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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Herzen lag. Er akzeptierte es, für die Überstunden nicht bezahlt zu werden, er akzeptierte Laniers leichtfertigen Umgang mit der Angelegenheit Baker, und vielleicht hätte er sogar die Weigerung des Labors akzeptiert, Überstunden zu machen, und bis Montag gewartet. Aber daß der Polizeipräsident das Labor vorrangig dazu benutzte, ein paar Chaoten zu schnappen, die Hühner in seinem Büro ausgesetzt hatten, machte ihn fertig.
    Unten an seinem Schreibtisch öffnete Glitsky die oberste Schublade und nahm den Fragebogen heraus, den er für das Police Department von Los Angeles ausgefüllt hatte. Er setzte sich, las den Bogen noch einmal durch, unterschrieb ihn und adressierte einen Briefumschlag. Auf dem Weg nach draußen warf er ihn in den Briefkasten neben der Hintertür des Justizgebäudes.
     
    Hardy lag, der Willkür der Flut ausgeliefert, bewegungslos im Wasser und dachte, er würde die beiden Flaschen verbrauchen – was etwa fünfundvierzig Minuten dauern würde – und dann sehen, wo er war, wenn er wieder auftauchen würde.
    Er hatte nicht den Mut gehabt, nach Hause zu gehen, und er hatte – auch wenn das vielleicht nicht so ganz stimmte – Frannies Gastfreundschaft nicht über Gebühr strapazieren wollen. Also hatte er sich einen von Picos Neoprenanzügen geliehen, die Sauerstoffflaschen gemietet und eine Taucherbrille gekauft. Kurz nach sechs Uhr sprang er bei Ingrahams Schlepper in die abnehmende Flut. Er spürte zwar nur eine leichte Strömung, aber sie zog ihn mit sich, und Hardy dachte, sie müßte eigentlich stark genug sein.
    Wenn Rusty, als auf ihn geschossen worden war, im Bett gelegen hatte, war nicht anzunehmen, daß er viel auf dem Leib getragen hatte, das ihn in die Tiefe hätte hinunterziehen können. Also wäre er – wie Hardy jetzt – knapp unter der Oberfläche hinausgetrieben worden.
    Er wurde fast sofort in Richtung Bucht getragen, was seine Theorie bestätigte. Er hatte befürchtet, daß die Strömung so nahe bei dem Schlepper vielleicht einen Strudel bilden und er sich im Kreis bewegen würde. Er war zu dem Punkt geschwommen, wo Rusty vermutlich über Bord gegangen war, hatte sich dann im Wasser treiben lassen und war tatsächlich ein paarmal gegen den Schlepper gedrückt worden, aber dann fand er sich schnell in der Mitte des Kanals wieder.
    Selbst mit der Taucherbrille war die Sicht schlecht – er konnte nicht weiter als einen knappen Meter sehen. Unter Wasser war es bis auf das Geräusch seines Atems still. Er trug Handschuhe und Schuhe aus dem gleichen Material wie der Anzug. Obwohl das China Basin eine wenig benutzte Wasserstraße war, horchte er mit einem Ohr nach Motorgeräuschen, denn die Vorstellung, von einem Boot gerammt zu werden, gefiel ihm nicht besonders.
    Unsichtbar und allein auf weiter Flur trieb Hardy im warmen Wasser. Hier war er sicher. Es erinnerte ihn an seine unzähligen Fallschirmabsprünge bei Nacht. Zum ersten Mal seit vier Tagen dachte er nicht an Louis Baker.
    Dafür dachte er an Frannie, ihren Körper, als er sie im Park in seinen Armen gehalten hatte … Ihr Blick, der sich in seinen senkte, ihr Lächeln, das sich durch seine Furcht und Distanz einen Weg bahnte, ihr Körper, der sich an ihn preßte, ihre vollen Brüste, ihr Bauch – definitiv nicht mehr das kleine Mädchen von damals, nicht mehr die kleine Schwester, sondern eine erwachsene, blühende Frau, die die Geburt ihres Kindes erwartete.
    Fast zwangsläufig erinnerte Hardy sich an die Zeit, als Jane mit Michael schwanger gewesen war. Als sie begonnen hatten, sich ein Nest zu bauen … Die Veränderungen im Haus, als sie das Kinderzimmer tapeziert oder diese unglaublichen Dinge gekauft hatten – winzige Kleider, Rasseln, all dieses Zeug …
    Er versuchte, die Erinnerungen abzuschütteln. Michaels Tod hatte ihn beinahe selbst das Leben gekostet. Und Jane auch. Selbst jetzt war er noch nicht sicher, ob er es überstanden hatte. Noch immer wollte er sich nicht erinnern, wollte nicht an diese Zeit mit Jane denken, und er wußte, daß er es nicht zulassen könnte, daß ihm noch einmal etwas Ähnliches geschehen würde. Manche Lektionen lernte man. Er sollte eben nicht Vater sein. Es traf ihn zu tief, dieses Zeichen der Hoffnung – auch jetzt bei Frannie – bedeutete so viel für ihn, daß nicht einmal sein wohltrainierter Sinn für Zynismus das ableugnen konnte … und das Baby, das Frannie erwartete, war noch nicht einmal seines.
    Und Jane?
    Jane hatte es mit ihm durchgemacht, alles, und war

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