Die Rache des stolzen Griechen
Verdeck zu überprüfen. Clare befürchtete schon, er würde weiterfahren, ohne sie bemerkt zu haben, da wandte er den Blick und bedeutete ihr mit einer Handbewegung einzusteigen.
Die erste halbe Stunde der Fahrt verlief in bedrückendem Schweigen. Wahrscheinlich liegt es nur an mir, dachte Clare und versuchte, sich zu entspannen. Vergeblich. Aber auch Lazar trug mit seiner schlechten Laune nicht gerade zu einer freundlicheren Atmosphäre bei. So konzentrierte sie sich auf die wunderschöne bergige Landschaft, durch die sie fuhren.
Nach einer Weile ließ der Regen nach, und die Wolkendecke brach auf. „Sieht aus, als wollte der Himmel sich aufklaren“, bemerkte Clare, da sie das Schweigen nicht länger ertrug.
Lazar antwortete nicht gleich. Sein Blick war auf die scharfe Kurve vor ihnen gerichtet. Clare wollte es schon aufgeben, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, da ging er doch noch auf ihre Bemerkung ein.
„Das hatte ich auch gehofft. Sobald das Wetter besser ist, öffnen wir das Verdeck.“
Sollte das bedeuten, dass sie länger unterwegs sein würden als nur zu einer kleinen Rundfahrt? Clare spürte, wie ihre Anspannung ein wenig nachließ. Immerhin hatte er ihr geantwortet. Vielleicht war er doch nicht so schlecht gelaunt, wie sie angenommen hatte.
Eine halbe Stunde später hatten sie einen größeren Ort namens Moudania erreicht. Nachdem sie über den belebten Marktplatz mit seiner ausladenden Platane in der Mitte gefahren waren, lenkte Lazar den Wagen hinunter zum Hafen und parkte ihn dort.
„Was halten Sie davon, wenn wir uns ein wenig die Beine vertreten?“, schlug er vor. Dabei schaute er sie so freundlich an, dass es Clare ganz warm ums Herz wurde.
„Eine prima Idee“, meinte sie und öffnete die Beifahrertür.
Seite an Seite schlenderten sie wenig später an der Kaimauer entlang. Fasziniert betrachtete Clare die vielen verschiedenen Fischerboote mit ihren bunten Laternen. Es musste hübsch aussehen, wenn sie am Abend oder am frühen Morgen, wenn es noch dunkel war, mit ihrem Fang hereinkamen.
Im Hafen wimmelte es von Touristen. Hier und da schnappte Clare englische Wortfetzen auf. Dann entdeckte sie zwischen den Fischerbooten eine kleine Jacht, an deren Mast der Union Jack flatterte. Clare ging förmlich das Herz auf. Lächelnd wandte sie sich Lazar zu.
Erst schaute er sie verwundert an, dann fiel sein Blick auf die britische Flagge, und er erwiderte ihr Lächeln. „Bekommen Sie Heimweh, wenn Sie den Union Jack sehen?“
Clare musste erst einen Moment lang darüber nachdenken. Nein, der Anblick hatte seltsamerweise kein Heimweh in ihr ausgelöst. Er hatte sie nur froh gemacht und bewirkt, dass sie sich nicht mehr ganz so verloren fühlte in diesem fremden Land.
„Nein“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. Plötzlich verspürte sie ein merkwürdiges Gefühl, als Lazar über ihre Antwort erleichtert schien und sie erneut anlächelte.
Nach ihrem Besuch im Hafen besserte sich nicht nur das Wetter, sondern auch die Stimmung zwischen ihnen. Lazar neckte sie sogar ein wenig, als sie Interesse an den einheimischen Tavernen zeigte und er sie fragte, ob sie Touristin spielen und einen Streifzug durch die Lokale machen wolle.
„Haben die denn schon auf?“, wunderte Clare sich.
Statt zu antworten, nahm Lazar sie am Arm und überquerte mit ihr die Straße. Auf der anderen Seite war eine Taverne, wo man draußen sitzen konnte. Sie ließen sich an einem der Tische nieder und bestellten Kaffee.
Anschließend kehrten sie zum Auto zurück. Lazar öffnete das Verdeck, denn inzwischen war kein Wölkchen mehr am strahlend blauen Himmel zu sehen. Plötzlich fand Clare es herrlich, neben ihm zu sitzen und mit ihm durch die Gegend zu fahren. Er fuhr gemächlich dahin, damit sie die herrliche Landschaft auch genießen konnte. Clare spürte, wie etwas in ihr zu neuem Leben erwachte. Sie war schon oft mit Kit in seinem Cabrio mitgefahren, doch sie hatte sich noch nie so wundervoll gefühlt wie jetzt.
In dem offenen Wagen spürte man die Hitze kaum. Der Fahrtwind ließ ihr Haar flattern und zauberte eine sanfte Röte auf ihre Wangen. Begeistert ließ sie ihren Blick umherschweifen.
An jeder Straßenkreuzung befanden sich blumengeschmückte Bildstöcke mit Heiligentafeln. Es erstaunte Clare, auf einigen Feldern Baumwolle wachsen zu sehen.
Ein Bauer hatte am Straßenrand einen Stand mit Wassermelonen aufgebaut in der Hoffnung, dass einige Autofahrer anhalten und seine Produkte kaufen würden.
Nach einer
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