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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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LaGuardia, wie es ihm gehe. Es ging ihm gut. Er band sich die Serviette über die Krawatte und ordnete das Besteck, das vor ihm lag. Er hatte seinen Mantel nicht ausgezogen, wahrscheinlich aus dem gleichen Grund wie Abe. Es wäre rücksichtslos, an einem öffentlichen Platz seine Waffe zu zeigen.
    Als Teenager mochte er ein nettes Gesicht besessen haben, vermutete Abe, aber jetzt, mit Ende Zwanzig, waren die Wangen fleischig, und man sah, daß er bald ein Doppelkinn bekommen würde. Die Augenbrauen über seiner Boxernase waren fast zusammengewachsen, und die niedrige Stirn unter dem vollen schwarzen Haar glänzte ölig. Er war sorgfältig rasiert. Abe konnte die feinen Äderchen unter der gespannten Haut seines Gesichtes erkennen und roch das übertrieben starke Rasierwasser. Johnny griff nach dem Wasserglas und spielte damit. An der rechten Hand trug er drei schwere Ringe.
    »Ich bin mit meinem Vater hier«, sagte Abe und wies auf Nat.
    »Das ist schön«, erwiderte Johnny und sah hinüber. Er runzelte die Stirn. »Er muß gegangen sein.«
    Abe drehte sich halb um und sah, daß er nicht gegangen war. »Der alte Mann mit der Gebetsmütze ist mein Dad.«
    Er genoß es, Johnny zu beobachten, der Schwierigkeiten hatte, das zusammenzubringen.
    »Ja, das ist nett, mit dem Vater auszugehen«, sagte Johnny lahm. Der Kellner brachte ihm ein Bier und Abe den Kräutertee. Sie tranken. Abe wartete. Johnny setzte das Glas ab und fragte: »Also, was ist los?«
    »Ihr Name ist gestern gefallen. Und dann bin ich hier und esse meinen Lunch, und plötzlich sehe ich Sie und denke mir: Was für ein Zufall, vielleicht können wir gleich miteinander reden. Das würde mir zwei oder drei Tage Rennerei ersparen.«
    »Bei welcher Gelegenheit ist mein Name gefallen?«
    Abe rückte den Stuhl näher an den Tisch und dämpfte seine Stimme. »Das ist das Problem, Johnny. Ihr Name fiel, als wir über Fingerabdrücke sprachen, die am Tatort eines Mordes gefunden wurden.«
    Johnny schüttelte den Kopf. »Verdammt.«
    »Was?«
    »Rusty Ingraham, stimmt’s?« Johnny trank das Bier zur Hälfte aus, stellte es auf den Tisch, stieß leise auf und sagte: »So ein Mist, ich wußte es.«
    »Was haben Sie gewußt, Johnny?«
    »Wenn man in Wut gerät, gerät man in Schwierigkeiten.«
    »Ja, das kommt ziemlich oft vor. Sind Sie bei Rusty Ingraham in Wut geraten?«
    »He, getötet habe ich ihn nicht.«
    »Niemand hat behauptet, Sie hätten ihn getötet.«
    »Wenn Sie denken, ich hätte ihn getötet, dann irren Sie sich. Das Mädchen auch nicht.«
    »Sie können mir glauben, Johnny, wir denken nicht, daß Sie sie getötet haben. Wir haben einen anderen Verdächtigen festgenommen, er liegt im County Hospital. Wir glauben, er hat sie getötet, deshalb haben wir ihn verhaftet. Aber Ihre Fingerabdrücke haben mich neugierig gemacht. Sie wußten, daß das Mädchen da war?«
    »Sie war schon tot.«
    »Und Rusty? War der auch schon tot?«
    Johnny schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Rusty gesehen. Das Mädchen lag im Flur und hat die hintere Hälfte der Wohnung blockiert. Ich habe sie gesehen, aber, sagen wir, auf die Bestandsaufnahme verzichtet.«
    »Sie sind einfach abgehauen?«
    »He, Sergeant, was hätte ich tun sollen? Die Polizei rufen? Was hätte die Ihrer Ansicht nach gemacht, wenn sie mich mit einer Leiche gefunden hätte?«
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Das ist ein Unterschied. Sie haben Ihren Kerl ja schon auf Eis gelegt. Wenn ich die Polizei gerufen hätte, hätten Sie nicht einmal nach ihm gesucht, denn dann wäre ich der Verdächtige gewesen.«
    Glitsky gab es ungern zu, aber ganz unrecht hatte Johnny nicht. Vor allem, wenn er sich die letzten Tage und Wochen in Erinnerung rief. Er trank. »Gut. Aber die Fingerabdrücke, Johnny. Sie würden ausreichen, um Sie zu verhaften.«
    »Aber Sie haben doch einen Verdächtigen!«
    »Ich bin einfach neugierig. Ein Polizist wie ich haßt es, wenn er nicht genau weiß, wie alles zusammenpaßt.«
    »Vielleicht sollte ich mir einen Anwalt oder so was besorgen.«
    Abe legte die Hände um die Teetasse. Er saß noch immer dicht bei Johnny, flüsterte noch immer. »Johnny, Sie sind nicht verhaftet. Wir unterhalten uns, das ist alles. Kredithaie fallen nicht in mein Ressort. Wenn es nicht um Mord geht, lasse ich die Leute in Ruhe.«
    Johnny trank sein Bier aus. Als der Kellner die Minestrone brachte, bestellte er ein neues, dann brach er ein wenig Brot ab und tauchte es in die Suppe.
    »Okay«, sagte er. »Okay,

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