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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Fleisch. Eine Welle des Schocks und des Schmerzes überwältigte ihn, und er war nahe daran, ohnmächtig zu werden. Aber er kämpfte dagegen an. Ich kann atmen, dachte er. Ich bin schwer verwundet, aber ich bin noch nicht tot. Er richtete sich halbwegs auf und warf sich vorwärts, versuchte die Tür mit seinem Körper weiter zu blockieren.
    Aber sein Gewicht und sein Körperumfang waren zu gering. Er fühlte hilflos, wie man ihn beiseite schob.
    »Geh, Tommy«, flüsterte er. Aber immer noch versank er nicht in Bewußtlosigkeit. Statt dessen wurde er von Schmerzen überwältigt, er sah auf und erblickte Bill Lewis, der über ihm stand und seltsamerweise zögerte.
    Lewis wartete, bis die Augen des Richters ihn ansahen.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Es sollte nicht so ausgehen.«
    »Er ist draußen«, erwiderte der Richter. »Er ist in Sicherheit.«
    Lewis zögerte erneut.
    »Ich wollte das nicht …«, sagte er. »Ich hätte nicht …«
    Richter Pearson glaubte es nicht. Er drehte den Kopf zur Seite und wartete auf den Tod.
    Nach Olivias letzter, ungezielter Salve war Megan die Treppe hinaufgehastet und sah ihre Feindin in das Schlafzimmer zurückweichen. Fast im gleichen Augenblick sah sie den Rücken von Bill Lewis, der sich durch eine Türöffnung quetschte.
    In diesem Augenblick wußte sie, daß sich die Tommys dort befanden. Sie wußte, daß sie dort hinein mußte. Sie wußte, daß niemand sie aufhalten durfte. Sie rannte vorwärts, an dem Schlafzimmer vorbei, sich nur am Rande der Tatsache bewußt, daß Olivia nackt und blutend zwei, drei Meter entfernt von ihr stand. Megan griff an und kreischte wie eine berserkerhafte, hysterische Walküre.
    Sie warf sich in die Türöffnung zur Dachkammer, stolperte und stürzte hinein. Als sie hochsah, erblickte sie einen Meter weit entfernt Lewis, die Maschinenpistole in den Händen, starr wie ein Schuljunge, den man bei etwas Ungehörigem erwischt hat. Neben ihm auf dem Boden lag der Richter. Sie schrie und feuerte wie wild.
    Die erste Kugel hob Lewis hoch und warf ihn rückwärts auf den Hosenboden. Scharlachrotes Blut breitete sich sogleich auf seiner Brust aus. Er sah Megan seltsam an, als ob sie etwas Unerwartetes getan hätte.
    Sie schoß wieder, und diesmal wirbelte er herum und landete verrenkt als unförmiger Haufen in einer Ecke der Dachkammer und seine blicklosen Augen schauten auf das Loch in der Wand.
    »Tommy!« rief Megan. »Tommy!«
    Sie sah den Richter, der sich zu erheben versuchte und auf das Loch zeigte.
    »Draußen«, ächzte er. »In Sicherheit. Wir haben’s geschafft.«
    »Dad!«
    »Hol ihn, verdammt, hol ihn jetzt!« rief der alte Mann, und seine ersterbende Stimme war kaum noch ein Flü-
    stern. »Laß mich! Hol den Jungen!«
    Er sah Megan nicken und schloß zufrieden die Augen.
    Er wußte nicht, ob der Tod ihn in diesen Minuten finden oder ob er es überleben würde, aber ein unbeschreiblicher Stolz erfüllte ihn, und er atmete langsam, vorsichtig, bereit, alles, was nun kommen mochte, zu akzeptieren. Er konnte seinen Herzschlag fühlen, stetig pumpte es in seiner Brust, und er dachte: Es ist stark. Er dachte an all die Männer, die er in seiner Jugend gekannt hatte, wie sie an all den Stränden gekämpft hatten und gefallen waren.
    Sie würden stolz sein, dachte er. Er dachte an seine Frau: Ich hab’s vollbracht, sagte er sich.
    Er wartete leichten Herzens.
    Olivia sah Megan an sich vorbeirennen und drückte auf den Abzug, aber die Waffe klickte sinnlos auf einen weiteren leeren Ladestreifen. Sie nahm das letzte volle Magazin vom Tisch und packte den roten Schulranzen mit dem Geld. Flüchten, dachte sie. Es ist aus. Sie machte einen vorsichtigen Schritt auf die Tür zu, dann noch einen und rannte schließlich los. Laufen! Weg hier! Kämpfe ein anderes Mal weiter. Ihre nackten Füße kamen ihr so leicht vor, als ob es Flügel wären. Sie sprang aus dem Zimmer und rannte den Gang entlang, während Megan gerade an der blockierten Dachkammertür vorbeizukommen suchte.
    Olivia packte das Geländer, jagte die Treppe hinunter und wollte die Rückseite des Hauses erreichen. Sie fiel am Fuß der Treppe beinahe hin, als sie auf einem kleinen Teppich ausglitt, fing sich aber gerade noch. Sie wich den Möbelstücken aus und rannte quer durchs Haus bis zur Küche. Dort hielt sie ein, überdachte einen Augenblick lang ihre Situation und nutzte die Zeit, um ihre Waffe nachzuladen. Sie war warm, ihr ganzer Körper prickelte und brannte vor Kampfeslust.

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