Die Rache des Kaisers
als fünfundzwanzigtausend Gulden liegen hatte, die nun mein waren. Ich wies den Schreiber an, das Konto weiter zu führen und mir das Guthaben so zu bestätigen, daß ich notfalls in fernen Städten bei den dortigen Kontoren über Teile verfügen konnte; er versprach, das nötige Papier für den nächsten Morgen vorzubereiten.
Auch bei den Welsern konnte mir keiner sagen, woher das Geld stammte, wofür mein Vater es erhalten hatte. Immerhin fielen mir hier noch einige Fragen ein, die ich in meiner Benommenheit und Verblüffung bei den Fuggern nicht gestellt hatte.
Das Konto existierte seit 1505. Es wurde in Augsburg geführt,
wo mein Vater auch die meisten Ein- und Auszahlungen veranlaßt hatte. Aber nicht alle - andere waren in Köln, Frankfurt, Nürnberg, Mailand, Antwerpen, Rom, Barcelona, Paris und London vorgenommen und auf dem üblichen Kurierweg nach Augsburg gemeldet worden.
Und: Auch bei den Welsern hatte sich jahrelang - seit 1512 - ein Mann um die Geschäfte des seligen Georg Spengler gekümmert; er war vor fünf Jahren ausgeschieden.
»Wie heißt er?« sagte ich. »Wo wohnt er? Lebt er noch?«
Der mittelalte, gebeugte Schreiber hob die Hände. »Ich weiß es nicht, Herr; ich will mich erkundigen, wenn Ihr warten mögt.«
Er kam bald zurück, mit einem leicht verwirrten Ausdruck.
»Er könnte noch leben«, sagte er, »aber keiner weiß es. Seltsam ist, daß er, wie einer der alten Schreiber behauptet, oft auf Reisen war und bei seinen Aufenthalten in Augsburg immer nur jeden zweiten Tag hier gearbeitet hat. Gewohnt hat er hier.« Er reichte mir einen Papierfetzen, auf dem ein Hausname und eine Wegbeschreibung gekritzelt waren. »Und er heißt Franziskus Messing.«
Als ich zum Brauhaus zurückging, dachte ich darüber nach, ob Franz Masinger bei den Fuggern vielleicht ebenfalls gereist war und an den Tagen 1,3 und 5 gearbeitet hatte; und ob er im selben Haus gewohnt haben könnte wie Franziskus Messing, Welser-Schreiber an den Tagen 2,4 und 6.
»Wir müssen noch einen Gang erledigen«, sagte ich, als ich im Brauhaus ankam.
Avram trank aus und winkte dem Schankdiener, um zu bezahlen; ich sagte, das wolle ich übernehmen.
»Bist du zu plötzlichem Reichtum gelangt?«
»So könnte man es nennen.«
Ich zahlte, und wir traten hinaus auf die Gasse, um der gekritzelten Wegbeschreibung zu folgen.
»Was wollen wir da?«
»Ich will sehen, ob einer, der etwas über meines Vaters Geschäfte wissen könnte, noch da lebt.«
Avram blickte mich von der Seite an. »Größere Geschäfte? Bist du wirklich zu Geld gekommen?«
»Ziemlich groß, ja.«
»Bist du jetzt etwa wirklich reich?«
Ich nickte; mit einem etwas schrägen Lächeln sagte ich: »Stinkend reich.«
Avram rümpfte die Nase. »Wenn der Gestank überhandnimmt, werden Jorgo und ich dich gelegentlich waschen.«
Das Haus, in dem Franziskus Messing gewohnt hatte, befand sich außerhalb der Mauern in der südlichen Vorstadt, nicht weit von der alten Handelsstraße, die über Landsberg und Füssen nach Innsbruck führt. Natürlich gab es dort keinen Franziskus Messing mehr. Es gab jedoch einen alten Mann, der sich daran erinnerte, daß früher einer dort gewohnt habe, der oft länger nicht anwesend war.
Seine Reden waren einigermaßen umwegig, wurden aber bemerkenswert flüssig und zusammenhängend, als ich einen Gulden hochhielt. Plötzlich erinnerte er sich daran, daß der Mann vor etwa fünf Jahren die Wohnung endgültig aufgegeben habe und fortgezogen sei.
»Weißt du, wohin er gezogen ist?«
Der Alte grinste. »Wenn ich einen zweiten Gulden betrachten dürfte, könnte es mir wieder einfallen.«
»Einen halben.«
Er runzelte die Stirn. »Wenn mir noch etwas einfällt, könnte dann daraus ein ganzer werden?«
»Wenn es wichtig ist.«
Er nickte, sagte: »Wartet hier« und ging ins Haus; ich hörte ihn eine Weile kramen, und Avram pfiff dazu durch die Zähne eine unangenehme Begleitung. Als ich ihn eben bitten wollte, seine Mißklänge außer Hörweite spazierenzuführen, kam der Alte zurück. Er hielt etwas in der Hand, das wie eine Briefrolle aussah.
»Nachdem er weggezogen war«, sagte er, »ist dieser Brief gekommen. Ich weiß ja nur, daß er nach Venedig wollte, und ich habe den Brief geöffnet, weil ich dachte, vielleicht finde ich darin einen Hinweis. Ich konnte es aber nicht lesen, deshalb konnte ich ihn auch nicht weiterleiten. Immerhin, ich hab ihn all die Jahre aufgehoben.«
Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß der
Weitere Kostenlose Bücher