Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
begriff, daß die aufgehende Sonne sie nicht im mindesten wärmen würde.
     
    Olivia Barrow ließ den Motor laufen, und die Auspuffgase wölkten sich wie Rauch hinter ihr. Es war stickig warm in dem Mietwagen, und sie öffnete ihren Mantel. Sie drehte den Spiegel zu sich herüber und richtete ihren Hut und ihre lange rothaarige Perücke. Dann ließ sie die Augen prüfend die Straße hinauf-und hinunterwandern und sah die anderen Wagen aus Einfahrten herauskommen und der Stadt zustreben. Sie schaute sich noch einmal im Spiegel an und wischte einen Fleck ihres Make-up aus dem Mundwinkel. Sie trug einen hübschen Rock und ein weiße Hemdbluse, dazu einen teuren wollenen Mantel. Neben ihr auf dem Sitz lag eine Aktentasche, die mit wertlosem Papier vollgestopft war. Die gehörte zu ihrer Verkleidung.
    Sie stand ihr großartig, fand sie. Sie dachte: Ich sehe genau wie eine typische Hausfrau aus, die ihre Kinder bis zur Junior High School gebracht hat und jetzt auf dem Weg zu ihrem Job ist. Diese Kleinstadt ist so wundervoll anständig und berechenbar. Hypotheken und Zinssätze für erste Adressen und Vorzugsaktien und Im-Leben-voran-kommen. Neocolonial houses und weiße Staketenzäune und teure ausländische Autos und private Colleges. Es fehlt ihnen nur noch ein goldfarbener sabbernder Appor-tierhund, der überall seine Haare verstreut.
    Sie warf einen Blick auf Megans und Duncans Haus weiter unten an der Straße. Von Polizei nicht das geringste Anzeichen. Keine komischen grauen Autos in der Nähe.
    Keiner weit und breit, der wie ein Arbeiter angezogen war.
    Keine Fernmeldemonteure, die so taten, als reparierten sie eine Leitung, und die in Wirklichkeit eine Fangschaltung installierten, damit die Bullen sie bei ihrem nächsten Anruf greifen könnten. In dieser Umgebung müßten sie auffallen. Ich könnte sie gar nicht übersehen, dachte sie.
    Nicht schlecht, Duncan und Megan. Ihr habt die erste Regel befolgt. So weit, so gut.
    Das Sonnenlicht funkelte auf der Kühlerhaube, und sie setzte ihre Sonnenbrille auf. Sie sah auf die Armbanduhr.
    Komm schon, Duncan, dachte sie. Deine Arbeit wartet auf dich.
    In diesem Augenblick sah sie seinen Wagen rückwärts aus der Einfahrt herauskommen.
    »Guten Morgen, Duncan«, sagte sie.
    Sie lachte, als sie seinen Wagen die Straße hinunter verschwinden sah.
    »Ich wünsche dir einen schönen Tag.« Sie legte den Rück-wärtsgang ein. »Einen wundervollen Scheißtag, Duncan.«

KAPITEL 5
Mittwoch mittag
    Duncan wartete. Den ganzen Morgen. Immer wenn das Telefon summte, kamen Angst und Aufregung in ihm hoch. Und dann war es doch nur ein Geschäftsmann aus Greenfield oder ein anderer Antragsteller, der irgend etwas fragen wollte, und keiner von den Entführern. Die Angst verstärkte sich. Er fertigte jede Anfrage summarisch ab und entwickelte eine roboterhafte Routine. Einer der Anrufer, überrascht von seiner Schroffheit, fragte ihn, ob es ihm nicht gut gehe, und er sagte, bei ihm sei wahrscheinlich eine Grippe im Anzug. Er wiederholte diese Diagnose seiner Sekretärin gegenüber, die ihn fragte, ob ihm vielleicht nicht ganz wohl sei, weil er abwesend gewirkt hatte, als sie ihn über ein bevorstehendes Bankmeeting informieren wollte. Sie hatte ihn gefragt, ob er nach Haus gehen würde, und er hatte die Geistesgegenwart besessen, nein zu sagen, er hätte zu viele Vorgänge, Papiere zu erledigen, aber es könnte sein, daß seine Arbeitszeiten in den nächsten ein, zwei Tagen etwas unregelmäßig sein würden und daß sie alle vereinbarten Termine absagen solle. Sie hatte genickt, wirkte besorgt und voller Verständnis und hatte ihn gefragt, ob er etwas Hühnersuppe aus dem Schnellimbiß unten an der Straße haben wolle. Was für eine wundervolle Entschuldigung die Grippe war: Im Nordosten akzeptierten die Leute das als Grund für fast jede Art von abweichendem Verhalten.
    Dann wartete er wieder, ängstlicher als zuvor. Mit jeder vergehenden Stunde wuchs seine Angst. Er verstand nicht, warum die Entführer die Dinge aufschoben. Müßten sie nicht eigentlich darauf aus sein, die Sache so schnell wie möglich zu erledigen? Er hatte gedacht, daß Olivia sofort mit ihren Forderungen anfangen würde; wenn es mit rechten Dingen zuging, hätte sie als erstes an diesem Morgen anrufen müssen. Daß sie die Sache auch nur eine Minute länger als nötig verzögerte, erstaunte ihn. Verzögerung war das letzte, mit dem er gerechnet hatte, dachte er, und dann überlegte er wieder: In Wirklichkeit hatte

Weitere Kostenlose Bücher