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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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im Wohnraum damit bedeckt. Der metallene Abfluß im Spülbecken der Kombüse wirkte wie eben installiert, sein Chrom war glänzend und sauber – kein Puder. Sie hatten die Kombüse nicht auf Fingerabdrücke untersucht.
    Das schien durchaus Sinn zu haben, denn die Handlungslinie verlief eindeutig vom Wohnzimmer durch die Diele ins Schlafzimmer und auf das Deck hinaus. Sie hatten sicher einen Blick in die Kombüse geworfen und gesehen, daß sich hier nichts, was mit dem Mord zusammenhing, abgespielt hatte.
    Aber es war seine einzige Chance, und er mußte sie nutzen. Sie mochten ihn auslachen, wenn sich herausstellte, daß die Fingerabdrücke auf dem Glas von einem Mitarbeiter des Morddezernats stammten, aber das kümmerte ihn nicht. Er war schon früher ausgelacht worden. Er würde nicht mit leeren Händen zu Bourke zurückkehren.
    Er zog ein sauberes Taschentuch aus seiner Gesäßtasche und nahm das Trinkglas vorsichtig hoch. Dann verstaute er es in dem Beutel.
     
    Moses McGuire stand hinter der Theke des Little Shamrock, in dem etwa fünfunddreißig Gäste saßen, und sprach ins Telefon. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ein Schwarzer.«
    »Wie sah er aus?«
    »Schwarz sah er aus, Diz. Groß, schwarz und bedeutend.«
    Hardy, der von Taylor’s , dem Waffengeschäft in der Eddy Street, telefonierte, fühlte, wie sich ihm im Kopf alles zu drehen begann. »Hat er irgendwas gesagt?«
    »Natürlich hat er was gesagt. Was hast du gedacht – daß er nur herumstand? Er hat nach dir gefragt, und ich habe ihm erklärt, daß du eine Weile lang nicht kommst. Dann habe ich gefragt, ob ich dir etwas ausrichten könnte, und er hat gesagt: Nein, ich finde ihn schon. Mit ›ihn‹ hat er dich gemeint.«
    »Das ist mir klar.«
    »Was hätte ich tun sollen?«
    »Wie hat er das mit dem Shamrock so schnell herausbekommen? Wer hat es ihm erzählt?«
    »Diz, der Laden ist gerammelt voll. Sag mir, was ich tun soll, wenn er noch mal kommt, dann geh’ ich wieder an die Arbeit.«
    Was konnte Moses schon machen? Hardy wußte, was am Freitag abend in der Bar los war, und wenn alles normal lief, hatte Moses recht – dann war es wirklich gerammelt voll. Bis in den letzten Winkel.
    Er konnte einfach nicht glauben, daß Glitsky Baker noch nicht verhaftet hatte. Und jetzt war der Kerl tatsächlich im Shamrock aufgetaucht.
    »Diz?«
    »Ich denke nach, Moses.«
    »Denk schneller, okay?«
    Hardy hörte, wie Moses den Gästen zurief, daß er gleich komme. Nur eine Sekunde. Bin sofort da. »Bedien die Gäste«, sagte er.
    »Was ist mit …«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Hardy. »Später.«
     
    Louis Baker hatte es auch im Gefängnishof getan. Er hatte nicht darüber nachgedacht, ob es ihm half oder überhaupt einen Sinn hatte. Aber er hatte es getan, tagein, tagaus, und die Gewohnheit ließ sich nicht ablegen. Wahrscheinlich hatte es ihn in Form gehalten.
    Er nahm den Basketball und dribbelte auf dem öffentlichen Spielfeld auf dem Hügel hinter Holly Park hin und her. Bis auf die Bäume, die den Platz umgaben, glich er dem Feld im Gefängnishof. An den Körben waren keine Netze, und man rannte orientierungslos auf dem Asphalt herum, weil es keine Feldlinien gab.
    Irgendwann am Nachmittag war Mama mit einem Haufen Kleider und einem Paar Schuhe für ihn zurückgekehrt. Vielleicht war sie zur Wohlfahrt gegangen. Wenn man die richtige Sammelstelle erwischte, konnte man besseres Zeug bekommen als im Kaufhaus.
    Es dämmerte bereits, aber die Parklampen spendeten genug Licht, um weiterzumachen. Louis hoffte, daß irgendwer auftauchen und versuchen würde, ihn vom Feld zu vertreiben, um selbst zu spielen. Er war in der Stimmung, noch jemandem in den Hintern zu treten. Vor einer Stunde hatte er seinen Streit mit Dido ausgetragen, und sein Blut war noch heiß.
    Um sich aufzuwärmen, dribbelte er das Feld hinunter, trommelte den Ball auf den Boden, legte ihn dann so sanft in den Korb, wie man auf einen Babyhintern klapste (das war sein Maßstab). Er schlug gegen das Korbgestell, als er es umrundete, erwischte den Ball nach dem ersten Aufprall und begann am Ende des Feldes von neuem.
    Später blieb er vor der Freiwurflinie stehen und vergaß erst einmal den Korb. Er starrte auf das Brett hinter dem Korb und begann, Gesichter darauf zu projizieren – Mitgefangene, Ingraham, Hardy. Dann schleuderte er den Ball dagegen, schleuderte ihn wieder und wieder dagegen, mit einer Hand oder mit beiden Händen, so hart, daß er nach höchstens einer Bodenberührung

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