Die Rache des schönen Geschlechts
gemacht?«
»Das weiß ich nicht. Ich hab ihm die große Baracke aufgeschlossen, er ist reingegangen, und ich bin wieder hierher.«
»Und wie erklärst du dir, dass er am Tag des Unfalls nicht in der Baracke geblieben, sondern allein auf das Gerüst gestiegen ist?«
»Weiß ich doch auch nicht. Aber er ist schon mal rauf. Das hab ich gesehen.«
»Und was hat er da gemacht?«
»Mit dem Handy telefoniert. Er hat gesagt, dass das Handy unten in der Baracke nicht geht.«
Die Erklärung mochte durchgehen, wenn unten wirklich kein Empfang war. Aber dieses Handy konnte viel ans Licht bringen.
»Wer hat das Handy mitgenommen?«
»Keine Ahnung. ich hab's nicht neben dem Toten gesehen. Vielleicht hat's der Marisciallo.«
»Und wo warst du an dem Morgen, als Puka abstürzte?«
»Hier drin, Commissario. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen, ich hatte solche Zahnschmerzen, dass ich.«
»Und du hast keinen Schrei gehört?«
»Nein.«
»Auch nicht den Aufprall?«
»Überhaupt nichts.«
Er log immer weiter, dieser erbärmliche Wurm.
Montalbano konnte sich gerade noch beherrschen, ihm ins Gesicht zu treten, dieser Mann löste eine solche Lust auf körperliche Gewalt in ihm aus, dass er selbst erschrak. Er verschwand besser so bald wie möglich aus dieser Baracke.
»Was hatte er an, als er auf dem Gerüst telefonierte? Arbeitsklamotten?«
»Ich glaub, er war umgezogen. ja ja, jetzt wo ich's mir überlege, bin ich sicher, dass er sich zur Arbeit umgezogen hatte.«
»Gut«, sagte der Commissario und ging an die Tür.
»Was ist? Verhaften Sie mich nicht?«
»Heute nicht.«
Der Mann sprang auf, trat dem Commissario in den Weg, bückte sich, nahm Montalbanos Hand und fing an, sie zu küssen, wobei er ihm den Handrücken voll sabberte. Angeekelt hob der Commissario ein Knie und schlug es dem Mann mit aller Kraft ans Kinn. Peluso kippte bewusstlos nach hinten. Montalbano stieg über ihn drüber und kam endlich an die frische Luft.
Während der verfluchten Fahrt von der Baustelle bergauf ging ihm durch den Kopf, was Peluso gerade erzählt hatte. Zumindest eines war, falls es der Wahrheit entsprach, sonderbar. Aus welchem Grund war Puka zum Telefonieren auf das Gerüst gestiegen? Der Wachmann hatte gesagt, in der Baracke gebe es keinen Empfang, na gut. Aber warum musste Puka in diesem Augenblick unbedingt von da oben telefonieren? Hätte er das Handy nicht benutzen können, bevor er auf die Baustelle kam? Er hätte zu Hause telefonieren können oder irgendwo unterwegs, als er mit dem Moped von Montelusa nach Tonnarello fuhr. Montalbano war mittlerweile auf dem
Hügel angekommen und blickte von oben noch mal auf die Baustelle zurück. Und augenblicklich begriff er, warum Puka, obwohl er auf der Hut sein musste, um bei seinen Arbeitskollegen keinen Verdacht zu erregen, scheinbar so leichtsinnig gehandelt hatte. Er war dazu gezwungen gewesen, der arme Kerl, er hatte keine Wahl gehabt.
Inzwischen war es halb acht. Der Commissario raste nach Montelusa, aber als er an dem Haus ankam, in dem sich das Büro von Alfredo Corso befand, war der Eingang verschlossen. Montalbano klingelte an der Sprechanlage, aber niemand meldete sich. Er fluchte, Corsos Telefonnummer zu Hause hatte er nicht, aber dort hätte er sowieso nicht angerufen, denn möglicherweise war der Bauunternehmer von seiner kurzen Reise zurück und ging selbst an den Apparat. Was tun? Der Commissario brauchte die Informationen wie die Luft zum Atmen. Stocksteif stand er vor der Tür, als sie aufging und Caterina Corso erschien. »Commissario!«
Es fehlte nicht viel, und Montalbano hätte sie umarmt und geküsst.
»Wie schön, Sie zu sehen!«, entfuhr es ihm. Caterina war eben eine Frau. Und deshalb ging ihr Gesicht in einem strahlenden Lächeln auf. »Wollten Sie zu mir?«
»Ja. Bitte entschuldigen Sie, aber ich musste einfach zu Ihnen.«
Caterina strahlte noch mehr.
»Glauben Sie mir, ich brauche ganz dringend einige Informationen. Ich weiß, dass Sie nach Hause wollen, aber.«
Caterinas Lächeln erlosch jäh wie eine durchgebrannte Glühbirne. Sie trat beiseite. »Ist schon gut, kommen Sie herein.«
Im Aufzug sagte sie: »Mein Mann hat angerufen.«
»Haben Sie ihm von Puka erzählt?«
»Das war nicht nötig. Er hat durchblicken lassen, dass er es bereits wusste. Er war nicht besonders mitteilsam, ich glaube, er rief aus dem Ausland an.«
Während sie auf dem Treppenabsatz mit den Schlüsseln hantierte, sagte sie noch, sie habe ihm auch von ihrem
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