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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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auch keiner mag? Bis der Wahnsinn vorübergegangen ist.«
    »Dieses Trampeln«, sagte ich. »Es ist sicher eine kluge Erfindung, aber hält man das lange durch?«
    »Sehr anstrengend.« Walther hob die Schultern. »Für lange Strecken flußaufwärts ist Treideln besser.«
    »Ihr habt aber keine Tiere dafür, oder?«

    »Der Meister findet, es sei billiger, vor der Bergfahrt Ochsen zu kaufen und diese hinterher zu essen, als sie das ganze Jahr über zu füttern.«
    Im Licht zweier Fackeln begann ich allmählich, die Gesichter der Leute zu unterscheiden. Neben Samper und dem Zwerg Hippo bestand die Besatzung aus fünf Frauen und neun Männern, und alle machten alles: Gaukelei, Musik, Schauspiel, Akrobatik ebenso wie anfallende Arbeiten auf und mit dem Schiff. Natürlich konnte dieser etwas besser als jener. Der Hüne und Obertrampler Walther war, wie wir hörten, ein guter Zimmermann, der auch rang und Gewichte und Menschen stemmte, den man aber nicht kochen ließ; über die drei jungen Tänzerinnen sagte Samper, sie seien »auch trefflich in Schauspiel und Musik«, doch sei Treideln oder Trampeln nicht ihre Stärke, und die beiden älteren Frauen, fingerfertig und ebenfalls Mimen, seien als Tänzerinnen »abdingbar«.
    »Frauen als Schauspieler?« sagte Jorgo. »Ich bezweifle nicht, daß sie es können; aber dürfen sie denn?«
    »Die Welt ist Trug.« Der Große Alberto breitete die Arme aus; er klang betrübt, lächelte jedoch dabei. »Und alle Aufführung ist trügerischer Schein. Dort, wo die Dinge weitherzig ausgelegt werden, können sie tanzen und spielen; wo es enger zugeht, verkleiden sie sich - als Frauen.«
    Später gingen wir von der Suppe zum Wein und vom Reden zu Musik über. Da die Leute der Miralda einander bis zum Überdruß kannten, wollten sie zunächst etwas von meiner Fiedel hören. Ich spielte ein paar schnelle Tänze, dann ein schwermütiges Stück, das ich vor Jahren in Nowgorod gehört und seither immer wieder abgewandelt hatte. Sie baten mich, es noch einmal zu spielen; nach und nach fielen sie mit ihren Instrumenten ein: Laute, Bombarde, Zink, zwei
Flöten, eine Handtrommel; und Walther, der Zimmermann und Ringer, schlug mit zwei Löffeln einen seltsamen Rhythmus, indem er sich zunächst gleichsam von hinten einschlich, uns dann überholte und schließlich mitriß. Irgendwann verschwand Samper mit Esmeralda in seiner Kajüte, und Walther übernahm die Aufgabe, uns von allzu üppigem Trinken abzuhalten und die Wachen einzuteilen.
     
    Es gab keine nächtlichen Überfälle. Nach einem hurtigen Frühstück legten wir von der Insel ab. Samper brachte die Miralda ans Westufer, wo den letzten Gerüchten zufolge die Aufstände der Bauern entweder bereits niedergeschlagen oder von klügeren Fürsten durch Zugeständnisse beschwichtigt worden waren. Über den Steg brachten wir die Pferde in einer einsamen Bucht an Land und sagten Lebewohl.
    »Beim nächsten Mal hoffe ich, eines eurer Stücke sehen zu können, ohne vor Fladen und Kanonen fliehen zu müssen«, sagte ich.
    Der Große Alberto hob die Hände in einer Gebärde, die Zweifel oder Entsagung oder beides bedeuten mochte. »Sei sicher, daß der Himmel neue Tücken wider uns bereitet.«

ZWÖLF
    F ast drei Monate brauchten wir, um Augsburg zu erreichen. Vorsichtig reiten, Erkundigungen einziehen, umkämpfte Gebiete meiden, schwankende Städte weiträumig kämpfte Gebiete meiden, schwankende Städte weiträumig umgehen, Nachtritte und Tagrasten... Frankreichs König sei nach der Niederlage von Pavia von den Spaniern irgendwo in Kastilien - oder war es Aragon? - eingekerkert worden, hörten wir; die deutschen Landsknechte seien, wie erwartet, über die Alpen nach Norden geeilt, um im Sold der Fürsten die Bauern hinzumetzeln; Mainz und Speyer seien trotzdem in Händen der Aufständischen. Luther habe den Bauern, die sich anfangs auf ihn berufen hatten, die Hölle verheißen und jenen, die sie bekämpften, die Gnade: »Denn die Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht. Er findet und trifft sie schließlich doch, wie es auch jetzt den Bauern in Aufruhr ergangen ist.« Lutherische Landsknechte hängten nach dem Sieg evangelische Prediger kopfunter auf, nackt, sägten sie vom Hodensack bis zum Nabel auf und ließen sie verrecken.
    Manche Gerüchte

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