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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Rasch stieg sie aus, ging die zwei Treppen zu ihrer Wohnung hoch. Aber bevor sie eintrat, überprüfte sie erst den unteren Teil der Tür, wo sie ein Haar zum Türrahmen gespannt hatte. Es war noch da, und das war ermutigend. Sie schloß die Tür auf, trat ein, schob den Riegel vor. Ihre Wohnung schien unberührt. Selbst die Zeitschrift lag noch auf dem Couchtisch, an derselben Stelle aufgeschlagen. Es ging aufwärts.
    Cindy beschloß, sich eine Kanne koffeinfreien Kaffee zu machen, goß Wasser in die Maschine und hörte ihren Anrufbeantworter ab. Die längste Nachricht stammte von Mom - wie sehr sie das Essen genossen hatte und daß sie es gern wiederholen würde, wenn Cindy mehr Zeit für ein ausführliches Gespräch hätte. Das war in Ordnung. Moms Nörgelei war normal, und normal war gut. Dann noch zwei Abrufe von Scott (Hi, wie geht's dir? Alles in Ordnung? Hier läuft es bestens. Ruf mich an.), zwei von Dad (Sag mir nur, daß es dir gutgeht!) und einer von Hayley Marx (Ruf an, wenn du 'ne Minute Zeit hast?) Verschiedentlich war aufgelegt worden. Normalerweise hätte sie das nicht weiter beachtet, aber die Ereignisse der vergangenen Woche hatten jede mögliche Bedrohung aufgebauscht.
    Natürlich hätte sie zurückrufen und allen versichern sollen, daß es ihr gutging. Aber sie war total erschöpft und sehr hungrig. Der Donut aus dem Cafe in Belfleur hatte nicht lange vorgehalten. Vielleicht nach dem Essen.
    Sie machte sich ein Sandwich mit geräucherter Putenbrust, Tomaten und Salat, bestrich es großzügig mit Senf und Mayonnaise. Dann deckte sie den Tisch, legte ein Set auf und klemmte eine Serviette unter das Besteck. Als der Kaffee fertig war, setzte sie sich zu ihrem einsamen Essen an den Tisch. Sie wurde richtig häuslich, und das machte sie glücklich. Noch vor einer Woche hatte sie in Selbstmitleid geschwelgt. Jetzt war sie entzückt über die Ruhe und die Alltäglichkeit, ihr Essen ungestört einnehmen zu können.
    Sie war wirklich hungrig, mußte sich zwingen, langsam zu essen. Als sie fertig war, wischte sie sich den Mund hab, trug das Geschirr raus und genehmigte sich ein Glas Weißwein zum Nachtisch. Der Wein hatte einen leicht säuerlichen, angenehmen Geschmack. Während sie trank, wusch sie Geschirr, Tasse und Besteck ab. Dann holte sie Papier und Stift heraus, setzte sich an den Tisch und stellte Listen auf — Wer, Was und Wann.
    Egal, wie sie es drehte und wendete, sie kam immer wieder zu demselben Schluß: Bederman hatte sein Geld verloren, Crayton aus Rache entführt und ermordet, Dex' Frau überfallen, ihren Ferrari geraubt und verhökert, um wenigstens etwas von dem verlorenen Geld zurückzubekommen. Was treibt einen Menschen zu solch radikalen Maßnahmen? Theorie A: Bederman hatte sein gesamtes Geld bei Crayton investiert und war jetzt pleite. Er brauchte die Kohle zum Überleben.
    Dagegen sprach: Wenn Bederman auf Verbrechen zurückgriff, um seine finanziellen Probleme zu lösen, gab es für einen Cop andere Wege, sofort an Geld zu kommen — einen Dealer oder Zuhälter unter Druck zu setzen oder, wie Scott gesagt hatte, ein paar Gramm aus der Asservatenkammer abzuzweigen. Wesentlich einfacher, als die Frau eines prominenten Bürgers gegen Lösegeld zu entführen. Aber vielleicht waren die Cops wegen der vielen Skandale vorsichtiger geworden. Vielleicht war die Asservatenkammer keine Möglichkeit mehr.
    Theorie B: Bederman wollte nicht nur das Geld, er wollte Crayton und Dexter Bartholomew auch eine Lektion erteilen.
    Dagegen sprach: Mord ist eine verdammt gefährliche Methode, jemandem eine Lektion zu erteilen. Besonders jemandem wie Crayton. Armands Leben und Finanzen würden zwangsläufig überprüft werden, wobei das Desert-Bloom-Fiasko ans Tageslicht käme. Aber wie viel würde tatsächlich rauskommen? Wo schon sie, als Anfängerin, mehr in Erfahrung gebracht hatte als die ursprüngliche Ermittlungsmannschaft. Gut, es konnte sein, daß die Leute in Belfleur kurz nach dem Mord an Crayton nicht so gesprächig gewesen waren. Vielleicht hatte der Mord sie so überwältigt oder verängstigt, daß sie wichtige Informationen verheimlicht, vergessen oder unterdrückt hatten. Elgin hatten den Ermittlern bestimmt nicht so ohne weiteres die Investorenliste gezeigt. Cindy war erst ein Jahr nach dem Mord zu ihm gekommen. Inzwischen waren die Leute weniger zurückhaltend. Aber da Mord nicht verjährte, konnte der Täter immer noch auffliegen. Er blieb nach wie vor Freiwild. Bederman mußte das

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