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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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versuchen mußte, die Fährte der drei Samurai aufzunehmen, die Frau Shimizu hatten aufsuchen wollen. Doch eines stand für Sano fest: Wollte er den bundori- Mörder überführen, konnte er die Aussage Frau Shimizus nicht geheimhalten.
    »Wenn Ihr eine vertrauliche Erklärung unterschreibt, die ich dem Magistraten vorlegen kann, braucht Ihr nicht als Zeugin auszusagen«, schlug Sano vor. Wenn der Mörder erst gefaßt war, brauchte Frau Shimizu sich nicht mehr zu fürchten. Doch Sano vermutete, daß sie noch andere Gründe hatte, die Öffentlichkeit zu scheuen; deshalb kam ihr der Vorschlag, eine vertrauliche Erklärung abzugeben, sicher sehr entgegen.
    Nach einem langen Augenblick des Schweigens sagte Frau Shimizu: »Ja … also gut.« Dann seufzte sie tief und setzte ihren Bericht fort.
    »Der Abt des Tempels nahm meine Gabe entgegen und wies mir ein Zimmer in den Gästequartieren zu … aber ich konnte nicht schlafen. Ich habe meinen Mann schrecklich vermißt, und ich fragte mich, wie er sich fühlen würde, wenn er entdeckte, daß ich fortgegangen war. Würde er froh darüber sein? Oder traurig? Ich fragte mich, ob ich nicht einen Fehler gemacht habe. Ob mein Gatte mich eines Tages vielleicht wieder lieben würde, wenn ich nur lange genug wartete. Schließlich konnte ich den Gedanken nicht mehr ertragen, meinen Mann nie wieder zu sehen … Gegen Mitternacht schlich ich mich aus den Gästequartieren. Es war mir egal, daß ich den ganzen Weg zurück nach Nihonbashi zu Fuß gehen mußte, allein und im Dunkeln. Ich wollte nur eines: meinem Mann wieder nahe sein … selbst mit dem Wissen, daß er in den Armen seiner Konkubinen lag. Und …«
    Wieder strömten Tränen über das Gesicht der Frau und schwemmten noch mehr Schminke fort, so daß die welke Haut darunter zum Vorschein kam. »Er sollte nicht wissen, daß ich versucht hatte, ihn zu verlassen, aber nicht die Kraft dazu hatte. Dazu war mein Stolz zu groß«, flüsterte sie.
    »Ich verstehe«, sagte Sano sanft. Er wartete, bis Frau Shimizu sich wieder gefaßt hatte; dann hakte er nach: »Ihr habt also die Gästequartiere verlassen. Was geschah dann?«
    »Ich sah Mönche, die über das Gelände patrouillierten. Also hielt ich mich im Schatten der Gebäude, um nicht entdeckt zu werden … Dann gelangte ich zum inneren Bereich des Tempels … Der Vollmond stand am Himmel, und ein paar Laternen brannten, aber es war trotzdem sehr dunkel, und ich fürchtete mich. Und dann …«
    Frau Shimizu rang die Hände, die sie in den Schoß gelegt hatte. »Als ich um die Haupthalle herumrannte, um zum vorderen Tor zu kommen, bin ich über irgend etwas gestolpert und zu Boden gestürzt … Es war der tote Mönch!« Sie schluchzte unterdrückt, und ihr massiger Körper bebte. »Ich schrie und sprang auf. Dem Toten fehlte der Kopf … und seine Gewänder waren voller Blut … und ein Schwert ragte aus seiner Brust …«
    Sano blickte sie erstaunt an. Er hatte kein Schwert im Körper des Toten gesehen, und im Tempel hatte auch niemand erwähnt, irgendwo ein Schwert gefunden zu haben. Falls Frau Shimizu die Wahrheit sagte, was war dann mit der Waffe geschehen?
    »Ich wußte, daß der bundori- Mörder den Mönch getötet hatte«, fuhr Frau Shimizu fort und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Ich hatte Angst, er könnte sich noch irgendwo auf dem Tempelgelände aufhalten und auch mich ermorden. Ich hätte um Hilfe rufen sollen … oder zurück zu den Gästequartieren laufen müssen, um mich dort zu verstecken. Doch ich konnte nur daran denken, wie sehr ich mich nach Hause sehnte … Und daß ich eine Waffe brauchte, um mich zu schützen, deshalb … zog ich das Schwert aus dem Körper des Ermordeten.«
    Sie verdeutlichte die Szene, indem sie mit beiden Händen einen unsichtbaren Schwertgriff packte und daran zog, wobei sie das verzerrte Gesicht abgewandt hielt. Schließlich fuhr sie fort: »Ich schob mir das Schwert unter die Schärpe. Dann ging ich zur Tempelglocke, nahm den Hammer und schlug so fest zu wie ich konnte. Und dann bin ich zum Tor gerannt.«
    Also hatte der Abt richtig vermutet: Die geheimnisvolle Frau hatte die Glocke geläutet. Und was den bundori- Mörder betraf, mußte er beim Kampf beide Schwerter benützt haben, um der unerwarteten Gegenwehr des Mönchs begegnen zu können – und dann hatte er eines der Schwerter vergessen, als er mit dem Kopf seines Opfers geflüchtet war. Eine kleine Flamme der Hoffnung leuchtete in Sano auf. Vielleicht war das der

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