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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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den Hosentaschen. »Angelo«, sagte er mit leiser Stimme. »Wie geht es Ihnen?«
    Tortoni bemerkte, daß Matteos Mund schmal wurde.
    Sein Sohn erwartete von den Leuten, daß sie seinen Vater Mr. Tortoni oder Don Angelo nannten. Tortoni hob leicht die Hand, als halte er einen wohlerzogenen Hund zurück, und Matteo entspannte sich wieder.
    »Besonders gut geht es mir nicht«, sagte er so leise, daß er sich selbst kaum hörte. Er führte die Zigarre zum Mund und zog den Rauch in. »Nicht besonders gut, wenn wahr ist, was ich gehört habe.«
    »Wenn Sie Johnny meinen …«
    Angelo richtete den Blick scheinbar ziellos ins Leere, ließ die Hände an den Seiten herunterfallen und senkte den Kopf. »Weiß man, wer es getan hat?« flüsterte er. Doreen, die dicht neben ihm stand, nahm seinen Arm, stützte ihn in seinem Schmerz. Er blickte auf. »Johnny war wie ein Sohn für mich.«
    »Bis jetzt wissen wir noch nichts, Angelo. Übrigens hatte ich ohnehin vor, mich demnächst einmal mit Ihnen zu unterhalten.«
    »Jetzt ist er hier«, sagte Doreen. »Sprechen Sie jetzt mit ihm.«
    Gut, dachte Tortoni, sie bemühte sich schon, ihn zu beschützen. Er streichelte ihren Arm und sagte auf italienisch: »Beachte diese Clowns nicht.«
    »Was haben Sie zu ihr gesagt?« fragte der Polizist.
    Angelo lächelte hinter der Fassade seiner Trauer. »Ich habe gesagt, daß Sie nur Ihre Arbeit tun.« Er tätschelte Doreens Arm. »Sie ist sehr mitgenommen. Sie standen einander nahe, Johnny und sie. Sie haben noch keine Vermutung, wer es getan haben könnte?«
    »Ich habe Vermutungen. Zum Beispiel glaube ich nicht, daß er sich selbst getötet hat, und er ist auch nicht von einem Laster überfahren worden. Solche Vermutungen.« Der Polizist – Glitsky, das war der Name – gluckste. »Nein. Meine Vermutung sagt, daß sein Tod Ihre Handschrift trägt.« Er legte den Zeigefinger an seine Schläfe und knickte den Daumen ein.
    Tortoni, Inbegriff der Geduld, schüttelte den Kopf. »Ich bin Geschäftsmann, Officer. Die Gewalt ist nicht mein Geschäft.«
    »Johnny war Ihr Mann, und er trug eine Waffe bei sich.«
    Tortoni gestikulierte sanft wie ein vergebender Vater. »Kannten Sie Johnny? Er war wie ein kleines Kind. Er hat sich eingebildet, er müsse mich beschützen.« Er lächelte. »Was konnte das schaden …? Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns zu ihm zu führen?«
    Sie gingen in die Gasse. Tortoni ließ sich auf ein Knie nieder und bekreuzigte sich vor dem Toten. Eine halbe Minute lang verharrte er in dieser Position. Ein guter, sauberer Job, dachte er. Er beugte sich vor und küßte Johnnys glattrasierte Wange.
    Doreen hatte ihre Stirn an Matteos Schulter gelegt. Angelo erhob sich. Wenn sie nicht die Kraft besaß hinzusehen, war das nicht weiter schlimm, aber es war wichtig, daß sie verstand, wozu er in der Lage war.
    Sie waren lange genug hier gewesen. Mit einer leichten Kopfbewegung wies er Matteo an, Doreen zum Auto zurückzubringen. Er sah ihnen nach, an seiner Zigarre paffend. Che bello giorno!
    »Haben Sie eine Vermutung, Angelo?«
    Die Sonne stand tief und blendete ihn, so daß er blinzeln mußte, als er zu Glitsky sah. Er zuckte die Schultern, streckte die Hände aus. »Johnny war jung, manchmal hitzig. Aber er war ein guter Junge.«
    »Sie wissen nicht, ob er sich in der letzten Zeit Feinde gemacht hat? Vielleicht, indem er Sie beschützte?«
    »Es hat nie Schwierigkeiten gegeben«, sagte Angelo. »Ich begreife das nicht.«
    »Und persönliche Probleme? Geld? Mädchen?«
    Tortoni schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie etwas mit Hector Medina zu tun?«
    »Wer ist Hector Medina? Ich habe den Namen nie gehört.«
    Glitsky zuckte die Achseln. »Er kannte Johnny, das ist alles. Ich frage mich, wie gut.«
    »Sie glauben, er – dieser Hector Medina – hat das getan?«
    Der weiße Polizist, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, mischte sich ein. »Ich weiß, wer es nicht getan hat.«
    »Und wer?« fragte Glitsky und sah den anderen Mann an.
    »Louis Baker.«
    Tortoni musterte sie. Er mußte herausfinden, wer diese Leute – Hector Medina und Louis Baker – waren.
    Glitsky übernahm wieder. Er sagte zu Tortoni: »Ich habe neulich mit Johnny gesprochen, und er sagte mir, Sie hätten Probleme – er und Sie.«
    Tortoni sah keinen Sinn darin zu antworten.
    »Rusty Ingraham scheint ein Teil dieser Probleme gewesen zu sein, und die Leihgebühr, die er Ihnen schuldig geblieben war. Auch Medina hatte mit Ingraham zu tun. Was für ein Zufall, finden Sie

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