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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Unbesiegbarkeit erwächst, hatte er damit gerechnet, daß dieser Mord einfacher sein würde als die bisherigen und die Befriedigung größer. Er war sogar das unerhörte Risiko eingegangen, die Trophäe auf dem hervorgehobenen, für alle sichtbaren Ehrenplatz aufzustellen, den sie verdiente. Doch das Schicksal hatte sich gegen ihn verschworen. Er hatte einen Fehler begangen, der ihn die Freiheit, ja, das Leben kosten konnte und ihn womöglich um die Chance brachte, seine Mission zu vollenden, die er gerade erst begonnen hatte. Heute nacht hatte er kostbare und gefährliche Beweise am Schauplatz des Mordes hinterlassen.
    Der bundori -Mörder zog die Knie bis an die Brust und ballte die Hände so krampfhaft zu Fäusten, daß die Fingernägel sich in die Handflächen gruben. Seine zusammengepreßten Zähne bissen auf das empfindliche Fleisch an den Innenseiten seiner Wangen, bis er Blut schmeckte. Doch er ertrug den Schmerz, nahm ihn als Strafe für seine Dummheit und Feigheit auf sich – Schwächen, die Fürst Oda fremd gewesen waren. Oda hatte seine Schlachten brillant geplant und heldenhaft geführt; Angst war ihm fremd gewesen.
    Doch sehr viel schlimmer als der Fehler, das Beweisstück am Zōjō-Tempel zurückgelassen zu haben, war die Tatsache, daß ihn heute nacht jemand gesehen hatte – jemand, der ihn vielleicht wiedererkennen konnte. Wäre er doch bloß nicht zum Tempel zurückgekehrt! Er hätte aus seinen früheren, unerwarteten Schwierigkeiten lernen und sich danach richten müssen; sie waren ihm Warnung genug gewesen. Statt dessen hatte er stur an seinem ursprünglichen Plan festgehalten. Nun mußte er eine andere, riskantere Art von Mord begehen; denn ihm fehlte die Zeit, diesen Mord so sorgfältig zu planen wie die vorherigen. Aber er durfte keinen Zeugen am Leben lassen.
    Doch die Katastrophe der vergangenen Nacht war nicht seine einzige Sorge. Der sōsakan des Shōgun hatte die Sicherheitsvorkehrungen in Edo verstärkt, so daß es schwierig war, sich ungehindert in der Stadt zu bewegen. Er hatte den Mord an dem Eta entdeckt, den vermeintlich ›sicheren‹ Mord. Sano Ichirō deckte gefährliche Geheimnisse auf und ging ungeachtet aller Bedrohungen seinen Weg – darunter der Angriff durch den Meuchler, den der bundori- Mörder beauftragt hatte, Sano zu töten, um selbst mehr Zeit zu haben, die wirklich wichtigen Morde zu begehen. Der bundori- Mörder konnte spüren, wie das Netz, in dem er steckte, sich immer mehr zuzog.
    Ruhe dich jetzt aus, ermahnte er sich selbst. Sorge dafür, daß dein Mut und deine Kraft wieder erwachen, auf daß du die morgigen Schlachten führen kannst. Er schloß die Augen und zwang sich zu tiefer Konzentration, bis ihn endlich wieder die wundervolle Hitze der Lust an Krieg, Kampf und Tod erfüllte und alle Furcht verdrängte: Die geliebte Vergangenheit wurde wieder lebendig …

    Ein Sommertag vor einhundertundvierzehn Jahren. Das Schloß Nagashino wurde vom Takeda-Klan belagert. Fürst Odas Gewehrschützen knieten in Reihen vor einer Palisade. Ein Stück weiter vor ihnen standen Abteilungen von Fußsoldaten sowie berittene Krieger: der Köder für die Takeda. Hinter der Palisade wartete der bundori- Mörder mit der Hauptstreitmacht.
    Inzwischen war er einer von Fürst Odas führenden Generälen und befehligte ein Regiment Elitesoldaten. Obwohl niemand sich rührte oder einen Laut von sich gab, konnte der bundori -Mörder spüren, wie der heiße Wunsch zu siegen im Herzen eines jeden Kriegers brannte. Das Hufgetrommel der herannahenden Takeda-Armee wurde mit jedem Augenblick lauter. Der bundori -Mörder verspürte keine Furcht – nur glühende, leidenschaftliche Erwartung.
    Dann war die Takeda-Armee heran und verwickelte die Krieger jener Einheiten, die als Lockvögel dienten, in einen erbitterten Kampf Mann gegen Mann. Ungeduldig lauschte der bundori- Mörder den Rufen und Schreien, dem Klirren der Schwerter, dem Stampfen der Pferdehufe und dem Wiehern der Kriegsrosse. Er wappnete sich für das Unternehmen, das nun jeden Moment folgen mußte.
    Das Schlachtgetümmel verlagerte sich immer mehr in Richtung der Palisade, als die Einheiten, die als Lockvögel dienten, zurückwichen. Dann stürmten die feindlichen Truppen auf die Palisade zu. Plötzlich ließ donnerndes Gewehrfeuer die Luft erzittern. Das Hufgetrommel der feindlichen Reiterei geriet ins Stocken; aus den Rufen der Krieger wurden Schreie. Die Takeda waren in die Falle gegangen.
    Unmittelbar nach der ersten Salve

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