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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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zustoßen.
    Mama erschien im hinteren Teil der Wohnung, ein Gebirge von Frau in einem bunten Kaftan. Sie hatte Pfannkuchen gebacken, die sie mit Honig und Butter servierte. Lace schlug den letzten Nagel ein und ging in die Küche.
    Sie saß am Tisch und zerschnitt die Pfannkuchen, deren Duft den Raum füllte.
    »Setz dich, Kind«, sagte sie. »Iß was.«
    Lace gehorchte, sog genießerisch den Duft ein, ließ die Butter auf dem heißen Pfannkuchen schmelzen und gab ein wenig Honig oben drauf. Mama schenkte ihm ein Glas Milch ein.
    »Die Polizei hat mein Auto zurückgebracht«, sagte sie endlich. »Louis hat nichts dran kaputtgemacht.«
    »Haben sie ihn gefunden?«
    »Sie haben auf ihn geschossen«, antwortete sie. »Jeder muß immer gleich schießen.«
    Lace nickte nur.
    »Vermutlich kommt er jetzt wieder in den Knast. Die Polizei sagt, besser für ihn, wenn er nicht überlebt, bei dem, was gegen ihn vorliegt.«Sie schnitt einen weiteren Streifen Pfannkuchen ab und legte ihn Lace auf den Teller. »Sie glauben, er hat Dido umgebracht.«
    »Er hat Dido umgebracht.«
    »Warum sagst du so was?« rief Mama, und einen Moment lang glaubte er, sie wäre richtig wütend, aber dann fragte sie ruhiger: »Warum glaubst du solchen Müll, Junge?«
    Lace mußte eine Weile kauen, ehe er den Bissen hinunterschlucken konnte. Sein Mund war trocken. Er nahm einen Schluck Milch. »Dido ist erschossen worden, und Louis ist abgehauen«, murmelte er.
    »Du denkst wie die Polizei«, schimpfte Mama. »Wenn einer abhaut, ist er noch lange nicht schuldig … Er versucht einfach, aus der Schußlinie abzutauchen, das ist alles. Zu einem wie Louis, der früher schlimme Sachen gemacht hat, kommen sie zuerst, weil es so leicht ist, ihm das anzuhängen.«
    »Vielleicht.«
    »Okay. Und warum hätte Louis Dido umbringen sollen?«
    Die Antwort war so naheliegend, daß er Probleme hatte, sie auszusprechen. »Er will den Bereich haben, Mama.«
    »Hältst du Louis für so blöd? Er bringt Dido wegen des Bereichs um, und dann haut er ab?«
    »Hätte er es nicht getan, hätte er ja nicht abhauen müssen.«
    Mama schüttelte den Kopf. »Kind, Kind, Kind. Wo kommst du her? Er mußte abhauen, er hatte keine Wahl.«
    Lace widmete sich wieder den Pfannkuchen und dachte, daß die Mama vielleicht sogar recht hatte … Louis hatte mit Dido gekämpft, und Dido hatte den Krieg fortgesetzt, indem er die Fensterscheibe eingeschlagen hatte. Trotzdem wäre es irgendwie dumm gewesen, Dido zu töten, vor allem, wenn es um den Bereich ging. Es war ungefähr so, als würde er eine Fahne hochhalten, auf der stand: Ich habe es getan. Vielleicht hatte jemand den Krieg zwischen Dido und Louis ausgenutzt, um den einen loszuwerden und den anderen zu vertreiben. Um freie Bahn im Bereich zu haben. Lace mußte darüber nachdenken.
     
    Hardy fuhr mit der Hand Frannies Taille entlang, ehe er aus dem Bett stieg. Sie bewegte sich, gab einen kehligen Laut von sich und schlief wieder ein. Hardy zog die Decke über sie und strich ihr das Haar aus dem Gesicht.
    Sie waren den größten Teil der Nacht über wach gewesen, hatten geredet und miteinander geschlafen. Sie waren wie gute, alte Freunde miteinander umgegangen, aber andererseits – Hardy konnte kaum fassen, was vor sich ging. Während er duschte, dachte er wieder an die Nacht, sah vor sich, wie sie sich ein zweites, ein drittes Mal geliebt hatten, und drehte den Kaltwasserhahn auf, um irgendwie zurück in den Tag, in sein wirkliches Leben zu finden.
    Sein wirkliches Leben.
    Er setzte einen Topf Kaffee auf und fragte sich, was aus seinem wirklichen Leben geworden war, seit Rusty Ingraham im Shamrock aufgetaucht war. Bis zu diesem Tag war sein Leben gar nicht so schlecht gewesen – in gewisser Weise, fand er, sogar ganz gut. Jedenfalls besser als während der furchtbaren Jahre, bevor er wieder mit Jane zusammengekommen war. Die Dinge mit Jane hatten sich stabilisiert, er arbeitete als Barkeeper mit angenehmen Arbeitszeiten und hatte meistens Spaß daran …
    Auf Partys stellten sie gern diese Fragen nach dem ›Was wäre, wenn … ‹, und so fragte Hardy sich jetzt: Was wäre, wenn du in drei Tagen sterben müßtest? Oder in sechs Monaten? Was würdest du dann anders machen? Die Antwort auf den Partys hieß natürlich: ›Ich würde weitermachen wie bisher.‹
    Aber jemand hatte ihn glauben lassen, daß er wirklich in naher Zukunft sterben würde, und Hardy hatte nicht weitergelebt wie bisher. Was hatte das zu bedeuten? War er mit

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