Die Rache des stolzen Griechen
jetzt?“, erkundigte er sich.
„Gut“, schwindelte sie.
Lazar deutete zur Couch. „Setz dich. Ich bringe dir etwas zu trinken.“
Als er ihr wenig später ein Glas mit einer goldbraunen Flüssigkeit reichte, stülpte sich ihr bei dem Geruch beinahe der Magen um. Sie mochte keinen Brandy und machte auch keine Anstalten, an ihrem Glas zu nippen.
„Nun trink schon, Clare“, ermutigte Lazar sie. „Der Brandy wird dir guttun.“ Damit trat er wieder ans Fenster. Fürchtete er, seine Nähe könnte ihr unangenehm sein?
Vorsichtig trank sie einen Schluck. Wie flüssiges Feuer rann ihr die Flüssigkeit durch die Kehle. Dann stürzte sie mit angehaltenem Atem den Rest hinunter. Wenn Lazar meinte, der Brandy würde ihr guttun, dann würde es schon stimmen. Ihr war alles recht, wenn sie sich nur ein klein wenig besser fühlte als im Moment.
Sie stellte ihr leeres Glas auf dem Couchtisch ab. Bei dem Geräusch wandte Lazar den Kopf und sah, dass sie aufstand.
„Bitte bleib noch, Clare“, bat er. Seine Stimme klang leise, aber bestimmt.
„Ich dachte … du wolltest nur, dass ich …“
„Setz dich“, befahl er und kam näher.
Der Brandy wärmte ihr Inneres und beruhigte ihre Nerven. Ohne weitere Widerrede setzte sie sich wieder. Als Lazar sich ebenfalls auf dem Sofa niederließ, verkrampfte sie sich erst, doch zum Glück hielt er einigen Abstand.
Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Clare wollte nicht diejenige sein, die es brach, und auch Lazar schien nichts einzufallen, was er sagen könnte. Angestrengt blickte er in sein Glas.
Clare zuckte zusammen, als er plötzlich sein Glas neben ihrem abstellte. Sie war überzeugt davon, dass er ihr jetzt Vorhaltungen machen wollte, weil sie ihn erst aufgefordert hatte, sie zu küssen, und dann davongelaufen war.
Nie hätte sie mit der Frage gerechnet, die er ihr im nächsten Moment stellte.
„Clare“, sagte er, „wie kommt es, dass du solche Angst vor Männern hast?“
Sie stieß einen erstickten Laut aus. Entsetzt blickte sie ihn an. „Ich … ich …“, begann sie, brachte jedoch kein weiteres Wort heraus.
„Von mir hast du nichts zu befürchten“, beruhigte er sie. „Ich werde dir ganz bestimmt nichts tun.“ Eindringlich blickte er ihr in die Augen. „Aber es ist wichtig für mich, dass du mir den Grund für deine Angst sagst. Ich muss es wissen.“
„Ich … ich habe doch keine Angst …“ Erneut unterbrach sie sich. Warum sollte ihre Antwort so wichtig für ihn sein? Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie tatsächlich keine Angst vor Männern mehr hatte. Jedenfalls nicht vor Lazar, was sie noch mehr verwirrte.
„Oh, Clare“, seufzte er. „Ich habe dich zu gut beobachtet, um dir das zu glauben. Da war so vieles an dir, das diesen Eindruck in mir erweckt hat. Es tut mir leid, dass mir diese Erkenntnis zu spät gekommen ist und ich dir unten am Strand Dinge zugemutet habe, die du nicht verkraften konntest.“
Bei der Erinnerung an die Intimitäten, die sie ausgetauscht hatten, stieg ihr eine dunkle Röte ins Gesicht. Was hatte Lazar an ihr beobachtet, das ihn auf solche Gedanken brachte? Bis vor zwei Stunden war sie nicht anders gewesen als sonst auch. Weniger verängstigt vielleicht, weil er seit gestern so nett zu ihr gewesen war.
„Ich habe keine Ahnung, wie du auf so etwas kommst“, sagte sie mit einem Schulterzucken und fragte sich dabei, wie viel von ihrer neuen Courage sie dem Brandy zu verdanken hatte. „Du täuschst dich …“
„Clare, es ist doch offensichtlich“, fiel er ihr ins Wort. „Die Anzeichen waren von Anfang an da. Ich war nur zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um sie zu analysieren.“ Da sie nicht antwortete, fuhr er fort: „Die Art und Weise, wie du deine Weiblichkeit unter formlosen Kleidern versteckst, wie du zu zittern anfängst, sobald das Gespräch auf deinen Besuch in meinem Zimmer kommt, wie du in meinen Armen ohnmächtig geworden bist, weil du glaubtest, ich würde dich küssen – das alles hat mir schließlich zu denken gegeben. Und nicht zuletzt, wie du regelrecht geflohen bist, nachdem es tatsächlich zu einem Kuss zwischen uns gekommen war und ich das Weitere seinen natürlichen Weg gehen lassen wollte.“
Clare hatte immer noch einen roten Kopf. Sie wünschte, er würde endlich das Thema fallen lassen. Dieser „natürliche Weg“ war ja das Problem! Aber das konnte sie ihm unmöglich sagen.
„Du hast einen regelrechten Schock bekommen“, redete Lazar weiter, während sie
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