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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Ruf; dann erklangen schnelle Schritte. »Was ist geschehen? Seid Ihr verletzt?«
    Auf die Unterarme gestützt, hing Sano am Balken; Beine und Füße baumelten über dem Abgrund. Er schloß die Augen, stieß heftig den Atem aus, als der Schreck allmählich verebbte, und kam sich mit einem Mal lächerlich vor.
    »Alles in Ordnung«, rief er. »Schieb mich jetzt nach oben, ja?«
    Während Hirata Sanos Füße packte und in die Höhe drückte, zog Sano sich durch das Loch wieder zum Dachboden hinauf. Er stöhnte vor Schmerz, als die gesplitterten Bretter seine bereits aufgeschürften Beine zerkratzten. Als er sich wieder auf dem Dachboden befand, sah er seine Kerze. Sie war nicht erloschen, sondern lag im Ried, in dem bereits die ersten Flammen züngelten. Hastig packte Sano die Kerze und trat das Feuer aus. Dann rief er zu Hirata hinunter: »Ich glaube, ich habe etwas gefunden. Geh zur Leiter und komm ein Stück hinauf. Dann kannst du mir helfen, die Sachen nach unten zu schaffen.«
    Vorsichtig ging Sano zu dem Stapel hinüber, den er entdeckt hatte. Es waren zwei große Leinensäcke, die harte, schwere Gegenstände enthielten. Vorsichtig schleifte Sano die Säcke zur Öffnung in der Decke, damit Hirata sie über die Leiter in den zweiten Stock tragen konnte. Dann stieg er selbst hinunter, reichte Hirata die Kerze, hob den ersten Sack an und schüttelte ihn aus.
    Zwei quadratische Bretter von der Länge seines Unterarms sowie zwei spitze, eiserne Dornen mit flachen Enden fielen polternd und klirrend zu Boden. Die Dornen besaßen genau die richtige Länge, um einen abgetrennten Kopf auf einem der Bretter aufzuspießen.
    »Das ist von dem Mörder! Er ist hier gewesen!« Sano konnte seine wilde Freude kaum bezähmen, als er und Hirata einander angrinsten. Am liebsten hätte er seinen Jubel laut hinausgeschrien und wäre durchs Zimmer getanzt. Doch eine solche Zurschaustellung von Gefühlen war eines Samurai unwürdig; deshalb sagte er nur: »Laß uns nachsehen, was wir hier sonst noch haben.«
    Der zweite Sack enthielt einen Holzeimer und eine Werkzeugkiste. In dieser Kiste entdeckte Sano eine Säge, einen Hammer aus Eisen, Weihrauchstäbchen, einen Schmirgelstein sowie ein Töpfchen mit Wangenrot.
    »Seine Ausrüstung, um die Trophäen herzustellen«, sagte Sano atemlos.
    Hirata räusperte sich. »Ich habe auch etwas gefunden, sōsakan-sama .«
    Er führte Sano in das angrenzende Zimmer. Auf dem Boden lag zusammengerolltes, blau und weiß gemustertes Bettzeug, das neu aussah: Die Farben waren nicht verblaßt, und der Stoff war von der klammen Feuchtigkeit im Haus noch verschont, so daß die Sachen nicht lange hier liegen konnten. Der bundori- Mörder mußte das Bettzeug erst vor kurzem hierher geschafft haben – in Erwartung eines geplanten Mordes.
    »Gute Arbeit«, lobte Sano seinen Helfer, und Hirata ließ sein jungenhaftes Grinsen aufblitzen. »Wir werden die Sachen als Beweismittel mit nach Edo nehmen. Jetzt aber müssen wir uns auf das Erscheinen des Täters vorbereiten.«
    Sie packten die Geräte und Hilfsmittel des bundori- Mörders wieder ein und trugen sie nach unten ins Haus. Dann gingen sie nach draußen. Nur noch ein fahler, rötlicher Lichthauch war am westlichen Horizont zu sehen. Am kobaltblauen Himmel leuchteten die Sterne, und die Sichel des zunehmenden Mondes erstrahlte inmitten der funkelnden Lichtpunkte. Der Wind, der über das Sumpfland strich, war kalt und schneidend.
    Sano und Hirata brachten die Pferde ins Innere des Hauses – zum einen, damit der bundori- Mörder sie nicht entdeckte, zum anderen, um den Tieren Schutz vor dem Wetter zu bieten. Dann machten es sich die Männer in der Nähe der Eingangstür bequem und zogen wärmende Decken über ihre gefütterte Kleidung, um sich vor der Kälte zu schützen. Sie packten ihren Proviant aus und aßen heißhungrig im Licht der Kerzen: mochi – harte, klebrige Kuchen aus zusammengepreßtem Reis –, eingemachtes Gemüse sowie getrockneten Fisch. Dazu tranken sie Wasser aus Reiseflaschen. Schließlich löschte Sano die Kerzen, und die Männer hockten sich nieder, um auf das Eintreffen des bundori -Mörders zu warten.
    Die Stille war bedrückend, und die feuchte Kälte drang ihnen bis in die Knochen. Um die Zeit zu überbrücken und seine Neugier zu befriedigen, beschloß Sano, sich mit seinem jungen Untergebenen zu unterhalten, damit sie einander besser kennenlernten. Hiratas Tüchtigkeit, Ergebenheit und Klugheit waren für Sano eine erfreuliche

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