Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
du?«, kreischte Emily. »Ich versuche schon den halben Vormittag, dich zu erreichen.«
»Mir geht’s gut, danke, und dir?«
»Im Ernst jetzt, Andy, es ist sauspät, und du weißt ganz genau, dass wir jede Menge zu besprechen haben. Wo steckst du?«
Das Taxi hielt, und Andy sah Emily, die ohne Jacke vor dem Gebäude auf der Straße stand und wild mit einer unangezündeten Zigarette herumfuchtelte.
»Bin ja schon da.«
»Wo?«, brüllte Emily über den Lärm einer nahe gelegenen Baustelle hinweg.
Andy zahlte und stieg aus dem Taxi. Jetzt hörte sie Emily im Duett plärren: durchs Handy und quer über den Gehweg.
»Willst du die noch rauchen, oder stehst du bloß draußen, weil du das Wummern von dem Presslufthammer so sexy findest?«
Emily fuhr herum und klappte beim Anblick von Andy unverzüglich ihr Handy zu. »Na endlich! Ich hab mir von Agatha den ganzen Tag freihalten lassen. Auf dieses Gespräch mussten wir sehr, sehr lange warten, und jetzt soll es auch die gebührende Aufmerksamkeit bekommen.«
»Dir ebenfalls einen schönen guten Morgen«, sagte Andy und spürte, wie sie wieder das kalte Grausen überkam.
»Wo warst du denn?«, fragte Emily und drückte auf den Aufzugknopf.
Andy lächelte vor sich hin. Von Alex würde sie niemandem erzählen. »Hab bloß noch ein paar Sachen erledigt«, sagte sie, in Gedanken wieder bei dem Frühstück: der Kaffee, die Unterhaltung, das Gelächter. Vor ein paar Minuten erst hatten sie sich verabschiedet, und er fehlte ihr jetzt schon. Das war wahrhaftig kein gutes Zeichen.
19
Ceviche und Schlangenleder: eine Horrornacht
Andy stand in der Küche und verdünnte eine Elektrolytlösung mit warmem Wasser, als ihr Handy klingelte. »Agatha?«, fragte sie und klemmte sich das Teil zwischen Ohr und Schulter. »Ist alles okay?«
Wie üblich klang ihre Assistentin vom ersten Moment an vollkommen ausgelaugt und überlastet. »Emily hat aus Santa Barbara angerufen. Sie hat offenbar schlechten Empfang da in den Bergen oder im Tal oder wo sie genau ist, aber ich soll Ihnen ausrichten, dass Olive und Clint Zoff haben. Die Trauung ist schon um eine Stunde verschoben worden, und Emily macht sich Sorgen, dass sie das Ganze komplett abblasen.«
»Nein«, flüsterte Andy und presste das Handy an die Wange, bis es wehtat.
»Mehr weiß ich nicht. Sie war immer wieder aus der Leitung«, sagte Agatha dermaßen gereizt, als hätte Andy sie mit zwei Dutzend Fragen bombardiert. Was stellte die Frau sich eigentlich so an? Saß da im Büro, hatte keine ihrer beiden Chefinnen im Nacken und nichts weiter zu tun, als Kaffee zu trinken und ein paar Anrufe entgegenzunehmen – so schlimm konnte das doch nicht sein?
Aus dem Kinderzimmer war Clems Weinen zu hören.
»Agatha? Ich muss Schluss machen. Ich rufe gleich wieder zurück.«
»Wann denn so ungefähr? Weil, es ist ja schon nach fünf, und …«
Wie oft hätte sie genau das gern zu Miranda gesagt! Stattdessen hatte sie sich wohlweislich auf die Zunge gebissen und weiter gewartet, eine, drei, fünf Stunden? Und Miranda hatte nie ein schlechtes Gewissen deswegen gehabt. Andy hatte regelmäßig bis zehn, elf Uhr abends ausharren müssen, manchmal sogar bis Mitternacht, wenn die Leute vom Art Department mal wieder spät dran waren. Und jetzt regte sich ihre Assistentin auf, weil sie um fünf noch im Büro saß?
»Bleiben Sie einfach am Platz, okay?« Andy beendete das Gespräch ohne weitere Erklärungen, obwohl sie Agatha gern noch an den Kopf geworfen hätte, dass sie, Andy, in der Wohnung mit einem Säugling festsaß, der seit vierundzwanzig Stunden ununterbrochen spuckte, während ihre Geschäftspartnerin herauszufinden versuchte, was mit der Promihochzeit in den Hügeln von Santa Barbara los war. Es würde Agatha schon nicht umbringen, wenn sie noch eine halbe Stunde länger am Schreibtisch hockte und sich die Zeit auf Facebook vertrieb.
Sie nahm Clem hoch und küsste ihr Gesicht. Die Kleine war warm, aber nicht allzu fiebrig. »Geht’s dir gut, meine Süße?«, murmelte sie.
Die Antwort bestand in kläglichem Geheul.
Irgendwo weit entfernt klingelte es auf der Festnetzleitung. Am liebsten hätte sie es klingeln lassen, sauste dann aber doch los, um ranzugehen – für den Fall, dass es der Kinderarzt mit seinem Rückruf war oder Emily, die es statt auf dem Handy mit dem Festnetz versuchte.
»Andy? Kannst du mich hören?«, kreischte Emily ihr ins Ohr.
»Laut und deutlich. Du musst nicht so brüllen«, sagte Andy und wischte
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