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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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ich auf, um zur Toilette zu gehen, die gegenüber von Lance’ Sitzplatz
auf der anderen Seite der Bar lag.
    Als ich zurückkam, steuerte ich auf unseren Tisch zu und sah dabei
aus dem Augenwinkel, wie mir jemand von der Bar aus zuwinkte – Kate Chrisman,
die Frau von unserer Nachmittags-Ausfahrt. Ich beschloss, sie zu begrüßen, und
steuerte durch die Menge auf sie zu.
    Als ich an der Bar vorbeikam, spürte ich, wie etwas hart gegen
meinen Magen drückte und mich aufhielt wie ein verschlossenes Tor, ohne auch
nur einen Millimeter nachzugeben. Ich dachte im ersten Moment, einer meiner
Freunde würde sich einen Scherz erlauben – für einen Zufallskontakt war das zu
aggressiv. Also wandte ich mich lächelnd um und erwartete ein freundliches
Gesicht.
    Es war Lance.
    »Hey, Tyler«, sagte er in verächtlichem Ton. »Wie geht’s?«
    Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Mein Kopf konnte gar nicht so
schnell registrieren, was da gerade geschah. Lance bewegte seine Hand nicht,
drückte kräftig gegen meinen Bauch und genoss den Augenblick. Er sah meine
Verblüffung. Ich trat einen Schritt zurück, um etwas Abstand zu schaffen.
    »Hey, Lance«, antwortete ich dümmlich.
    »Was treibst du denn heute Abend so, Mann?« Jetzt war sein Ton eher
jovial bis geringschätzig.
    »Ich, äh, esse hier nur mit ein paar Freunden zu Abend«, brachte ich
heraus. »Wie geht’s dir?«
    Lance’ Augen glänzten, seine Wangen waren rosig, in seinem Atem lag
ein Hauch von Alkohol. Er wirkte kräftiger, hatte etwas Gewicht zugelegt, die
Falten in seinem Gesicht waren tiefer. Neben ihm saß eine blonde Frau, seine
Freundin, nahm ich an, und dann waren da noch ein paar Leute, die, ihren
zustimmenden Mienen nach zu urteilen, mit Lance befreundet zu sein schienen.
    »Hör mal, mir tut diese ganze Scheiße wirklich leid«, sagte ich.
    Lance schien das nicht gehört zu haben. Er deutete auf meine Brust.
»Wie viel hat dir 60   Minutes gezahlt?«
    »Lass gut sein, Lance. Die haben nichts …«
    »Wie viel haben sie dir bezahlt?«, wiederholte er und wurde dabei
lauter. Es war dieselbe etwas zu laute Stimme, die er im Postal-Bus gern
einsetzte, die Hört-mir-mal-alle-zu-Stimme.
    »Du weißt, dass sie mir nichts zahlen, Lance«, erwiderte ich ruhig.
    »Wie viel, Scheiße noch mal, zahlen sie dir?«
    »Lass gut sein, Lance. Wir wissen beide, dass sie mir nichts
zahlen.« Ich hatte Mühe, jetzt nicht ebenfalls laut zu werden.
    Lance’ Nasenlöcher weiteten sich. Sein Gesicht wurde immer röter.
Aus wenigen Metern Entfernung beobachtete Kate Chrisman das Geschehen mit
besorgter Miene. [1] Ich hatte das Gefühl, dass die Situation außer Kontrolle geriet, und wollte sie
entschärfen.
    »Lance, es tut mir leid«, sagte ich.
    »Was zum Teufel tut dir leid?«
    »Es muss hart sein für dich und deine Familie. All das, was da
gerade abgeht.«
    Lance bemühte sich, ungläubig dreinzuschauen. »Mann, das hat mich
keine Minute Schlaf gekostet. Ich will nur wissen, wie viel sie dir, verdammt
noch mal, bezahlt haben.«
    Ich zeigte nach links, zur Eingangstür hin.
    »Warum gehen wir nicht raus, dort können wir unter uns reden«,
schlug ich vor.
    Lance ließ ein herablassendes Pfff hören.
»Scheiß drauf. Was hätten wir denn davon.«
    Ich schaute nach rechts und entdeckte einen kleinen Raum neben der
Bar. Er war leer, und ich zeigte dorthin. »Okay, lass uns da reingehen, wenn es
etwas zu besprechen gibt«, sagte ich.
    Für mich dachte ich: Lance, du Stück Scheiße.
Wenn du das wirklich willst, dann lass uns von deinen Typen hier weggehen und
wirklich mal über die Wahrheit reden, von Mann zu Mann. Ich zeigte
abermals auf den Raum.
    Lance senkte die Stimme und deutete dabei auf mich.
    »Wenn du im Zeugenstand bist, werden wir dich verdammt noch mal
auseinandernehmen«, sagte er, »und du wirst dabei wie ein verdammter Idiot
aussehen.«
    Ich sagte nichts. Lance war jetzt kaum mehr zu bremsen. »Ich werde
dir das Leben zu einer … verdammten … Hölle machen.«
    Ich stand da wie versteinert. Ein mir bekannter Rechtsanwalt sagte
später, es wäre klug gewesen, diesen Augenblick festzuhalten – etwa indem ich
mit lauter Stimme sagte: »Haben das alle gehört? Lance Armstrong hat mir gerade
gedroht.« Aber an so etwas dachte ich gar nicht, weil ein Teil von mir es
überhaupt nicht glauben konnte, dass er so dumm war, mir in aller
Öffentlichkeit zu drohen, während ein anderer Teil ihn zugleich herausforderte,
weiterzumachen, weiterzureden – Arschloch, mach

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