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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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sehen, vom Restaurant, wo sie zu Abend gegessen hatten, drei Straßenzüge den Hügel hinaufgegangen. Bis zu Frannies Wohnung lagen noch drei weitere Straßenzüge vor ihnen. Hardy hatte den Arm um sie gelegt, und sie schmiegte sich im Gehen an ihn. Er sah den Hügel hinauf. Er wußte, daß überall Straßenlaternen brannten, aber er konnte nur die nächste erkennen, die vielleicht zwanzig Meter von ihnen entfernt war. Während des Dinners, nach all der Euphorie über seinen gelungenen Versuch zu beweisen, daß Rusty wirklich in die Bucht hinausgeschwemmt worden sein könnte, war ihm klargeworden, was das für ihn bedeutete, aber bis dahin hatte er bereits den größten Teil der Flasche Wein getrunken. Jetzt erklärte er Frannie, daß er nicht vorbereitet wäre, wenn Louis Baker in diesem Moment zuschlagen würde.
    »Aber er weiß doch nicht einmal, wo du bist.«
    »Er hat auch Rusty aufgespürt.«
    »Rusty war in seiner Wohnung. Du bist hier.«
    Sie gingen weiter. Baker hatte vier Tage Zeit gehabt, ihn zu finden, und allmählich mußte Hardy damit rechnen, daß er irgendeinen Fortschritt gemacht hatte. Es konnte nicht so schwer sein, jemanden zu finden, den man aus dem Leben befördern wollte.
    Sie hatten Frannies Straße erreicht. Die Gebäude standen eng nebeneinander, hinter ein paar Wohnzimmerfenstern schimmerte das bläuliche Licht von Fernsehgeräten. Der Wind blies scharf den Hügel hinunter, und sie stemmten sich eng umschlungen dagegen. Hardy hörte, wie etwa zwanzig Meter vor ihnen eine Autotür geöffnet und dann wieder geschlossen wurde, und versuchte, durch die dunklen Nebelschichten eine Gestalt zu erkennen, aber er sah niemanden. In diesem Moment hörte er Schritte, die verhalten über den Asphalt klackten. Sein Arm schloß sich fester um Frannie.
    »Warte einen Moment«, sagte er. Sie blieb stehen, und er zog sie in einen Hauseingang, schlüpfte aus der Jacke und legte sie um Frannies Schultern. »Geh zurück und warte an der Ecke«, sagte er. »Wenn du Geräusche hörst, die nach Schüssen klingen, lauf ins nächste Haus. Klar?«
    Er zog seine Waffe aus dem Halfter und starrte in den Nebel, den Hügel hinauf.
    »Dismas, was machst du …«
    Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. »Geh!« Sie ging los, und er sah ihr ein paar Meter nach. Dann rannte er quer über den Bürgersteig, zwängte sich zwischen zwei am Straßenrand geparkten Autos durch, trat auf die Straße und lief den Hügel hoch.
    Okay, dachte er, der Kerl ist ziemlich groß, es könnte Baker sein. Er trug einen schweren Mantel und eine Mütze. Hardy schlich an den parkenden Autos entlang und ließ ihn nicht aus den Augen. Er war mit Sicherheit nicht einfach ein unbeteiligter Spaziergänger … Langsam ging er, die Hände in den Manteltaschen verborgen, die Straße entlang, schien sich Zeit zu lassen, sah immer wieder zu den Hauseingängen, suchte womöglich nach einer Adresse …
    Hardy war jetzt oben auf dem Hügel, vielleicht noch zehn Meter von Frannies Wohnung entfernt. Er sah kurz zurück, Frannie war um die Ecke verschwunden. Der Mann drehte sich zu Frannies Haustür um, und im Licht der Straßenlampe erhaschte Hardy einen kurzen Blick auf sein Gesicht. Lang genug, um zu erkennen, daß der Mann schwarz war.
    Hardy griff nach der Waffe und ging weiter, während der Mann vor Frannies Tür stand und darauf wartete, daß Hardy öffnete, damit er ihn erschießen konnte. Hardy stützte den Arm auf das Dach eines Wagens und richtete die Waffe auf den Rücken des Mannes.
    Der Mann klopfte an die Tür.
    Hardy legte den Finger um den Abzug. Er fragte sich, ob sie ihm das noch als Notwehr durchgehen lassen würden oder ob er besser rufen sollte, damit Baker sich mit der Waffe in der Hand umdrehen konnte. Hardy hatte in Vietnam einiges erlebt, aber seitdem hatte er nie daran gedacht, jemanden zu töten. Jedenfalls nicht, bis dieser Wahnsinn mit Baker angefangen hatte.
    Er sollte einfach abdrücken, und das ganze Problem wäre gelöst. Baker wurde wegen Mordes gesucht, hatte Ingraham getötet, gedroht, Hardy zu töten, und jetzt war er hier. Kein Gericht der Welt würde annehmen, er sei gekommen, um ›Hallo‹ zu sagen. Schieß zuerst, Diz, und überlebe.
    Er atmete tief ein und krümmte den Finger. In diesem Moment drehte Abe Glitsky sich um und spähte in die Dunkelheit, die Straße hinunter.
    »Gott im Himmel«, murmelte Hardy. Nicht schon wieder. Er sicherte die Waffe, steckte sie zurück in den Halfter und trat auf den

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