Die Rache
überhaupt äußern sollte. Es wird eine Verhandlung geben, denke ich, und …«
»Sie sind ein verdammter Lügner.« Treadwell reagierte, als wäre er geschlagen worden. Hector verstärkte den Druck: »Sie wissen sehr wohl, daß kein Wort von dem, was Sie über diese beiden Männer gesagt haben, wahr ist.«
Treadwell erholte sich schnell. »Gehören diese Beleidigungen zu Ihrem juristischen Repertoire? Ich glaube kaum, daß sie damit vor der Jury viel ausrichten werden.«
»Ich rede mit Ihnen unter vier Augen.«
»Und schimpfen mich einen Lügner. Einen verdammten Lügner, um genau zu sein.«
Hector zögerte eine Sekunde, stellte sein Glas ab, versuchte sich wieder zu beruhigen. »Sehen Sie, Mr. Treadwell, Clarence Raines war fünfzehn Jahre lang ein guter Polizist. Er hat eine Frau, Kinder und eine Pension zu verlieren.«
»Daran hätte er denken sollen, bevor er mich angriff. Bittet er, die Anklage fallenzulassen?«
»Nein. Ich bitte darum. Ich will, daß Sie die Anzeige zurückziehen.«
Treadwell setzte sich wieder bequem zurecht. »Ich glaube, Sie scherzen.« Er beugte sich vor und strich sich einen Hauch Pastete auf einen Cracker. »Vielleicht verstehen Sie nicht recht. Diese Männer sind hinter Schwulen her, und deshalb haben sie mich des Mordes an zwei Menschen beschuldigt, von denen der eine mir viel bedeutet hat. Sehr viel.«
»Klassischer Fall, was?« fragte Hector. »Sie beschuldigen sie, um Ihren eigenen Hals zu retten.«
»Ich halte es nicht für unmöglich, daß sie Brian und seinen Freund getötet haben.«
Hector trank noch etwas Wein. Das hier funktionierte nicht. Er hatte nie wirklich geglaubt, daß das Gespräch etwas nützen würde, aber es war einen Versuch wert gewesen. Okay, den Versuch hatte er gemacht. »Sie wissen«, begann er, »daß Sie weit schwerer verletzt werden könnten, als Sie es jetzt sind.«
Treadwell hob überrascht, beinahe amüsiert den Kopf. Er sah über Hector hinweg nach den Schränken an der Wand. »Das klingt ziemlich stark nach einer Drohung.«
»Nur eine Feststellung«, erwiderte Hector.
»Ich sollte Sie warnen. Auf Anraten meines Rechtsanwalts habe ich einen Recorder hier, der sich automatisch einschaltet, wenn gesprochen wird.«
Treadwell lächelte. Hector fand, sein Lächeln erinnere stark an das von Raul Guerrero, als der geglaubt hatte, daß er einen weiteren Treffer gelandet hätte und entkommen könnte. Das Lächeln von Raul Guerrero, als Hector ihm ins Herz geschossen hatte.
Er senkte für einen Moment den Kopf, dann blickte er wieder auf. Jetzt lächelte auch er. Er nahm einen Schluck Wein, einen Cracker, bestrich ihn mit Pastete. Er hielt ihn dem Hund hin, der folgsam von Treadwells Schoß und zu Hector sprang. Der Hund verschlang den Cracker, und Hector kraulte ihm die Ohren. Das Tier kam noch etwas näher und kläffte freundlich und bettelnd. Hectors Hand fuhr über die Ohren des Pudels, packte ihn im Nacken und mit der anderen Hand am Kopf und brach ihm über seinem Knie das Genick.
Treadwell schrie auf.
Hector erhob sich, ging zu den Schubladen unter dem Schrank und nahm die Kassette aus dem Recorder, während sich Treadwell mit seinem Gips aus der Couch hochkämpfte, bei dem Versuch, nach seinem toten Liebling zu greifen, stürzte und fast auf den Tisch fiel.
»Sie Bestie!« Mit tränenüberströmtem Gesicht sah Treadwell hoch.
Hector wandte sich zu ihm und gluckste. »Ich habe es auf die freundliche Art versucht.« Er ging zur Tür. »Ach, und vielen Dank für den Tip mit der Kassette«, sagte er.
»Dafür werden Sie mir büßen. Ich rufe die Polizei.«
»Gute Idee, tun Sie das. Ihre Freunde von der Polizei werden Ihnen sicher auch eine zweite absurde Beschuldigung abkaufen. Wird Ihrer Glaubwürdigkeit nur zugute kommen.«
Treadwell wollte ihm nachstürzen, doch mit dem Gips gelang ihm nur ein fast lächerlicher Versuch. Hector wich einen Schritt zurück und stand an der Tür. »Roulette ist nur ein Spiel«, sagte er. »Aber beim Russischen Roulette geht es um Leben und Tod. Denken Sie darüber nach.«
Dann trat er hinaus in den Flur. Durch die geschlossene Tür drang Treadwells Schluchzen.
Das Plätschern des Wassers.
Der Mond über der Bucht, dessen Lichtreflexe einen langen, goldgelben Streifen auf den Kanal warfen.
Die salzige Brise, die die Geräusche des Feierabendverkehrs von der Bay Bridge herübertrug.
Ein milder Freitagabend, auf einem Bett mit einer schönen Frau, alle Lichter ausgeschaltet.
»Es ist
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