Die Rache des Stalkers
Haag.
»Da hat er keine Chance«, murmelte Hoffmann konzentriert.
Zander probierte es trotzdem.
Bis zur Auffahrt waren es noch einhundert Meter. Der Volvo steuerte nach rechts, touchierte das zivile Polizeifahrzeug und geriet ins Schleudern. Er schlitterte auf die Mauer zu, die die Auffahrt von der Straße trennte. Krachend prallte der Wagen auf den Beton. Der Kombi faltete sich wie ein Spielzeug zusammen.
Hoffmann bremste ab. Von hinten kam ein Streifenwagen angerast und sicherte die Straße. Haag sprang mit gezogener Waffe aus dem Auto und rannte auf das Wrack zu. Hoffmann folgte ihm, doch als er das zersplitterte Glas und die eingedrückte Wagenfront von Nahem begutachtete, steckte er seine Pistole ein. Aus diesem Blechhaufen würde niemand lebendig klettern. Haag bestätigte seine Vermutung, indem er sich zu ihm umdrehte und den Kopf schüttelte.
8
Während Anja und Nadine auf den Durchsuchungsbefehl warteten, befragten sie die Frau, die mit Zander gegangen war. Ihre Aussage erhärtete den Verdacht gegen ihn. Offensichtlich hatte er immer wieder die gleiche Masche benutzt und viel zu oft Erfolg gehabt. Vier Frauen waren wegen ihrer Leichtsinnigkeit und der Aussicht auf Ruhm ums Leben gekommen. Zumindest tröstete Anja der Gedanke, dass er nun keine Opfer mehr in seine Gewalt bringen konnte. Sein Tod war mittlerweile festgestellt worden.
Zwanzig Minuten vor zehn war es so weit: Sie erhielten den Durchsuchungsbefehl. Da auch ein Toter Rechte besaß, hatten sie sich gedulden müssen. Das Präsidium konnte es sich nicht leisten, von Verwandten wegen unerlaubtem Betreten der Wohnung verklagt zu werden. Weil Anja nicht bis zum nächsten Morgen ausharren konnte, hatte Wagner sofort alles Nötige veranlasst. Nun mussten sie Beweise für seine Schuld finden. Außerdem erhoffte sich die Kommissarin Hinweise auf das Versteck der drei Leichen, denn sie wollten den hinterbliebenen Eltern die Beerdigung ihrer Kinder ermöglichen.
Mit vier Mitarbeitern der Spurensicherung machten sie sich schließlich auf den Weg zu Zanders Wohnung.
***
Frustriert sah Frank, wie Anja aus dem Präsidium trat und zu ihrem Wagen eilte. In ihrem Schlepptau befanden sich einige Kollegen, wahrscheinlich waren sie auf dem Weg zu einem Tatort.
Als sie etwa eine Stunde zuvor ihre Bleibe verlassen hatte, war er sich sicher gewesen, endlich herauszufinden, mit wem sie ihn betrog. Erst wenn er wusste, wer ihn abgelöst hatte, konnte er dagegen etwas unternehmen, damit sie bald wieder ihm gehörte. Jetzt gestand er sich ein, an diesem Abend lediglich seine Freizeit unnütz vertan zu haben. Der zu kurz kommende Schlaf in den letzten Tagen machte ihn reizbar. Zudem war eine Kneipentour mit seinen Freunden längst überfällig, für die heute eine gute Gelegenheit gewesen wäre.
Wütend über diese verpasste Chance startete er seinen Motor, nachdem sich Anja vom Präsidium entfernt hatte. Auf dem Heimweg versuchte er vergeblich, seine Enttäuschung durch ein viel zu hohes Tempo abzureagieren.
***
Aufmerksam blickte sich Anja in der ehemaligen Fabrikhalle um. Der riesige Raum maß mindestens vierzig Meter in der Länge und zwanzig in der Breite. Zander hatte sich insgesamt vier Abschnitte eingerichtet und zwischen den einzelnen Teilen viel Platz gelassen. Zunächst fiel ihr die Ecke auf, in der er sein privates Fotostudio aufgebaut hatte. Sie malte sich aus, wie er die Frauen durch Versprechungen, die in irgendeiner Weise mit der Kooltur zusammenhingen, hierher gelockt hatte. Vor allem sprach die durchsichtige Plastikfolie auf dem Boden Bände. Das erste Opfer war eingewickelt in eine solche Folie gefunden worden. Anja schauderte und schickte einen Beamten der Spurensicherung in diesen Bereich, da sich dort vielleicht etwas finden ließ, das Zander überführte. Auch wenn der Bodenbelag auf sorgfältige Planung hindeutete.
Gemeinsam mit Nadine ging sie in die Küchenecke. Die aufgefundene Leiche war voller Schnittwunden gewesen. Stammte das Messer eventuell aus dieser Kochnische?
Eine Tür führte in den abgetrennten Sanitärbereich, den die Kollegen sich ebenfalls vornehmen mussten. Vielleicht hatte sich der Mörder das Blut seiner Opfer von den Händen gewaschen und es waren noch winzige Partikel vorhanden, die ihren Verdacht untermauerten.
Danach nahm Anja die nüchtern gehaltene Schlafecke in Augenschein, in der nur ein Bett stand, über dem ein Kunstdruck des Gemäldes ›Guernica‹ von Picasso an der Wand hing. Zuletzt inspizierte sie
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