Die Rache des stolzen Griechen
Füßen, und das Wasser reichte ihr bis zum Kinn. Wild ruderte sie mit den Armen und klammerte sich an ihm fest.
„Seien Sie nicht so verkrampft, Clare“, sagte er. „Ich lasse Sie bestimmt nicht fallen.“
Schließlich fasste sie Vertrauen, und bald darauf genoss sie das Gefühl, mit den Beinen frei rudern zu können, auch wenn es nicht sehr graziös aussehen mochte.
Aufmerksam befolgte sie seine Anweisungen. Dabei konzentrierte sie sich so angestrengt auf ihre Bewegungen, dass sie seine Hände auf ihrem Körper völlig vergaß. Als er schließlich verkündete, der Schwimmunterricht sei zu Ende, machte sie vor Enttäuschung eine unkontrollierte Bewegung, auf die er nicht gefasst war. Für einen kurzen Augenblick geriet sie mit dem Kopf unter Wasser, bevor Lazar sie packen und hochziehen konnte.
Hustend und spuckend rang sie nach Luft. Sie hörte die Belustigung aus seiner Stimme heraus, als er ihr sagte, es sei ihre eigene Schuld gewesen. Aber das war ihr egal.
Erst als sein Griff auf ihrem Rücken sich verstärkte, wurde Clare bewusst, wie dicht sie vor ihm stand. Ihre Brüste berührten seinen Oberkörper, und ihre Schenkel waren gegen seine gepresst. Panik stieg in ihr auf, denn sie merkte, dass auch er sich jetzt ihres Körpers bewusst wurde. Deutlich spürte sie seine Erregung.
Entsetzt stieß sie ihn von sich und watete, so schnell sie konnte, aus dem Wasser. Verzweifelt versuchte sie, sich wieder zu beruhigen. War es vielleicht nur Einbildung, dass sie mit ihrer Körpernähe Verlangen in ihm geweckt hatte? Jedenfalls klang seine Stimme jetzt ganz normal.
„Für Ihre erste Schwimmstunde haben Sie das schon recht gut gemacht“, meinte er.
Wahrscheinlich hatte sie sich doch getäuscht. Sie stapfte durch den Sand zu der Stelle, wo ihr Kleid lag, und wollte es gerade an sich nehmen, da ließ Lazars Stimme sie in der Bewegung innehalten.
„Lassen Sie sich erst von der Sonne trocknen“, riet er ihr. Dann legte er sich in den warmen Sand und schloss die Augen, als wäre es ihm völlig gleichgültig, ob sie seinen Rat befolgte oder nicht.
Clare zögerte. Schließlich ließ sie ihr Kleid liegen und setzte sich in den Sand. Vorsichtig warf sie einen Blick auf Lazar. Das kaum merkliche Zucken seiner dunklen Wimpern sagte ihr, dass er nicht schlief, sondern sich nur in der Sonne ausruhte. Wieder bewunderte sie seine ebenmäßigen Gesichtszüge. Plötzlich ertappte sie sich dabei, wie sie eingehend seinen Mund betrachtete, wandte rasch den Kopf und schaute angestrengt aufs Meer hinaus.
Irgendwann heute oder morgen würde sie zu ihm ins Zimmer gehen und ihm ihren Körper anbieten müssen. Lieber Himmel, wie sollte sie das nur fertigbringen? Und was würde aus Kit werden, wenn sie es nicht schaffte?
Doch schon wenig später überraschte Clare sich selbst damit, dass sie bereit war, sich in das Unvermeidliche zu fügen. Vielleicht würde es gar nicht so schlimm werden. Sie dachte daran, wie nett Lazar seit gestern zu ihr war. Und ging ihr das ängstliche, verklemmte Wesen, in das sie sich verwandelt hatte, nicht selbst allmählich auf die Nerven?
Abermals riskierte sie einen Blick auf seinen Mund. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie wie gebannt die geschwungene Linie seiner Lippen betrachtete. Plötzlich wusste sie, dass sie es niemals fertigbringen würde, ohne jegliche Gefühle an diese Verbindungstür zu klopfen und einfach zu sagen: „Hier bin ich.“ Außerdem würde es ihr im hellen Tageslicht viel leichter fallen als am Abend, wenn es dunkel war und sie ohnehin gegen ihre alten Ängste anzukämpfen hatte. Warum nicht gleich jetzt an Ort und Stelle herausfinden, wie es sich anfühlte, von einem Mann geküsst zu werden? Was war, wenn es sie anwiderte und sie in Panik ausbrach? Wenn Lazar die Geduld mit ihr verlor und sie trotz seines Versprechens mit Gewalt nahm?
„Lazar“, sagte sie rasch, bevor das Fünkchen Mut sie wieder verließ, und schrak zusammen, als er die Lider aufschlug und ihr direkt in die Augen sah. Es kostetet sie einige Mühe, nicht aufzuspringen und zur Villa zurückzulaufen. „Lazar, würden Sie … würden Sie mich küssen?“
Langsam ließ er den Blick über ihr vor Verlegenheit rotes Gesicht gleiten. „Nein“, erwiderte er kurz angebunden und schloss wieder die Augen.
Clare war fassungslos. Sie fühlte sich zurückgestoßen und gedemütigt. Ahnte er auch nur im Geringsten, welche Überwindung es sie gekostet hatte, ihn darum zu bitten? Da hatte sie jedes
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