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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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erscheint.«
    »Wie ist zu verfahren?«
    »Sagt mir die Namen der Kinder, den Vaternamen der
Mutter und den Namen, bei dem ein gewisser, eh, Hautlapp gerufen wird.«
    Ich lachte. »Das wird Haidlaub heißen - Ohm Krischan.« Ich nannte die anderen gewünschten Namen.
    »Gut. Ohm Krischan heißt Haidlaub, aber Euer Vater hatte diese Entstellung als weitere Prüfung vorgesehen.« Kornberger legte die Blätter beiseite und öffnete das dicke Buch. Soweit ich sehen konnte, hatte er die letzte teilweise beschriebene Seite aufgeschlagen, auf der vor allem Zahlen standen. Er warf einen Blick darauf; dann sah er mich an. »Was genau begehrt Ihr zu wissen?«
    »Ich weiß gar nichts«, sagte ich mit einem Lächeln. Gewöhnlich verhilft Ehrlichkeit einem zu erlesenem Unheil, aber hier schien sie mir ausnahmsweise angebracht. »Gibt es Schulden? Ein Guthaben? Welcher Art waren die Geschäfte? Bitte, seid so gut, Herr, mir alles zu sagen, was Ihr mir sagen könnt.«
    Nun lächelte Kornberger. Er stützte die Ellenbogen auf das Rechnungsbuch und legte das Kinn auf die gefalteten Hände. »Alles, was ich Euch sagen kann? Nun gut; wappnet Euch. Aber es ist nicht viel. Zunächst: Es gibt keine Schulden. Es sind« - er schaute ins Buch, dann wieder zu mir - »für die seit der letzten Tätigung vergangenen Jahre Zinsen und Zinseszinsen zu berechnen. Zum Januar fünfzehnhundertneunzehn betrug das Guthaben rund fünfundzwanzigtausenddreihundertundzehn Gulden.«
    Es ist möglich, daß ich nach Luft schnappte, als er dies sagte; sicherlich war mir einen Augenblick schwindlig ob der ungeheuren Summe.
    »Beim gültigen Satz von zweieinhalb Hundertsteln Zins«, fuhr Kornberger fort, »ergibt sich zum Januar des laufenden Jahres …« Er griff zu einer Feder, tunkte sie in Tinte, kritzelte
einige Augenblicke und nickte. »Ungefähr neunundzwanzigtausendsiebenhundert. Ihr seid ein wohlhabender Mann, Meister Spengler.«
    »Wohlhabend? Reich!«
    »Erlaubt, daß ich widerspreche. Reich? Nein, Herr; reich sind jene, die eine solche Summe verschmerzen können. Habt Ihr bestimmte Absichten, was das Geld angeht?«
    Ich blähte die Wangen und blies die Luft aus, behutsam, als könnte sich das Geld bei zuviel Wind verflüchtigen. »Ich weiß es noch nicht; dafür werde ich später Euren Rat benötigen. Aber - woher kommt das Geld? Was hat mein Vater getan, um es zu verdienen?«
    Kornberger schüttelte den Kopf. »Das kann ich Euch nicht sagen, weil ich es nicht weiß.« Er blätterte in dem Kontobuch. »Es gibt Einzahlungen, Auszahlungen, Zinsberechnungen«, sagte er, »aber keine Angaben über Gründe oder Herkunft oder Ziele. Euer Vater scheint immer wieder Geld eingezahlt oder abgehoben zu haben, aber hier finden sich keine Anzeichen für Zahlungsanweisungen an ihn oder von ihm an andere.«
    Ich rieb mir die Schläfen; mein Kopf war wie betäubt von Zahlen. Von der Menge, dem Wohlstand? Dem Reichtum! Ich überlegte kurz; dann sagte ich: »Wer könnte mehr wissen? Und was ist die beste Möglichkeit, von diesem Geld etwas mitzunehmen, auf eine längere Reise nach Italien und vielleicht weiter?«
    Kornberger zögerte, blätterte wieder. »Offenbar hat sich in all den Jahren immer ein Schreiber um die Angelegenheiten Eures Vaters gekümmert, Franz Masinger. Aber er ist, wie ich bereits gesagt habe, schon lange nicht mehr bei uns. Für eine längere, weite Reise werdet Ihr sicher ein wenig Zehrgeld mitnehmen wollen, nicht wahr? Und Zahlungsanweisungen
an andere Banken - oder unsere Bankherren in anderen Städten.«
    Ich überlegte wieder, diesmal kürzer; schließlich bat ich ihn, mir zwanzig Anweisungen zu je fünfhundert Gulden ausfertigen zu lassen und weitere fünfhundert in bar vorzubereiten, die ich am nächsten Tag abholen würde.
     
    Fast fürchtete ich mich vor dem nächsten Gang. Wenn ich die in Wasser zerronnenen Kleckse auf den Papieren richtig las, gab es auch bei den Welsern Bankvorgänge. Ich ging zu Avram ins Brauhaus und fragte ihn, ob er wisse, wo sich das Bankhaus der Welser befinde.
    »Um die Ecke«, sagte er, »nicht weit. Was ist los? Du siehst aus, als ob dir ein siebenköpfiger Drache siebenfach in die Suppe gespuckt hätte.«
    »Später. Willst du hier noch ein wenig warten?«
    »Das Bier ist ganz trinkbar, auch so früh am Tag.«
    Ich ließ ihn bei seinem Humpen und begab mich in die Bank der Welser. Obwohl ich gewissermaßen vorbereitet war, fühlte ich mich abermals wie betäubt, als ich erfuhr, daß mein Vater auch dort mehr

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