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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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dem weißen Rolli und der schwarzen Hose wirkte sie professioneller. Sie bürstete ihre roten Locken, frischte ihr Make-up auf.
    War sie nervös, weil sie mit ihnen reden sollte? Vielleicht ein bißchen. Sie mochte es nicht, daß man ihr Privatleben zerpflückte, besonders, weil Crayton als Freund keine gute Wahl gewesen war. Cindy hoffte, daß Marge sie unterstützen würde. Marge war cool. Seit Cindys Teenagerjahren war Marge die Partnerin ihres Vaters gewesen und hatte immer für Cindy Partei ergriffen, wenn Dad es mal wieder übertrieb. Cindy steckte den Rolli in die Hose, bemerkte einen fast unsichtbaren Fleck. Sie mußte Kaffee verschüttet haben, auch wenn sie sich nicht daran erinnern konnte. Aber das war immer das Problem, wenn man was Weißes trug. Der kleinste Kaffeefleck war so sichtbar wie ein mit schwarzem Puder bestäubter Fingerabdruck. Sie zog den Rolli aus und öffnete die Schublade mit den Pullovern.
    Sofort begann ihr Herz zu hämmern - laute, schnelle Schläge. Oberflächlich betrachtet, sah alles normal aus. Ihre Tops waren zusammengefaltet und ordentlich aufeinandergestapelt. Aber ein einziger Blick sagte ihr, daß jemand an der Schublade gewesen war, weil die Baumwolltops rechts lagen und die Wollpullover links. Sie legte immer, immer ihre Wollsachen nach rechts und die Baumwollsachen nach links. Rasch öffnete sie die anderen drei Kommodenschubladen — Hosen und Shorts, Sweatshirts und Pyjamas, Unterwäsche, Socken und Seidenstrümpfe. Alles wirkte unberührt. Nur die Pulloverschublade nicht. Oder sie täuschte sich. Oder sie wurde verrückt.
    Während sie ihre Sachen anstarrte, lief ihr der Schweiß über die Stirn, ihre Achseln wurden warm und feucht, ihre Hände zitterten. Ihr Magen verkrampfte sich. Glitzernde Funken tanzten vor ihren Augen. Cindy machte zwei Schritte zurück, stieß ans Bett, ließ sich auf die Bettkante sinken. Sie beugte sich vor, mit dem Kopf zwischen den Knien, bis ihr rotes Haar den Teppich berührte. Das kam nicht nur von den Pullovern, sondern auch vom Alkohol. Sie mußte aufhören zu trinken. Einatmen, ausatmen. Gut, jetzt denk nach. Wann hast du zum letzten Mal die Schubladen aufgeräumt? Vor einem Monat? Vielleicht sogar länger? War es möglich, daß sie die Stapel vertauscht, die Wollpullover nach rechts und die anderen nach links geräumt hatte statt umgekehrt? Mit ruhigem Blick betrachtet, war alles genau so gefaltet, wie sie ihre Pullover immer faltete. Und die Stapel waren ordentlich. Als Ordnungsfanatikerin, die sie war, stapelte sie immer alles ordentlich. Vielleicht bildete sie sich das auch alles bloß ein, weil Oliver es ihr suggeriert hatte.
    Verdammter Kerl!
    Sie warf den Kopf zurück, ließ sich rücklings aufs Bett fallen, starrte an die Decke. Nach wie vor in Hose und BH, merkte sie, wie ihr der Schweiß runterlief. Das ließ sie frösteln.
    Zieh was an, Decker.
    Vorsichtig erhob sie sich, tappte zur Schublade, fischte einen schwarzen Rippenpullover raus. Nach wie vor hoffte sie, daß sie sich unnötig über diese Rechts-Links-Sache aufregte. Wahrscheinlich hatte sie es selbst gemacht, glaubte aber gleichzeitig, daß ihr das aufgefallen wäre. Vielleicht hatte sie es erst jetzt bemerkt, weil sie nach Ungewöhnlichem Ausschau hielt. Sie wollte den Pullover überziehen, roch aber, wie verschwitzt sie war. Sie brauchte eine Dusche. Das Wasser würde nicht nur ihren Körper reinigen, sondern ihr auch den Kopf freimachen. Sie zog sich aus, steckte ihr Haar unter eine Duschhaube, drehte das heiße Wasser auf, bis es dampfte. Erst zuckte sie unter den nadelspitzen Wasserstrahlen zusammen, dann genoß sie die Kombination aus Schmerz und Wohltat. Als sie aus der Dusche stieg, war ihre Haut krebsrot. Wieder wurde ihr schwindelig, aber diesmal lag es am Blutdruck und nicht an der Furcht. In ein Handtuch gewickelt, setzte sie sich auf den Klodeckel, senkte den Kopf und versuchte, sich gegen die nahenden Kopfschmerzen zu wappnen.
    Ihre Paranoia ging mit ihr durch. Wie sollte jemand in die Wohnung gekommen sein, ohne Spuren an den Schlössern zu hinterlassen? Und sie hatte die Riegel an der Tür und den Fenstern überprüft ... na gut, zumindest den an der Tür.
    Besser, sie überprüfte die Fenster, bevor die Bande wie die Heuschrecken über sie herfiel. Langsam stand sie auf und zog sich an, ganz schwarz. Sie bürstete ihr Haar aus, legte frisches Make-up auf — nur einen Hauch Rouge und Lippenstift — und nahm vorsorglich zwei Advil. Den Rest der

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