Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
prangten die auf Leinen aufgezogenen Cover sämtlicher jemals erschienenen Plunge -Ausgaben. In einer Ecke war eine moderne, lebensgroße Skulptur mit zwei Dalmatinern aufgestellt, und in einem als Raumteiler fungierenden halbhohen Bücherschrank kühlten in der eingebauten Minibar Emilys Vorräte an Evian, Rosé-Champagner und Eistee vor sich hin. Überall standen geschmackvoll gerahmte Privatfotos. Andy musste daran denken, dass Emily schon mit zwölf Jahren davon geträumt hatte, einmal Mirandas Assistentin zu werden. Oder vielleicht gleich Miranda selbst?
»Gott sei Dank, dass du endlich da bist!« Emily blickte kurz vom Computer hoch. »Eine Sekunde, ich muss noch eben die Mail zu Ende schreiben …«
Auf dem Schreibtisch lag ein Stapel mit Andys Hochzeitsfotos. Sie nahm das oberste und sah es sich an. Schon auf dem Bildschirm hatte es ihr besonders gut gefallen, aber als Ausdruck wirkte es noch viel besser. Es war vielleicht die einzige Aufnahme, auf der ihr Lächeln echt war. Als die Band zum ersten Tanz aufspielte, hatte Max von hinten die Arme um sie gelegt und sie auf den Hals geküsst. Das kitzelte so, dass sie den Kopf nach hinten auf seine Schulter legte und vor Überraschung und Glück lachen musste. Das Foto war vollkommen natürlich, vollkommen ungestellt. Als Titelbild fiel es krass aus dem Rahmen, aber Emily und Andy wollten sowieso schon länger mal etwas Neues ausprobieren.
»Unglaublich, was? Dass wir das März-Heft fast fertig haben?«, sagte Andy, die sich an der Aufnahme einfach nicht sattsehen konnte.
»Hm«, murmelte Emily, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.
»Meinst du wirklich, wir können das Foto für das Cover nehmen? Ist es nicht ein bisschen zu … natürlich?«
Emily seufzte. »Es ist und bleibt ein St. Germain und kein Schnappschuss, den uns irgendeine Cousine zugemailt hat.«
»Da hast du auch wieder recht. Und ich finde es wirklich sehr gelungen.«
Emily holte eine Schachtel Marlboro Lights und ein Feuerzeug aus der obersten Schreibtischschublade, nahm sich eine heraus und bot Andy ebenfalls eine an.
»Aber wir sind doch hier in der Redaktion!« Schon klang sie – leider – genau wie eine Mutter.
Emily zündete sich die Zigarette an, nahm einen tiefen Lungenzug und stieß eine vollkommen gerade Rauchfahne aus. »Wir haben was zu feiern.«
»Ich hab schon vor sechs Jahren aufgehört«, sagte Andy mit einem sehnsüchtigen Blick. »Wieso hab ich immer noch Schmacht auf die Dinger?«
Emily hielt ihr noch einmal die Schachtel hin, aber Andy schüttelte nur den Kopf. Wahrscheinlich hätte sie lieber rausgehen sollen, bis ihre Freundin fertig geraucht hatte – schließlich musste sie jetzt auch an das Baby denken –, aber sie traute sich nicht. Emily wäre ihr an den Kragen gegangen.
»Und was feiern wir?«, fragte sie und starrte wie gebannt in den genüsslich ausgestoßenen Rauch.
»Du errätst nie, wer mich heute Morgen angerufen hat«, sagte Emily und zappelte aufgeregt auf ihrem Stuhl herum.
»Beyoncé?«
»Nein. Wie kommst du denn auf die?«
»Berühmter oder weniger berühmt?«
»Wer ist denn schon berühmter als Beyoncé?«
»Ach, Emily. Jetzt spann mich nicht auf die Folter.«
»Rate. Du musst raten. Auch wenn du im Leben nicht darauf kommst.«
»Also gut. Mal sehen … Jay-Z vielleicht?«
Emily stöhnte. »Mann, mehr fällt dir nicht ein? Wer ist der letzte Mensch im ganzen bekannten Universum, der uns anrufen würde? Wegen eines Meetings?«
Andy blies sich auf ihre plötzlich eiskalten Hände. »Obama?«
»Ich glaub’s einfach nicht. Du hast echt null Fantasie.«
»Emily …«
»Miranda! Miranda ›Schweinebacke‹ Priestly persönlich hat heute Morgen bei uns angerufen.«
»Ausgeschlossen.« Andy schüttelte den Kopf. »Absolut unmöglich. Es sei denn, es hätte bei der Runway einen Volksaufstand gegeben, von dem wir nichts wissen. Miranda hat nicht bei uns angerufen. Weil Miranda nämlich bei niemandem anruft. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war Miranda weder körperlich, geistig noch seelisch in der Lage, ohne fremde Hilfe eine Telefonnummer zu wählen.«
Emily nahm noch einen letzten Zug und drückte die Zigarette in dem schweren Kristallaschenbecher aus, den sie ebenfalls in ihrem Schreibtisch verwahrte. »Andy? Hallo? Irgendwer zu Hause?«
»Wie bitte?«, stammelte Andy. Emily starrte sie fassungslos an.
»Hast du mir überhaupt zugehört?«
»Natürlich. Aber sag es mir lieber noch einmal. Damit ich es besser
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