Die Rache ist Dein
Sir.« Langsam und mit viel Selbstkontrolle drehte sie sich um und ging weg. Sobald er außer Sichtweite war, rannte sie in den Umkleideraum, wütend, weil sie völlig durchgeschwitzt war. Hayley Marx war da, kämmte sich die Haare, betrachtete sich kritisch im Spiegel. Falls ihr Cindys Schweißflecken unter den Achseln auffielen, ließ sie sich nichts anmerken.
»Hey, Decker. Wir haben dich gestern abend bei Bellini's vermißt.«
Cindy öffnete ihren Spind, zog langsam die Uniform aus. »Was war denn los?«
»Joey Goudis war besoffen und hat Andy Lopez vollgekotzt.«
»O Gott. Armer Andy!«
»Ach, der kann mich mal! Hat sich selbst wie ein Arschloch benommen und mir Bourbon auf meine Seidenbluse gekippt.«
»War er auch betrunken?«
»Nein, nur ungeschickt. Er hat nach dir gefragt. Lopez, meine ich. Er wollte wissen, wer dich neulich abend nach Hause gefahren hat. Du bist selbst gefahren, hab ich gesagt. Er fand das leichtsinnig, weil du ziemlich voll warst. Ich hab dich verteidigt, aber es war wirklich leichtsinnig, Decker.«
»Ich bin nicht selbst gefahren«, sagte Cindy. »Ich wollte fahren, hab's aber gelassen. Scott Oliver hat mir die Schlüssel abgenommen.«
Hayley drehte sich um und sah Cindy an. »Oliver hat dich nach Hause gefahren?« Cindy knöpfte ihre Bluse auf. »Jep. Dad hätte es sicher nicht cool gefunden, wenn ich mich um einen Telefonmast gewickelt hätte, mit einem Alkoholgehalt von einer Million Promille, und Oliver nicht dazwischengegangen wäre.«
Hayley schwieg, schloß ihren Spind ab, den Blick immer noch auf Cindy gerichtet. »Was hat er gesagt? Oliver?«
»Bevor oder nachdem ich gekotzt habe?«
Hayley unterdrücke ein Lächeln. »Nicht sehr passend für ein erstes Rendezvous, Decker.«
»Das war kein Rendezvous.«
Hayley musterte sie prüfend und entschied, daß Cindy die Wahrheit sagte. »Er hat dich also nach Hause gebracht, ja?«
»Ja, Marx. Hat er. Was willst du sonst noch wissen?«
Sie verdrehte die Augen. »Ich führ mich auf wie ein Idiot.«
»Nein, das liegt nur an den Männern. Ist der Fleck aus deiner Bluse rausgegangen?«
»Weiß ich nicht«, erwiderte Hayley. »Hab sie noch nicht aus der Reinigung zurück.« Sie hielt inne.
»Ich hab sie noch gar nicht hingebracht. Keine Zeit. Andy war übrigens enttäuscht, daß du dich nicht von ihm hast heimfahren lassen.«
»Sag ihm, nächstes Mal.«
»Warum kommst du heute nicht mit zu Bellini's und sagst es ihm selbst? Außerdem hab ich gehört, daß Doogle heute drei Drinks für den Preis von zwein verkauft.«
Cindy lächelte innerlich. Jemand mochte sie. Selbst nachdem sie zugegeben hatte, daß der Exfreund der Frau sie nach Hause gefahren hatte. Natürlich würde sie es nicht wagen, Hayley von dem gestrigen Essen zu erzählen ... oder von der Verabredung heute. Wozu auch? Das ging keinen was an. »Können wir das auf morgen verschieben? Ich muß einkaufen. Mein Kühlschrank ist leer bis auf einen welken Salat, eine Packung saurer Milch, ein Sixpack Bier und ein Sixpack Cola light.« Hayley lächelte. »Du kannst dir mein Miracle Whip für die Salatsoße borgen.«
»Klingt wie ein Festmahl!«
»Kauf später ein. Ich komm mit.«
»Kauf jetzt mit mir ein. Ich hab später noch einen Termin.«
»Einen Termin oder eine heiße Verabredung?«
»Nur, wenn du auf Inzest stehst. Ich glaube, mein Dad kommt mich besuchen.«
»Du spinnst wohl.« Sie zögerte. »Er ist verheiratet, oder? Dein Dad?« Cindy lachte. »Ja.«
»Geht er fremd?«
»Mein Dad ist der sittenstrengste Mann, den ... «
»Ja, ja.« Hayley zuckte die Schultern. »Das hab ich schon oft gehört.«
»Ehrlich! Außerdem, warum willst du was mit einem verheirateten Mann anfangen?«
»Er ist Lieutenant. Immer gut, Leute in hoher Position zu kennen.« Sie legte den Arm um Cindys nackte Schultern. »Warum würde ich mich sonst mit dir abgeben?«
»Und ich dachte, das läge an meiner charmanten Persönlichkeit.« Cindy zog einen weißen Rolli über den Kopf. »Wenn du auf Verheiratete scharf bist, Hayley, die gibt es da draußen genug.«
»Da hast du verdammt recht. Alle sind verheiratet oder schwul.« Hayley setzte sich auf die Bank vor Cindys Spind. »Ganz schön deprimierend.«
»Was? Mit verheirateten Männern auszugehen? Das kann nicht sehr befriedigend sein.«
»Noch nicht mal das. Mir stinkt alles. Ich mag meinen Job, aber ich will ihn nicht ewig machen.«
Cindy nickte, sagte aber nichts. Sie liebte ihren Job. Karriere bei der Polizei zu machen,
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