Die Rache des Marquis
über die Schulter. »Bestimmt wird er meine Entscheidung billigen.«
»Bestimmt nicht«, murmelte Harry. »Halt, Mädchen, ich muß dir noch was sagen!« Sie war bereits in der Halle angekommen, als er den Treppenabsatz erreichte. »Sie sind alle im Salon!« schrie er, während er die Stufen hinabpolterte.
Wie erstarrt blieb sie stehen, als sie die Tür öffnete und die Versammlung sah. Harry holte sie ein und ergriff ihren Arm. »Jetzt müssen wir alles richtig machen, Mädchen«, flüsterte er.
»Warum sind so viele Leute hier?« Jade kannte alle außer dem kleinen, kahlköpfigen Mann, der sich bei der Terrassentür postiert hatte. Er hielt ein Buch in der Hand und war in ein Gespräch mit dem Herzog und der Herzogin von Williamshire vertieft.
Caine unterhielt sich vor dem Kamin mit Lyon. Er mußte Jades Anwesenheit gefühlt haben, denn er wandte sich zu ihr, mit ernster Miene. Sofort sah er ihr an, daß sie nicht verstand, was hier vorging. Er wappnete sich gegen das Feuerwerk, dessen Ausbruch er befürchtete, und ging zu ihr.
»Ich fand keine Zeit, ihr’s zu erklären«, teilte Harry ihm mit.
»Das habe ich mir schon gedacht. Jade, meine Süße, wir werden …«
»Nein, ich sag’s ihr«, unterbrach ihn Harry. »Mädchen, die Verlobung wird kein ganzes Jahr dauern.« Sie schaute ihn mit ihrem unschuldigen Engelsblick an, und er umfaßte ihren Arm noch fester. »Ihr werdet heiraten.«
Vergeblich versuchte sie, sich loszureißen. »Wann?« flüsterte sie heiser.
Harry schnitt eine Grimasse. »Jetzt.«
Sie öffnete den Mund, um lauthals zu protestieren, aber Caine trat rasch vor sie hin und schirmte sie gegen das Publikum ab. »Wir können’s auf einfache Art machen, Jade – oder auf die harte Tour. Such dir’s aus.« Er beobachtete, wie sie in Panik geriet und zu zittern begann.
»Falls du den einfachen Weg wählst, gehen wir nun zum Priester und lassen uns trauen.«
»Und – die harte Tour?«
»Ich würde dich an den Haaren da hinüberzerren«, entgegnete Caine und setzte eine Miene auf, die keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit erlaubte. »So oder so, wir heiraten.«
»Caine …« Ihre angstvolle Stimme schnitt ihm ins Herz.
»Entscheide dich.«
»Ich werde dir nicht gestatten, mich zu verlassen«, wisperte sie. »Vorher verlasse ich dich.«
»Was faselst du da, Mädchen?« fragte Harry.
»Nun, wofür entscheidest du dich?« Caine ignorierte Jades Worte ebenso wie Harrys Einmischung.
Ihre Schultern hingen nach vom. »Für die einfache Art.«
»Gut.«
»Ich führe sie zum Priester«, verkündete Harry. »Nathan! Du folgst uns!«
»Einen Augenblick noch«, befahl Caine. Er ging zum Geistlichen und sprach mit ihm, während Jade bebend an der Tür stehenblieb und Harry die Herzogin mit lüsternen Blicken verschlang.
Caine gab dem Priester ein Papier, und dann war es soweit. Er bezog Stellung neben seinem Bruder, den er stützte, und Jade stand an seiner anderen Seite und mußte ebenfalls gestützt werden, von Harrys Arm.
Sie sprach das Ehegelübde zuerst, weil Caine es so verlangte. Und während er die Worte wiederholte, ließ er seine Braut nicht aus den Augen. Ihr Kopf war gesenkt, und als er verstummte, hob er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzuschauen. Sie wirkte so verängstigt und verwundbar. Tränen verschleierten ihren Blick. Er liebte sie so sehr und wollte ihr alles geben. Aber erst mußte sie lernen, ihm zu vertrauen.
Der Priester schloß die Bibel, faltete das Papier auseinander und begann zu lesen. »Versprechen Sie, bei Ihrer Frau zu bleiben, so lange Sie leben? Schwören Sie vor Gott und diesen Zeugen, sich nie von ihr zu trennen, bis daß der Tod Sie scheidet?«
»Ja«, antwortete Caine, und Jade starrte verblüfft auf das Papier. »Und jetzt die letzte Frage«, befahl er dem Geistlichen.
»Das ist irregulär«, wisperte der kahlköpfige Mann und wandte sich widerstrebend an Jade. »Versprechen Sie, ihrem Mann noch heute zu sagen, daß Sie in lieben?«
Sie lächelte strahlend. »Ja.«
»Nun dürfen Sie die Braut küssen.«
Bereitwillig machte Caine von dieser Erlaubnis Gebrauch, und als er sich aufrichtete, sagte er: »Jetzt gehörst du mir.« Zärtlich umarmte er sie. »Denselben Fehler mache ich nicht zweimal, Süße.«
»Ich verstehe nicht …« Sie war immer noch den Tränen nahe und rang verzweifelt nach Fassung. »Warum hast du den Priester nicht bewogen, auch mir das Versprechen abzunehmen, dich nie zu verlassen? Glaubst du, ich würde mein Wort
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