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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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hatte, fest um die Schulter zu binden. Schon schwieriger war es, Catarella nach Hause zu schicken: Er hatte sogar vorgeschlagen, auf dem Sofa zu schlafen.
    »Dottori, wenn Sie mich dann in der Nacht dringend brauchen, dann bin ich schon da und helf Ihnen!«
    Als er endlich allein war, verspürte er plötzlich Hunger, aber im Kühlschrank fand er nicht viel: harten Käse, schwarze und grüne Oliven. Besser als gar nichts. Seine Haushaltshilfe Adelina, die man mit viel gutem Willen als richtige Haushälterin bezeichnen konnte, glänzte seit einer Woche nicht gerade mit kulinarischem Einfallsreichtum, denn ihre Söhne, zwei Delinquenten, saßen wieder mal hinter Gittern, und sie musste ihre Enkel hüten. Montalbano beschloss, beim Essen zu arbeiten. Er stellte Käse, Oliven und Wein neben die von Catarella ausgedruckten Seiten auf den Tisch. Aus der Schublade holte er noch fünf Blatt Papier und einen Bleistift. Nach zwei Stunden Arbeit waren die fünf Blätter beschrieben, und sie bestätigten, was er sich schon gedacht hatte. Er staunte, wie einfach im Grunde alles war: Man musste nur nachdenken. Den richtigen Gedanken zu finden war schon um einiges schwieriger. Dann zu beweisen, wie all das, was in den Unterlagen stand, zusammenhing, war nicht seine, sondern die Aufgabe des Maresciallo. Er konnte ihm allerhöchstens ein bisschen helfen.
    Bevor er ins Bett ging, rief er Livia an. Er war zärtlich, liebevoll, ihr zugetan. Irgendwann konnte Livia nicht mehr an sich halten.
    »Ich komme zu dir, ich fliege Freitagabend.«
    Als er dann im Bett lag, las er ein paar Seiten Herz der Finsternis von Conrad, das er hin und wieder zur Hand nahm. Als er müde wurde, löschte er das Licht. Das letzte Bild, das an seinen Augen vorüberzog, war Caterina Corso. Und da wusste er, warum er auf so niederträchtige, gemeine Art zärtlich zu Livia gewesen war. Es war sein schlechtes Gewissen. Er schimpfte mit sich.
    Am folgenden Morgen nahm er den Wickel ab, die Schmerzen waren wie weggeblasen, er konnte die Schulter frei bewegen. Der Tag war klar und heiter. Bevor er nach Montelusa fuhr, um den Maresciallo zu treffen, schaute er im Kommissariat vorbei. Catarella stürzte sich auf ihn, packte ihn am Arm, zog das Ohr des Commissario zu seinem Mund und flüsterte: »Und, was sagen Sie?«
    »Worüber denn?«
    »Über was wir zwei gestern Abend miteinander gemacht haben«, sagte er anzüglich und grinste selig. Gottlob war niemand in der Nähe, sonst hätte man den Eindruck haben können, dass er und Catarella abends zuvor unanständige Sachen gemacht hatten. »Alles in Ordnung.«
    »Wieder gut?«
    »Vollkommen.«
    Catarella wieherte vor Glück. Kaum war Montalbano in seinem Zimmer, kam Fazio ganz zerknirscht herein. »Dottore, ich wollte Sie um Entschuldigung bitten.«
    »Weswegen?«
    »Weil ich mich so dumm benommen habe. Dottor Augello hat mit mir gesprochen, und er hat mir klar gemacht, dass ich im Unrecht war.«
    »Reden wir nicht mehr darüber. Irgendwelche Neuigkeiten?«
    »Ja. Gestern Abend und heute Morgen hat es zwei schwere Raubüberfälle gegeben. Den ersten im.«
    »Sag's Augello, kümmert ihr euch drum«, fiel Montalbano ihm ins Wort. »Ich hab noch was zu erledigen.«
    Fazio sah ihn an. Da wusste der Commissario, dass Fazio wusste: Was auch immer er zu erledigen hatte, er tat es im Einvernehmen mit den Carabinieri. »Na gut«, sagte Fazio und breitete resigniert die Arme aus.
    Verruso, in Zivil, wartete schon bei dem Telefon auf ihn. Er sah blass und krank aus. »Wie geht es Ihnen, Maresciallo?«
    »So la la. Gehen wir in eine Bar hier in der Nähe, Dottore? Sie gehört Freunden von mir, und ich bin oft dort, da können wir in Ruhe reden.«
    Unterwegs sagte der Maresciallo:
    »Heute Morgen habe ich einen seltsamen Anruf von meinem Kommando bekommen. Man hat mir mitgeteilt, die Präfektur werde sich um alle weiteren Angelegenheiten im Zusammenhang mit Pukas Leichnam kümmern und ich dürfe zu den albanischen Vertretungen keinen Kontakt mehr haben. Ich verstehe den Grund nicht.«
    »Weil Puka, oder wie er auch hieß, kein Bauarbeiter war, was wir schon wussten, sondern einer von uns.«
    »Von uns?«, fragte Verruso und blieb so unvermittelt stehen, dass ein Mann, der hinter ihm ging, in ihn hineinlief. »Digos, Antimafia, verdeckter Ermittler bei den
    Carabinieri, keine Ahnung. Man hat ihn geschickt, weil man den Verdacht hatte, dass hinter dem einen oder anderen Unfall ein Mord steckte. Es ist ihm gelungen, sich einzuschleusen,

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