Die Rache des Stalkers
Radio laufenden Liedes trommelte sie auf das Lenkrad und steuerte die nächste Kreuzung an. Hier musste sie nach links abbiegen und schon nach einer Parkmöglichkeit Ausschau halten. Die Ampel sprang von Grün auf Gelb, während Julia noch fünfzehn Meter entfernt war. Für den Bruchteil einer Sekunde spielte sie mit dem Gedanken, zu bremsen. Dann entschied sie sich anders und drückte aufs Gaspedal. Mit quietschenden Reifen überfuhr sie bei Gelb die Haltelinie.
***
»Mist!«, fluchte der Mann.
Er hatte in den letzten Minuten kontinuierlich den Abstand verkürzt, da sie sich dem Ende ihrer gemeinsamen Fahrt näherten. Doch nun überquerte sie bei Gelblicht die Kreuzung. Hielt er an, verlor er sie unter ungünstigen Umständen aus den Augen.
Vielleicht schaffe ich es, sprach er sich Mut zu und beschleunigte.
Die Ampel sprang auf Rot, kurz darauf flammte das Blitzlicht des Starenkastens auf.
»Scheiße! Verdammte Scheiße!«
Da er seinem Mädchen die volle Aufmerksamkeit schenken musste, blieb ihm keine Zeit, sich wegen dieser Komplikation Sorgen zu machen.
***
Langsam rollte Julia an den geparkten Autos vorbei.
»Lass mich einmal Glück haben. Nur heute Abend«, flüsterte sie, aber es war wie fast jedes Mal ein unerfüllt bleibender Wunsch. In dieser Wohngegend gab es zu wenige Parkflächen. Deswegen existierte für die Tiefgaragenplätze eine ellenlange Warteliste, trotz einer monatlichen Miete von achtzig Euro.
Im Rückspiegel fiel ihr ein anderer Wagen auf.
»Die erste Parklücke gehört mir«, sagte sie, sich selbst aufmunternd, obwohl sie es hasste, unter Beobachtung zu manövrieren.
Sie kam an einer Kreuzung innerhalb der Häuserschluchten zum Stehen und fuhr nach rechts. Nachdem sie weiterhin keine freie Lücke fand, hielt sie vor der Zufahrt zu einem kleinen, schlecht einzusehenden Parkplatz an.
»Ja!«, freute sie sich, kaum dass sie die unbesetzte Fläche registriert hatte.
***
Sein Herz raste. Rasch stellte er sein Auto vor eine Einfahrt. Um diese Uhrzeit rechnete er nicht damit, jemandem im Weg zu sein. Alles würde nur wenige Minuten dauern. Er stieg aus und eilte geduckt auf ihren Wagen zu. In seiner linken Hand hielt er das Klebeband.
***
Julia öffnete die Autotür. Sie kletterte aus dem Inneren, als sie ein Geräusch hörte. Instinktiv blickte sie über ihre Schulter und erschrak wegen einer heranhuschenden Gestalt. Der Schlüsselbund rutschte ihr aus den Fingern. Ohne Vorwarnung schlug ihr der Mann mit der Faust ins Gesicht. Sie stöhnte vor Schmerz auf und spürte, wie er ihr etwas auf den Mund presste. Gleichzeitig drückte er sie fest an sich. Von dem Schlag benommen, versuchte sie sich zu wehren. Ihre Hand griff nach seinem Gesicht, doch er stieß sie von sich. Julia taumelte nach hinten und stürzte zu Boden. Der Angreifer warf sich auf sie, krallte seine Finger in ihre Haare, riss ihren Kopf ein Stück hoch und ließ ihn dann auf den Asphalt knallen. Erneut ächzte Julia schmerzerfüllt. Ihr wurde schwarz vor Augen. Einen Moment kämpfte sie gegen die Bewusstlosigkeit. Als ihr Kopf ein zweites Mal aufschlug, verlor sie den Kampf.
***
Heftig atmend betrachtete er die Frau. Für kurze Zeit war sie außer Gefecht gesetzt. Widerstandslos konnte er sie zur Seite drehen und ihr die Hände zusammenbinden. Aufs Höchste erregt, packte er sie, schleifte sie zu ihrem Auto, öffnete die unverschlossene Tür und warf sie hinein. Dabei rutschte ihr Kleid hoch. Beim Anblick des nackten Fleisches ergoss er sich in seine Unterhose. Wie ein verwundetes Tier heulte er auf und begab sich in das Fahrzeug. Seine Hände schlossen sich um ihren Hals. Er kam sich betrogen vor. Wieder einmal.
»Du verdammtes Miststück!«, fluchte er und schnürte ihr die Luft ab. »Du miese Schlampe!«
Einige Minuten später hatte er sich beruhigt. Ihr Körper lag leblos neben ihm, die Scheiben waren von innen leicht beschlagen. Er spürte die unangenehme Nässe in seiner Hose. Das hatte er sich alles anders vorgestellt, nur war es jetzt zu spät, etwas daran zu ändern. Mit einem Finger fuhr er ihren Schenkel hoch und berührte ihre rasierte Vagina, ohne eine Regung zu empfinden.
Er musste sich beeilen. Sein Wagen blockierte eine Einfahrt. Der Mann stieg aus und entfernte sich vom Tatort. Zunächst musste er einen noch nicht völlig überfüllten Müllcontainer finden, der am Straßenrand auf die morgige Leerung wartete.
Kaum hatte er den ersten überprüft, sah er ein Pärchen, das sich ihm näherte.
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