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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Erklärungen wären nötig. Also sagte er nur: »Du kannst mich nicht erreichen. Ich halte Verbindung mit dir«, und legte auf.
    Da er sowieso in der Gegend war, ging er zu I. Magnin , wo Jane arbeitete, und hinterließ eine kurze Nachricht für sie, die nach Hongkong weitergeleitet werden sollte: Er war nicht zu Hause und würde alles später erklären.
    Vor ihm dehnte sich der Nachmittag. Nach Hause und zur Arbeit konnte er nicht, aber in irgendeinem Versteck herumsitzen wollte er auch nicht. Er überlegte, daß Abes Probleme, ihm zu glauben, damit zusammenhingen, wie er ihn auf dem Schlepper vorgefunden hatte – in Handschellen. Das trübte Abes Blick für Hardys Einschätzung der Situation – die unleugbare Verwicklung von Louis Baker in diese Sache. Also brauchte Hardy einen handfesten Beweis dafür, daß seine Theorie bezüglich Rusty der Wahrheit entsprach. Am besten wäre es herauszufinden, ob Rusty nach seinem Besuch im Shamrock wie angekündigt eine Waffe gekauft hatte oder nicht. Es gab eine gesetzlich festgelegte Frist von drei Tagen zwischen dem Kauf von Handfeuerwaffen und der Auslieferung, und so bestand die Möglichkeit, daß Ingrahams Waffe und die entsprechenden Papiere sich irgendwo in einem Geschäft an der Busstrecke zwischen dem Shamrock und dem China Basin befanden.
     
    Der Dienst des Beamten William Ling war beendet, aber Ling hatte den langen Weg der Polizeilaufbahn gerade erst angetreten und konnte sich um reguläre Arbeitszeiten nicht kümmern. Er kannte und akzeptierte das Leben eines Streifenbeamten, und im Moment war es langweilig, das ging in Ordnung. Laufen und nochmals laufen, den Hintern bewegen, Touristen den Weg weisen, den Verkehr regeln, wenn es nötig war. Würde er in einer Kleinstadt leben und arbeiten, hätte er wahrscheinlich auch noch jede Menge junger Kätzchen aus den Baumkronen zu retten. In seinem Gebiet im ersten Bezirk – Südliche Market Street bis zum China-Basin-Kanal, die westliche Bucht bis zur Siebten Straße – gab es nicht gerade viele Bäume.
    Er saß noch nicht einmal in einem Streifenwagen. Der Dienst auf der Straße war die erste Stufe, und jeder Polizist war eine Zeitlang auf der Straße gewesen – wie lange, hing wie immer davon ab, wen man kannte. William Ling kannte niemanden.
    Ganz stimmte das nicht mehr. Jetzt kannte er Sergeant Glitsky vom Morddezernat. Ob Glitsky ihn kannte oder sich an ihn erinnerte, war eine andere Frage.
    Er rechnete aus, daß er heute bereits gut und gerne sechzehn bis zwanzig Kilometer gelaufen war, und es war ein heißer Tag gewesen. Jetzt, kurz vor fünf, war es noch immer warm. Kein Wind, kein Nebel, und nur eine Andeutung von Smog.
    Er kam an der Atlantis vorbei und nickte dem Ehepaar Wang zu, das an Deck saß und Tee trank. Die Wangs hatten wegen des bewaffneten Mannes – dieses Freundes von Glitsky – angerufen, der auf Ingrahams Schlepper gewesen war.
    Er blieb stehen und nahm das Bild, das sich ihm bot, in sich auf. Bis vorhin waren ihm die Gründe für seine Rückkehr an den Tatort seines ersten Mordfalls schleierhaft gewesen – irgendeine Mischung aus beruflichem Interesse und privater Neugier. Jetzt plötzlich schien der Ort voller Chancen zu stecken – das gelbe Band, das Ingrahams Lastkahn umgab, der Polizeischlepper mit dem Bagger, der mitten auf dem Kanal langsam das Wasser Richtung Bucht absuchte. Mindestens ein halbes Dutzend Leute waren auf dem Kahn und um ihn herum beschäftigt – Leute, die einem helfen konnten, die man kennenlernen konnte, Beziehungen, die man knüpfen konnte.
    Ling schlüpfte unter dem Band durch und stellte sich einem Mann in Hemdsärmeln vor, der aussah, als sei er der verantwortliche Beamte, und ihn natürlich überragte. Jeder war größer als Ling, aber der hier maß beinahe einen Meter neunzig.
    Er schüttelte Ling die Hand und prüfte etwas auf dem Notizblock, den er in der Hand hielt. »Werden Sie Bill gerufen?« fragte er.
    »Hauptsache, ich werde nicht zu spät zum Abendessen gerufen«, erwiderte Ling.
    Er war daran gewöhnt. Ein zweiter Blick, dann stellten sie fest: Verdammt, dieses kleine Schlitzauge ist ein Mensch. Er lächelte. Der große Mann streckte von neuem die Hand aus. »Jamie Bourke. Ich leite die Kanaluntersuchung. Wollen Sie nur zusehen oder was tun?«
    »Ich würde gern was tun.«
    »Geht leider nicht, Sie verstehen – keine Überstunden.«
    Ling nickte. »Ich verstehe.«
    »Man sollte es nicht glauben, aber Burschen kommen hierher und bieten ihre

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