Die Rache ist Dein
Pizzataschen warf sie in den Müll. Und überprüfte auch gleich das Seitenfenster in der Küche, durch das man nur schwer einsteigen konnte, weil es bündig mit der Mauer abschloß und im ersten Stock lag. Der Riegel war zu, am Rahmen war nichts zu entdecken. Die Farbe war weder zerkratzt noch abgeblättert. Falls der imaginäre Pulloverfreak in ihre Wohnung eingedrungen war, dann weder durch die Tür noch durch das Küchenfenster.
Oder er war ein Profi.
Der Gedanke gefiel ihr gar nicht.
Gerade wollte sie sich die Wohnzimmerfenster vornehmen, da klingelte es. Fünf vor acht, nach ihrer Uhr. Durch den Spion erkannte sie erleichtert ihren Vater. Sie wäre jetzt ungern mit Oliver allein gewesen. Rasch öffnete sie die Tür und bemühte sich, ganz normal zu wirken, warf ihm einen strafenden Blick zu, weil er hier »unangekündigt« auftauchte, obwohl sie insgeheim froh war, ihn zu sehen. »Dad ...«
»Ich war hier in der Gegend.«
»Ja, du warst in der Gegend, weil du hergefahren bist.« Decker lächelte. Entwaffnend, wie er hoffte. »Darf ich reinkommen?«
»Es wäre wohl unschicklich, einen Polzeilieutenant im Flur stehen zu lassen.« Sie trat zur Seite. »Komm rein. Ich beantworte keine Fragen, bis die anderen hier sind. Wir sind das alles schon mal durchgegangen. Ich hab keine Lust, mich ständig zu wiederholen.«
»In Ordnung.« Er trat an den Kaminsims und nahm das Foto von Hannah in die Hand. »Wo ist das aufgenommen? Im Zoo?«
»Ja. Hast du es noch nie gesehen?«
»Doch, ich glaube schon. Ich hab nur vergessen, wie niedlich sie darauf ist. Du solltest mir einen Abzug machen.«
Vielleicht hat Dad das Foto umgestellt. Wann war er das letzte Mal hier? Vor Monaten. »Gib's zu. Du findest deine Tochter Nummer zwei niedlicher als Nummer eins.«
»Ich finde dich hinreißend. Du siehst ohne Zähne nur nicht so süß aus wie sie.«
»Da hast du recht.« Cindy griff nach der Strickjacke, ließ sie wieder sinken. »Ist diese Befragung wirklich nötig?«
Decker zuckte die Schultern. »Wir werden sehen.«
»Reine Zeitverschwendung. Ich hab dir schon alles erzählt.«
»Oliver und Dunn glauben, ich sei nicht objektiv genug.« Decker stellte das Foto auf den Sims zurück. »Mag sein, daß sie recht haben.«
Wieder klingelte es. Diesmal war es Marge. Sie küßte Cindy auf die Wangen und warf ihre Tasche auf die Couch. »Du hast einiges verändert, seit ich zuletzt hier war.«
»Neue Jalousien, ein paar Kissen, mehr eigentlich nicht.«
Marge sah zu Decker. »Wieso wußte ich, daß du hier sein würdest?« Ihr Blick wanderte zu Cindy. »Kannst du reden, wenn er dabei ist?«
»Ja, natürlich. Die ganze Sache ist überflüssig, Marge. Ich hab den Mann kaum gekannt.«
Marge zog einen Notizblock aus der Jackentasche. »Du meinst Armand Crayton?«
»Ja, klar. Wir haben zusammen trainiert. Weiter nichts.«
»Abgesehen von den Schüssen«, fügte Marge hinzu.
»Du hast es ihr also schon erzählt«, sagte Cindy zu ihrem Varer.
»Nicht die Einzelheiten.«
»Weil es keine Einzelheiten gibt.« An Marge gewandt, sagte Cindy: »Sie können ihm gegolten haben, aber vielleicht hat der Schütze auch nur wahllos geschossen. Bestimmt galten die Schüsse nicht mir.«
»Sollten wir nicht auf Scott warten?« fragte Decker. »Er hat sich verspätet. Mit Hollywood hat das nicht so geklappt, wie er dachte«, sagte Marge.
»Kommt er überhaupt noch?« fragte Decker. »Ja, aber das kann dauern.«
»Hat er was über die Carjackings rausgekriegt?«
»Hat er nicht gesagt.«
»Um was geht es eigentlich? Offenbar scheint es mich ja zu betreffen«, sagte Cindy.
Marge setzte sich auf die Couch. »Klar. Setz dich, Cindy. Ich erzähl dir, was gelaufen ist.« Fast wortwörtlich wiederholte sie, was Oliver Cindy vor einer Stunde berichtet hatte. »Wir überprüfen diese Frauen, um zu sehen, ob sie was mit Crayton zu tun hatten, weil die Fälle ähnlich sind.
Außerdem reden wir mit Frauen, die ihn gekannt haben. Deswegen sind wir hier.«
»Ich war nie richtig mit ihm befreundet; es war nur eine lockere Bekanntschaft. Wir haben zusammen trainiert. Weiter nichts.«
»Nichts Geschäftliches?«
»Nein. Selbst wenn ich in eines seiner Projekte hätte investieren wollen, hätte mir das Geld dazu gefehlt.«
»Hat er mit dir über seine Geschäfte geredet?« fragte Decker. »Nur ganz allgemein.«
»Was denn so?«
»Himmel, das ist schon lange her ... « Sie runzelte die Stirn. »Hauptsächlich Grundstücksspekulationen. Wenn ich mich
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