Die Rache des stolzen Griechen
sind? Als würden Sie befürchten, ich könnte nicht bis Samstag warten, um Sophronia zu rächen.“
„Ich will überhaupt nicht, dass es so weit kommt, das wissen Sie selbst. Im Übrigen“, fügte sie mit einem kleinen spöttischen Auflachen hinzu, das sie selbst erstaunte, „fällt heutzutage keine Frau mehr in Ohnmacht, wenn sie in den Armen eines Mannes liegt.“
Aus zusammengekniffenen Augen schaute Lazar sie an.
Clare hatte das Gefühl, ein wenig die Oberhand zu gewinnen. Zumindest passte ihre Erklärung zu dem Eindruck, den er von Engländerinnen hatte.
„Bestimmt hat es nur an der Hitze gelegen. Die bin ich nicht gewohnt“, redete sie rasch weiter und beglückwünschte sich dabei zu ihrem Einfall.
Lazar musterte sie stumm. Zu gern hätte sie gewusst, was in ihm vorging.
„Dann haben Sie also keine Angst vor Männern?“, fragte er mit einer Stimme, die plötzlich ganz weich klang.
„Natürlich nicht“, versicherte sie von oben herab, wurde aber sofort wieder misstrauisch, als er aufstand, sie ansah und wie beiläufig sagte: „Gut. Dann brauche ich keine Skrupel zu haben, wenn Sie zu mir ins Zimmer kommen.“ Er lächelte gönnerhaft. „Bleiben Sie nicht mehr zu lange am Strand. Es tut Ihnen anscheinend nicht gut.“
Nachdem er gegangen war, saß Clare noch eine Weile da. Allmählich fand sie wieder zu sich selbst zurück und rief sich ins Gedächtnis, was in den letzten Minuten geschehen war. Gestern Abend hatte Lazar bezweifelt, dass sie keinen festen Freund hatte. Glaubte er ihr nun, nachdem sie ihm versichert hatte, keine Angst vor Männern zu haben?
Sie stand auf und ging langsam den Pfad zur Villa zurück. In ihrem Zimmer angelangt, stellte sie sich gleich unter die Dusche. Sie spülte den Badeanzug, den sie ganz sicher nie mehr tragen würde, gründlich aus und zog ihr Kleid wieder an.
Für den Rest des Tages blieb sie in ihrem Zimmer, damit sie Lazar nicht begegnete. Als Phoebe kam, um sie zum Lunch zu holen, gab sie vor, sie fühle sich nicht wohl und wolle nichts essen. Tatsächlich hatte sie großen Hunger, aber das war nicht so schlimm, wie Lazar sehen zu müssen.
Der Nachmittag zog sich schier endlos dahin. Clare knurrte der Magen. Doch lieber würde sie auch noch auf das Abendessen verzichten, als Lazar Vardakas am Tisch gegenüberzusitzen.
Kurz nach sieben Uhr stand er plötzlich bei ihr im Zimmer. Auch diesmal hatte er es nicht für nötig gehalten, anzuklopfen.
„Wie fühlen Sie sich jetzt?“, erkundigte er sich. Clare wunderte sich über den teilnahmsvollen Klang seiner Stimme. Er war doch nicht etwa ernsthaft um das Wohlergehen seines Entführungsopfers besorgt?
„Besser“, hörte sie sich gegen ihren Willen sagen, obwohl sie die Leidende noch ein wenig länger zu spielen beabsichtigte.
Er nickte zufrieden. „Ausgezeichnet. Da Sie nicht zum Lunch erschienen sind, habe ich Anweisung gegeben, das Dinner früher zu servieren. Wir können in einer Stunde essen.“
„Ich habe keinen Hunger“, lehnte Clare ab.
Sofort verwandelte sein Gesicht sich wieder in diese kalte Maske. „Sie werden etwas essen“, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Missbilligend blickte er auf ihr zerknittertes Kleid. „Gehen Sie, und ziehen Sie sich um. Bestimmt fühlen Sie sich besser, wenn Sie sich frisch gemacht haben.“
„Nein, ich möchte nicht …“, begann sie, doch sein drohender Blick ließ sie verstummen.
„Wollen Sie, dass ich Sie eigenhändig in die Wanne werfe, Sie wasche, abtrockne und anziehe? Dazu bin ich nämlich durchaus in der Lage.“
Clare traute es ihm ohne Weiteres zu. Wütend schaute sie ihn an. „Ach, verschwinden Sie!“, fuhr sie ihn an. „Ich habe genug von Ihrem rechthaberischen Getue!“
Ihre ganze Haltung drückte Aufbegehren aus. Als sie seinen belustigten Gesichtsausdruck sah, ärgerte sie sich noch mehr. Amüsierte er sich etwa über ihren Temperamentsausbruch? Wortlos verschwand sie im Bad und schlug die Tür hinter sich zu.
Dass sie den Mut aufgebracht hatte, so mit ihm zu reden, verschaffte Clare eine ungemeine Genugtuung. Sie wartete noch, bis die äußere Tür zugefallen war, dann ging sie ins Zimmer zurück, um frische Wäsche und eins ihrer Kleider zu holen, das Phoebe freundlicherweise gewaschen und gebügelt hatte.
Später, auf dem Weg ins Esszimmer, kehrte ihre alte Angst zurück. Bald würde es dunkel sein, und das Schicksal, das sie erwartete, würde ihr noch schlimmer erscheinen als am Tag. Sie fürchtete sich
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