Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
bemüht, die Wege meiner Macht kennenzulernen und zu beherrschen, und Ihr wollt mich dazu bringen, irgendein junges Ding innerhalb eines Nachmittags zu unterrichten?«
»Ja«, lautete seine schlichte Antwort, und er hob sofort eine Hand, um ihrem Widerspruch zuvorzukommen. »Bedenkt dies. Wenn Ihr es nicht tut, wird sie keinen Rat erhalten. Ich habe ihr gesagt, was ich kann, aber ich bin selbst noch ein halbes Kind, und meine Macht erhielt ich nicht durch Fleiß und langes Lernen, sondern aufgrund der Beeinflussung durch das Göttliche, das Ihr so beharrlich verleugnet. Gott hat mich zu seinem Werkzeug werden lassen, aber die Mechanismen dieses Wunders sind mir, vermutlich für immer, verborgen geblieben. Ihr habt Euch zu einem Werkzeug gemacht und versteht daher den Weg zur Macht auf eine Art und Weise, wie es mir niemals möglich sein wird. Eine Stunde oder ein Tag mit Euch wird ihr mehr helfen als eine ganze Jahreszeit mit mir.«
»Ihr seid der Macht auf dem Weg des Glaubens gefolgt«, sagte Gashansunu und folgte damit ihrem Gedankengang. »Ihr wollt sie den Weg der Vernunft beschreiten sehen.«
»So einfach ist es nicht, aber es wird ausreichen. Ich war nie ein gläubiger Mensch, habe ihn aber auch nie verleugnet. Wie Paulus bei seinem Damaskuserlebnis. Gott erschien mir in Seiner Not; ich habe nicht nach Ihm gesucht. Paolina hätte eine Rationalhumanistin sein können, hätte sie auf eine vernünftige Schule gehen können. Die Vernunft ist ihr Weg, aber ihr Glaube lässt sie verglühen wie einen Laternendocht. Ihr könnt es in ihrem Leugnen erkennen, an ihrer Rebellion. Sie wäre Gott selbst ein Gegner, wenn sie nur einen Stock finden könnte, der groß genug wäre, um Ihn zu treffen. Ich glaube aber, dass sie das nicht weiß.«
Gashansunu betrachtete Hethor eingehend und versuchte, an den Furcht erregenden Wirbeln der Macht vorbeizusehen, die ihn umgaben. Die Welt drehte sich innerhalb dieses Jungen, das konnte sie in aller Deutlichkeit erkennen.
Ihr wa sprach zu ihr:
Er ist derjenige, der unsere Stadt durchschritten hat. Er ist in die dunkelsten aller Tiefen hinabgestiegen und hat einen Fehler korrigiert.
»Vier der sieben Großen Reliquien werden in unserer Stadt aufbewahrt«, sagte sie zu ihm. »Eine ist mit Gewissheit verloren. Die beiden letzten sind an einem anderen Ort, den die Augen meines Volks weder finden noch erblicken können. In den Jahrhunderten, nachdem sie über die Mauer gekommen waren, erschienen von Zeit zu Zeit Schimmer, aber nichts, was auch nur annähernd mit solcher Macht erfüllt gewesen wäre. Was das Mädchen Paolina in seinen Händen trägt, lodert in der Schweigenden Welt auf, wie nichts und niemand zuvor.«
Ganz im Gegensatz zu dir, junger Prophet , dachte sie, der sich in Schatten hüllt und vor fremden Augen verbirgt . Gashansunu wurde in diesem Moment klar, dass sich dies am Ende als das vermutlich wichtigere Ereignis erweisen könnte, nicht die Entdeckung des Mädchens und seines Schimmers.
»Dies macht es umso wichtiger, dass Ihr ihr helfen solltet, ihren Schimmer sicher aufzubewahren.« Hethor beugte sich vor, und die Frau des vergessenen Volks an seiner Seite ergriff seinen Arm. »Diese Großen Reliquien der Vergangenheit? Sie waren dazu gedacht, eine Einigung herbeizuführen, jede Einzelne von ihnen – von Gott berührt oder Eurer Schweigenden Welt oder wie immer Ihr sie auch nennen wollt. Das war ihre Aufgabe, und ihre Macht ist wie meine niemals zu wiederholen. Es wird niemals mehr als einen Gral, niemals mehr als eine Lanze geben. Diese Taschenuhr … Sie ist anders. Sie kann gebaut werden. Erschaffen und verändert, bis eine Armee aus Menschen mit ihnen in die Schlacht zieht, von denen jeder Einzelne ein mächtigerer Hexenmeister als jeder Eurer Kreismagier oder Hauspriester ist.« Hethor schüttelte den Kopf. »Ihr sagt, es braucht Jahrzehnte, um einen Hexenmeister mit voller Macht auszustatten? Sie braucht dazu nur eine Werkstatt, ein paar ordentliche Werkzeuge und ein wenig Zeit.«
Wie hatte sie das übersehen können!? Das Elend der Welt war ihr mit einem Mal viel klarer. Es handelte sich nicht einfach nur um einen Schimmer, irgendeine beliebige Macht, die auf das Land losgelassen worden war. Gashansunu verstand, dass dieses Mädchen einen vollkommen neuen Weg zur Macht mit sich brachte, einen, der das Gleichgewicht der Schöpfung zerstören würde.
»Warum habt Ihr sie noch nicht töten lassen?«, fragte sie, ohne nachzudenken.
»Warum sollte ich sie
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