Die Rache des Marquis
eigenartig.«
Caine schüttelte den Kopf und umfaßte ihr Kinn. »Keineswegs. Ich will dich auch küssen.«
»Wirklich?«
Ihre Lippen fanden sich, und Jade schlang die Arme um Caines Nacken. Willig öffnete sie den Mund, um seine Zunge darin aufzunehmen. Er hatte nur einen kurzen Kuß geplant, aber seine Gefühle gerieten rasch außer Kontrolle. Seine Leidenschaft wuchs, und er konnte nicht genug von Jade bekommen.
»Caine, um Himmels willen! Dafür fehlt uns jetzt wirklich die Zeit …« Lyon war zurückgekehrt und sank wieder in seinen Sessel. Er beobachtete, wie sehr es seinem Freund widerstrebte, den Kuß zu beenden.
Um so schneller rückte Jade von Caine weg. Als sie Lyon ansah, waren ihre Wangen puterrot. Sein Grinsen veranlaßte sie, in ihren Schoß zu starren. Sie merkte, daß sie Caines Hand an ihre Brust preßte, und schob sie hastig beiseite. »Du vergißt dich!« rief sie.
Er beschloß, sie nicht darauf hinzuweisen, daß sie es gewesen war, die das Thema eines Kusses angeschnitten hatte.
»Jade, Sie müssen endlich alles sagen«, entschied Lyon.
»Am besten fangen Sie mit dem Brand an.«
»Ich will’s versuchen«, erwiderte sie, den Blick immer noch gesenkt. »Aber ich erschauere immer noch, wenn ich daran denke. Bitte, halten Sie mich nicht für eine schwache Frau. Das bin ich nicht.«
»Gewiß nicht. Ehe wir über die Feuersbrünste sprechen – können Sie uns die Hintergründe erklären? Ich meine – Ihre Vergangenheit …«
»Mein Vater war der Graf von Wakerfield. Diesen Titel trägt jetzt mein Bruder Nathan, zusammen mit ein paar anderen. Vater starb, als ich acht war. Wie ich mich entsinne, reiste er nach London, um jemanden zu treffen. Er kam zu mir in den Garten, um sich zu verabschieden.«
»Wenn du damals noch so klein warst – wieso kannst du dich daran erinnern?« fragte Caine.
»Papa war sehr aufgeregt. Das machte mir Angst, und vielleicht ist mir jener Tag deshalb so deutlich im Gedächtnis geblieben. Er wanderte auf dem Kiesweg hin und her, die Hände am Rücken verschränkt, und schärfte mir ein, wenn ihm irgendwas passieren würde, sollten Nathan und ich zu seinem Freund Harry gehen. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, packte er meine Schultern und schüttelte mich. Ich interessierte mich viel mehr für die Spielsachen, die er mir aus London mitbringen sollte.« Wehmütig fügte Jade hinzu: »Nun, ich war ja noch sehr jung.«
»Das bist du immer noch«, warf Caine ein.
»Aber ich fühle mich nicht jung.« Jade holte tief Atem und fuhr fort: »Meine Mutter verlor ich, als ich noch fast ein Baby war. An sie habe ich keine Erinnerung.«
»Und was geschah mit Ihrem Vater?« fragte Lyon.
»Er starb in seiner Kutsche – bei einem Unfall.«
»Also hatte er eine Vorahnung?«
»Nein – einen Feind.«
»Und Sie glauben, der Feind Ihres Vater ist jetzt hinter Ihnen her?«
»Nein, nein! Ich beobachtete, wie jemand getötet wurde. Und die Mörder sahen mich. Von meinem Vater habe ich nur erzählt, weil Sie mich aufgefordert haben, über meine Vergangenheit zu sprechen.«
»Tut mir leid, ich wollte keine falschen Schlüsse ziehen.«
»Und was ereignete sich nach dem Tod deines Vaters?« fragte Caine und fühlte sich seinem Freund weit überlegen. Lyon schaute ziemlich verwirrt drein, und Caine fand es erfreulich, nicht der einzige zu sein, den Jade durcheinanderbrachte.
»Nach dem Begräbnis nahm Harry uns zu sich. Und als der Sommer vorbei war, schickte er Nathan auf die Schule zurück. Wie es Vaters Wunsch gewesen wäre, sollte mein Bruder seine Ausbildung abschließen. Ich blieb bei meinem Onkel. Er ist nicht mein richtiger Onkel – und jetzt eher ein zweiter Vater. Auf dieser Insel war es immer so schön und friedlich. Und Onkel Harry behandelte mich sehr gut. Er war nie verheiratet, und er liebt mich wie eine Tochter. Von Anfang an kamen wir großartig miteinander aus. Trotzdem vermißte ich Nathan. In all den Jahren besuchte er uns nur ein einziges Mal.«
»Und dann?« drängte Caine, als Jade eine Pause machte.
»Ich kehrte nach England zurück, um Nathan und das Haus meines Vater wiederzusehen. Dort hatte mein Bruder einige Veränderungen vorgenommen. Wir trafen uns in London und fuhren direkt zu seinem Landsitz. Dort verbrachten wir eine wundervolle Woche und holten nach, was wir während der langen Trennung versäumt hatten. Danach wurde er weggerufen, wegen einer dringenden persönlichen Angelegenheit.«
»Weißt du, was das für eine Angelegenheit
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