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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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»Erschießen Sie mich?«
    Die Reaktion überraschte ihn. Der Mann richtete sich ein wenig auf, lächelte wieder dieses eigenartige Lächeln, zog sein Jackett am Aufschlag zurück und steckte die Waffe zurück in den Halfter.
    »Hören Sie«, sagte der Mann, »wenn ich auch nur eines Ihrer Haare in Ingrahams Wohnung finde, irgendein Kleidungsstück, das nicht zu seiner Garderobe paßt, einen Fingerabdruck, ganz gleich, was, landen Sie wieder im Knast. Haben Sie mich verstanden?«
    Wir haben nichts gegen Sie in der Hand, hatte Baker verstanden.
    Aber der Mann war noch nicht fertig. »Und da ist noch etwas. Der andere Staatsanwalt, Hardy. Erinnern Sie sich an Hardy?«
    Baker nickte.
    »Hardy ist ein Freund von mir. Wenn Hardy etwas zustößt, werde ich mich um Beweise nicht scheren. Ich sage Ihnen das unter uns, und ich hoffe, daß Sie mich verstanden haben.«
    Dieser Mann war gut, dachte Baker. Furchteinflößend.
    »Haben Sie mich verstanden?« Nur noch ein Flüstern.
    Baker nickte. »Ich habe Sie verstanden.«
    Der Mann stand auf und ging einmal in der Küche im Kreis herum. »Nette Tapete«, sagte er, ging durch das Wohnzimmer zurück zur Tür und verließ das Haus. Die Tür ließ er offen.
    Louis Baker blieb eine Weile lang sitzen und trank seinen Kaffee aus, dann stand er auf. Die Straße war leer, der Mann verschwunden. Er streckte sich im Hauseingang, trat hinaus auf den Bürgersteig und ging zu der Linie, an der der Bereich begann.
    Die Wand, die weiß gewesen war, als er sie gestern verlassen hatte, war mit dunkelblauen Kringeln und Zeichnungen übersprüht.
    Er ging den Bereich entlang, ohne Hemd, mit bebenden Nasenflügeln. An sechs Stellen auf seiner Wand stand Didos Name geschrieben.
    Weiter oben im Abschnitt entdeckte er den Kerl. Er stand auf dem Bürgersteig und sprach mit zwei weißen Jungs. Etwas wurde hin und her gereicht. Die jüngeren Mistkerle, Lace und der andere, waren nicht in Sicht, aber er wußte, daß sie in der Nähe sein mußten.
    Wahrscheinlich hatten sie ihn kommen sehen und sich versteckt.
     
    Glitsky hatte ihn aufgefordert, etwas zu finden, das ihm Rustys Tod bewies, aber im Moment hatte Hardy nicht die Spur einer Idee. So beschloß er, sich zuerst ums Geschäft zu kümmern.
    Er hatte seinen Wagen in der Union-Square-Garage gelassen und nach dem Gespräch mit Medina beschlossen, ein wenig spazierenzugehen, um seinen Kopf klar zu bekommen. Er machte auf einen weiteren Kaffee in der Maiden Lane halt, diesmal auf einen Espresso, und aß zwei Käsecroissants. In einer Stunde begann seine Schicht im Shamrock . Er mußte Moses anrufen und ihm mitteilen, daß er nicht mehr arbeiten konnte, bis sein Problem mit Louis Baker gelöst war.
    »Was soll das heißen?«
    »Wenn ich auch nur einen Tag noch hinter der Theke stehe, könnte der Ruf unserer Bar leiden.« Hardy berichtete ihm von den weiteren fantasievollen Drinks, die er während der vergangenen Nacht zubereitet hatte.
    »Dann paß eben besser auf.«
    »So einfach ist es nicht, Moses. Jemand versucht, mich umzubringen.« Hardy merkte, wie unwirklich und melodramatisch das klang. »Sieh mal«, sagte er, »ich gehe aus diesem Grund nicht nach Hause, und da wäre es nicht besonders sinnvoll, an meiner Arbeitsstelle aufzutauchen. Der Kerl findet heraus, wo ich arbeite, spaziert herein, und – Gute Nacht, Diz.«
    »Du weißt, wer es ist?«
    »Ja.«
    »Du weißt, wo er ist?«
    »So ungefähr.«
    »Also?«
    Hardy machte eine Pause und dachte wieder an diesen Gedanken. »Es ist eine Möglichkeit«, sagte er. »Aber die Polizei hat eine gute Chance, ihn vorher zu schnappen, und das würde es leichter machen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich ihnen allzu viel Zeit lassen würde. Den Bullen, meine ich.«
    Hardy hatte keine große Lust, darüber zu debattieren, ob er Louis Baker niederschießen sollte, wenn er ihn zu Gesicht bekäme. »Wir werden sehen«, sagte er. »Auf jeden Fall, es tut mir leid, dich hängenzulassen, aber ich komme nicht.«
    »Wie kann ich dich erreichen?«
    Etwas hielt Hardy davon ab zu sagen: Oh, ich wohne bei Frannie. Er wollte nicht, daß ihr Bruder glaubte, sie sei in Gefahr. Er wollte auch nicht, daß Moses an der Bar rief: Oh, Hardy wohnt bei meiner Schwester.
    Außerdem wehrte er sich auf irgendeine Weise dagegen, Moses gegenüber seine enge Beziehung zu Frannie zuzugeben, zu erklären, warum er sich entschieden hatte, zu ihr zu gehen. Moses war ihr großer Bruder und hatte sie aufgezogen. Zu viele überflüssige

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