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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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verschwunden war. Frannie schloß die Tür. Sie drehte sich zu Hardy. »Und jetzt?«
     
    Hardy saß auf der Couch. Auf dem Teetisch vor ihm lag aufgeschlagen der Ordner mit Glitskys Aufzeichnungen. Frannie duschte. Vage nahm er die Geräusche des fließenden Wassers wahr. Sein Hemd stand offen, und er hatte eine Decke um die Schultern gelegt. Er las vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, manches zum erstenmal.
    Er gestand es ungern ein, aber jetzt, da Louis Baker ihn nicht länger bedrohte, wiesen die Fakten tatsächlich nicht mehr so eindeutig auf ihn wie zum Beispiel auf Ray Weir, den eifersüchtigen Ehemann, oder sogar auf Hector Medina, der seinen Haß auf Rusty auch nach Jahren noch nicht vergessen hatte.
    Außerdem hatte Abe den Namen Johnny LaGuardia notiert und mit drei Ausrufungszeichen versehen, zusammen mit einem Vermerk über dessen Fingerabdrücke auf der umgestürzten Lampe. Hardy hatte den Namen noch nie gehört, nicht einmal von Abe, und er fragte sich, was dieser Mann mit der Sache zu tun hatte, das drei Ausrufungszeichen wert war.
    Dann fiel ihm ein, daß auch Louis Bakers Fingerabdrücke auf dem Schlepper gefunden worden waren – in der Kombüse –, und wenn Baker dort gewesen war, hatte er die Tat begangen.
    Oder nicht?
    Er stand auf, zog die Decke fest um sich und ging auf und ab. Der Nebel hinter dem Fenster schien im Licht der Straßenlaternen zu glühen und bewegte sich in Schwaden sanft den Hügel hinunter.
    Hardy dachte an vorhin, sah Abe wieder aus diesem Nebel auftauchen, sah sich mit dem Finger am Abzug … Fast hätte er Abe in den Rücken geschossen. Oder nicht? Die Erinnerung war schon verschwommen … Hätte er geschossen, wenn sich herausgestellt hätte, daß der Mann Baker war?
    Ein ums andere Mal wurde Abe für Baker gehalten. Vielleicht sahen sie sogar für Hardy wirklich alle gleich aus.
    Aber die Sorge um Louis Bakers Schicksal würde ihm keine schlaflosen Nächte bereiten. Der Kerl war auf dem Kahn gewesen, in Janes Haus eingebrochen und mit Sicherheit noch derselbe Mistkerl wie damals.
    »Woran denkst du?«
    Frannie war in einen weißen, flauschigen Bademantel gehüllt, hatte ihre Haare schon getrocknet, die sie jetzt wie ein roter Heiligenschein umgaben.
    Hardy ging zurück zur Couch, vermied es, ihr in die Augen zu sehen. »Abe würde es ›moralische Erwägungen‹ nennen.«
    »Bezüglich was?«
    Er wies auf den Tisch. »Dieses Zeug.«
    Aber das war nicht alles, und er wußte es. Er setzte sich. Frannie lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme.
    »Dismas?«
    Er wußte, daß er Probleme bekommen würde, wenn er jetzt aufsah, also griff er nach den Papieren und sortierte sie. Frannie trat neben ihn. Er hob den Kopf. Sie bettete die Hände in sein Haar und zog ihn sanft zu sich, öffnete den Bademantel, so daß sein Gesicht auf ihrem Bauch zu liegen kam. Er nahm den Duft von Weiblichkeit und Creme wahr, die Wärme und Festigkeit ihrer Haut, ihr Herz, das darunter schlug.
    »Komm«, sagte sie, und er folgte ihr ins Schlafzimmer.

13
     
    Lace war bei Mamas Haus und befestigte Sperrholz über der Fensterscheibe, die Dido eingeschlagen hatte.
    Der Nebel, der gestern am späten Abend heraufgezogen war, lichtete sich wieder. Ein leichter Wind zerrte an Laces Flanellhemd. Soweit Lace wußte, hatte seit zwei Tagen niemand im Bereich etwas von Louis Baker gehört oder gesehen. Louis mußte sich bald zeigen, dachte Lace, wenn er noch irgendwelche Ansprüche auf den Bereich geltend machen wollte, denn sonst wäre es zu spät.
    Gestern abend – Dido war noch nicht einmal unter der Erde – war Samson, der das Nachbarareal beherrschte, kurz herübergekommen und hatte gesehen, daß niemand hier arbeitete, denn Lace und Jumpup ließen die Dinge ihren Gang gehen und taten wenig.
    Lace fühlte sich schlecht wegen Dido. Dido war wie ein großer Bruder für ihn gewesen, sein Beschützer. Lace war sich nicht sicher, wie er mit Louis Baker umgehen sollte, falls der zurückkommen würde. Er mußte auf jeden Fall zuerst einmal sein Vertrauen gewinnen, ihn glauben machen, daß er sein Fähnchen nach dem Wind hängte. Er wollte nicht, daß Baker zu der Ansicht gelangte, er müsse ihn umlegen wie Dido, um sich den Bereich zu sichern. Deshalb hatte er sich entschlossen, zu Mama zu gehen, das Fenster zu reparieren, am Ort des Geschehens auf Neuigkeiten zu warten und den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Wenn Louis zurückkommen würde und nicht aufpaßte, könnte ihm etwas

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