weiß«, sagte ich, und aufs Geratewohl setzte ich hinzu: »Es gibt Ritter, und es gibt … Schlächter.«
    »Er ist einer von Leyvas Leuten und bei ihm, soviel ich weiß. Irgendwo zwischen Pavia und Rom, nehme ich an.« Er wies mit dem Hinterkopf zur Lagermitte. »Einer von Geyers Leuten ist vor Jahren mit ihm geritten; frag den.«
    »Wer ist es?«
    »Ein Kölner. Haspacher.«
    »Lukas Haspacher?«
    »Genau der.«
    »Ich danke Euch, Herr. Darf ich noch eine Bitte wagen?«
    »Die letzte.«
    »Sagt ihm nichts von mir; derlei will behutsam erwogen sein.«
    Berlichingen schnaubte. »Was hätte ich mit Geyers Leuten zu reden?«

    »Und seid nicht verwundert«, sagte ich leise, »falls Ihr mich nicht seht, wenn das evangelische Heer Euch demnächst besucht.«
    »Ha!« sagte er. »Sei du nicht verwundert, wenn es mir gelingt, mich nicht besuchen zu lassen. Und schweig.« Er blinzelte, nickte knapp und ging zurück zum Tisch der Anführer. Ich schaute hinter ihm her; erst nach fünf oder sechs Schritten fiel ihm offenbar ein, daß er torkeln sollte.
     
    In dieser Nacht schlief ich kaum. Mein Gespenst mit der Eisenhand hatte einen Namen bekommen, Alonso Zamora. Wenn er einer der Leute von des Kaisers bestem Feldkapitän Leyva war, mußte wohl auch er zu des Kaisers Leuten gehören. Der dritte Name; und eine kalte Fährte, die plötzlich nicht mehr so kalt schien.
    Am Morgen wollte ich versuchen, in die Nähe des Schwarzen Haufens zu gelangen, aber ehe ich einen Schritt hätte tun können, wurde zum Aufbruch geblasen und getrommelt. Der Zufall ließ jedoch die Schar des Florian Geyer - alle zu Pferd, wenn sie auch zu Fuß kämpfen mochten - in unserer Nähe vorbeireiten, als wir noch damit befaßt waren, Zelte, Waffen und Vorräte einzupacken und auf Karren und Tragtiere zu laden.
    Ich sah Lukas Haspacher. Von rechts, von der Seite, an der ihm die Ohrmuschel verblieben war. Doch gab es keinen Zweifel: Er war der Hüne, den ich mir vom Waldrand aus eingeprägt hatte.
    Aber - wie vorgehen? Abgesehen davon, daß er groß, stark, erfahren und offenbar vollkommen rücksichtslos war, gab es zwei Schwierigkeiten: Ich mußte ihn allein stellen, oder jedenfalls unter Umständen, die andere daran hinderten, sich einzumischen. Ich konnte ja nicht davon ausgehen, daß die
vom Schwarzen Haufen einfach zusehen würden, wenn einer von ihnen angegriffen wurde - nur: Wie sollte ich ihn dazu bringen, mich anzugreifen, was die Sache aber auch nicht unbedingt ändern mußte? Und falls es mir gelang, ihn zu stellen und, mit Glück, zu töten, wäre es ein schaler Sieg, wenn ich ihm nicht sagen konnte, warum ich ihn gesucht hatte.
    Auf dem Marsch bemerkte Jorgo bald, daß ich mit den Gedanken woanders war. Als er fragte, ob ich krank sei, zum Mond fliegen oder mich mit einem Bussardweibchen paaren wolle, sagte ich

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