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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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Tag, zu Beginn der Etappe, fuhren Floyd Landis und ich
nebeneinander. Ich mochte Floyd nach wie vor, und ich glaube, ihm ging es
genauso mit mir. Eine Weile quatschten wir einfach so dahin, dann sah sich
Floyd konspirativ um.
    »Es gibt da etwas, das du wissen musst.«
    Ich steuerte näher an ihn heran. Offenbar regte sich Floyds
mennonitisches Gewissen.
    »Lance hat die UCI auf dich gehetzt«,
sagte er. »Nach dem Mont Ventoux hat er bei Hein angerufen und behauptet, euer
Team und Mayo nehmen irgendein neues Zeug. Hein sollte euch hochgehen lassen.
Lance hat von deiner Vorladung gewusst und redet die ganze Zeit solche Scheiße.
Und ich finde es nur fair, wenn du Bescheid weißt.«
    Für einen Moment nur fragte ich mich, wie Floyd überhaupt wissen
konnte, dass die UCI mich einbestellt hatte. Ich
hatte niemandem außer Haven und einigen Managern bei Phonak von der Vorladung
erzählt, aber Floyd wusste davon. Natürlich, machte ich mir klar: weil Lance es
ihm gesagt hatte.
    Ich raste nicht oft aus. Aber wenn, dann richtig: Alles läuft
plötzlich in Zeitlupe ab, und ich spüre, wie ich mich langsam über meinen
eigenen Körper erhebe, der unter mir in einer Art rotem Nebel zurückbleibt.
    Auf einmal passte alles zusammen: die Fahrt nach Aigle, die sinnlose
Besprechung mit Dr.   Zorzoli. Alles war nur wegen Lance inszeniert worden. Lance
hatte die UCI am 10.   Juni angerufen, am Tag, als
ich ihn am Mont Ventoux geschlagen hatte, am selben Tag, als sie mich vorluden,
und am selben Tag, an dem sie auch die Ermahnung nach Girona abschickten. Lance
hatte Hein angerufen, und Hein hatte mich angerufen. [2]
    Das Rennen verschwand. Jahre aufgestauter Wut brachen sich Bahn. Mir
wurde glühend heiß.
    Lance hat die UCI auf dich gehetzt.
    Er hat Hein gesagt, sie sollen dich hochgehen lassen.
    Er redet ohne Ende Scheiße.
    Ich setzte mich neben Lance. Da waren wir, nebeneinander, wenige
Zentimeter entfernt. Er sah, wie wütend ich war, und öffnete den Mund, um etwas
zu sagen. Er kam nicht dazu.
    »Halt verdammt noch mal dein Maul, Lance, du Stück Scheiße, halt
bloß dein Maul! Ich kenne dich. Ich weiß, was du getan hast. Ich weiß, dass du
mich angeschwärzt und Lügen über unser Team verbreitet hast. Kümmere dich um
deine eigene Scheiße, wir machen dich nämlich fertig.«
    Lance bekam große Augen.
    »Das stimmt nicht. Ich habe nie ein beschissenes Wort gesagt. Wer
hat das behauptet? Ich habe so was nie gesagt. Wer hat das behauptet? Wer zum
Teufel hat das gesagt?«
    »Scheißegal, wer das gesagt hat. Du weißt, dass es stimmt.«
    Um uns bildete sich ein immer größerer freier Raum. Lance geriet
fast in Panik, als er immer wieder seine Unschuld beteuerte und wissen wollte,
wer ihn verleumdet habe.
    »Ich habe verdammt noch mal nichts gesagt. Wer hat das behauptet?
Wer denn? Sag mir endlich, wer das war!«
    Ich erwiderte kein Wort.
    »Wer? Sag mir, wer. Wer?«
    »Scheiß auf dich, Lance.«
    Es war, als hätte ich die letzten sechs Jahre darauf gewartet, diese
Worte auszusprechen. Ich zog davon und fuhr zu meinen Teamkameraden. An die
Spitze.
    Ich glaube, es ist mein Schicksal, dass mich böse und gute
Überraschungen immer dicht nacheinander treffen. Im Verlauf dieser Etappe
geriet ich nämlich in einen Massensturz. Eigentlich stürzte das ganze Feld. Die
Tour-Veranstalter hatten es mit ihrer Streckenwahl auf eine Katastrophe
geradezu angelegt. Einen Kilometer vor dem Ziel verengte sich die Straße in
eine Kurve hinein und wurde dann noch schmaler. Wir rasten alle wie besessen
dahin und trafen mit 65 Stundenkilometern auf diesen Flaschenhals. Dann krachte
es, als ob eine Mine hochgegangen wäre, Menschen flogen durch die Luft,
Fahrräder knirschten, rasselten und scharrten über die Straße, Körper schlugen
auf. Auch meiner. Ich wurde mitten in den Schrotthaufen geschleudert,
überschlug mich und krachte auf den Rücken. Hart.
    Eine Sekunde lag ich da, bekam keine Luft und war überzeugt, dass
ich mir das Rückgrat gebrochen hatte. Immerhin hatten meine Gliedmaßen noch
Gefühl. Das ermutigte mich, sie langsam zu bewegen und zu zählen, ob noch alle
da waren. Wie sich herausstellte, war eigentlich nur mein Helm zersprungen, der
Rest funktionierte. Mein Rad fuhr sogar noch. Wie betäubt stieg ich wieder auf.
    Mit der Hilfe meiner Teamkameraden schaffte ich es über die
Ziellinie. Ich sah Ullrich und Lance; sie waren ebenfalls in den Sturz geraten,
schienen aber nichts abbekommen zu haben. Ich spürte Schmerzen im

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