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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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schrecklich langsamen Unabwendbarkeit, die auch beim Fällen eines Baumriesen zu beobachten ist. Die Männer sprangen oder fielen herab, als Malgus ihnen aus den Händen rutschte. Im Fallen drehte er sich und schlug mit einem grässlichen Geräusch auf den Steinboden.
    Hethor rannte zur Säulenbasis, während um ihn her die Männer des vergessenen Volkes schreiend auf den Platz stürzten. Einige schienen schwer verletzt zu sein, aber Hethors einziger Gedanke galt Simeon Malgus.
    Malgus war direkt am Sockel der Gefängnissäule aufgeschlagen und auf der linken Seite mit dem Gesicht zum Platz liegen geblieben. Da sein linker Arm nach hinten verdreht und nicht zu sehen war, musste er einen Bruch erlitten haben. Seine Beine lagen unnatürlich ruhig; sie zitterten nicht einmal wie der Rest des Körpers. Blut lief ihm aus der Nase und sammelte sich unter dem Mund. Sein rundliches Gesicht wirkte seltsam eingefallen, und die braunen Augen blickten trüb.
    »Mein Lehrling erscheint«, sagte Malgus mit schwacher Stimme, zuckte plötzlich zusammen und rang nach Luft. »Ein ... schlechter Zeitpunkt ... Hethor.«
    »Navigator Malgus.« Hethor griff nach der rechten Hand des Sterbenden. Sie zuckte. Selbst unter der Haut konnte Hethor eine Bewegung verspüren, die dem Geräusch der Zahnräder innerhalb von Zahnrädern entsprach, das er schon so lange hörte. Malgus erschien ihm in diesem Augenblick nicht mehr und nicht weniger als eine Ansammlung kleiner Maschinen, die wiederum aus kleineren Maschinen bestanden. Es war eine beunruhigende, doch umso überwältigendere Erfahrung.
    »Du bist ein Narr«, sagte Malgus, als seine Augenlider sich wieder flatternd schlossen.
    »Ich wollte Sie retten und habe Sie dabei umgebracht.« Hethor drehte Malgus’ Hand in seiner herum. Ihm blutete das Herz. »Ich bin ein Narr.«
    Malgus’ Atem hörte sich an, als ob ein Blasebalg in seiner Brust arbeitete. Er ignorierte Hethor. Die Männer des vergessenen Volkes liefen wehklagend um ihre Verwundeten herum. Da Hethor Englisch mit Malgus sprach, erschien ihm die Sprache seiner Helfer wieder nur als Ansammlung unverständlicher Klicks und Pfiffe.
    »Nichts ist ...«, setzte Malgus an, hielt dann aber inne. Er öffnete die Augen. »Glaube nicht.«
    »An was soll ich nicht glauben?«
    »Du hältst das ... Uhrwerk des Universums ... für den ... Beweis von Gottes Plan.« Malgus keuchte erneut, als er die Schmerzen zu bekämpfen und Kraft für weitere Worte zu sammeln versuchte. »Es zeigt aber nur das ... mechanistische Universum. Gefühllos ... eine Illusion. Selbst die Uhrmacher haben sich ... von der Welt abgewandt ...«
    »Sie und ich haben das Zahnrad auf der Äquatorialmauer überwunden«, sagte Hethor und drückte Malgus’ Hand ganz fest. »Das war keine Illusion.«
    »Gottes Liebe ... Gottes Plan.« Malgus versuchte sich hinzusetzen. »Dein Glaube bedeutet deinen Untergang. Vertraue William of Ghent. Dem weißen Vogel. Es wird unseren ... zurückrufen ...« Malgus hustete und erbrach Blut.
    William of Ghent? Für diesen Mann war es zu spät. Was immer auch geschehen sollte, Hethor hatte dem Hexenmeister einen Schlag versetzt. Er bezweifelte allerdings, dass der Sturz in das Messing einen so mächtigen Mann hatte umbringen können. Leider. »Was ist mit William?«
    Malgus rang verzweifelt nach Luft. Dann bewegte sein Körper sich nicht mehr. Eine kleine Messingfeder schoss aus seinem Mund hervor und fiel mit hellem Klang auf die Steine, bevor sie rollend im Blut des Navigators liegen blieb.
    Arellya kauerte sich neben Hethor. »Dein Führer ist tot.« Ihre pfeifenden Klicks verwandelten sich in Sprache, während sie redete.
    »Ja.« Hethor hielt Malgus’ Hand, die bereits kalt wurde, immer noch fest. Er hatte Angst, über die Bedeutung der Feder nachzudenken.
    Ein mechanistisches Universum war die bis zum Ende durchdachte Schlussfolgerung des Rationalhumanismus, die sogar den abwesenden Gott ausschloss, oder indirekt Seinen möglichen Ersatz durch die Uhrmacher. Es war die himmelschreiendste Ketzerei zu glauben, dass die Zahnräder, die die Welt antrieben, nicht von Gott stammten.
    So war es doch, oder?
    Arellya zupfte Hethor am Arm. »Wir sollten gehen.«
    Hethor schaute zu ihr auf. Tränen waren ihm in die Augen gestiegen und ließen die Welt verschwommen erscheinen. Am Rand des Platzes hatten die groß gewachsenen, stolzen Hexenmeister und Hexen der Riesenstadt in ihren Bewegungen innegehalten. Die Stadtbewohner, für die Hethor bisher Luft

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